Liebe Leserinnen und Leser,
nachfolgend gebe ich Ihnen die Stellungnahme der Gemeinde vom 20.10.2023 zur Kenntnis. Wir waren im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung des Landrates als Untere Wasserbehörde gebeten worden, Stellung zu nehmen.
Der Landrat hat zwischenzeitlich dennoch mit Schreiben vom 13.11.2023 den von der Gemeinde eingebrachten Antrag abgelehnt. Dies hat zur Folge, dass ab 1. Januar 2024 keine Boote mit Verbrennungsmotoren auf den genannten Seen fahren dürfen. Aus Sicht der Gemeinde ist dies zu bedauern. Zum einen, weil von den Motorbooten tatsächlich keine Störung ausgeht; zum anderen aber, weil eine große Chance vertan wurde, durch reines „Schubladendenken“ die wirklichen und ernsthaften Belastungen auf unseren Seen zu begreifen, zu bewerten und zu regulieren. Aber lesen Sie bitte selbst.
Constance von Buchwaldt
Bürgermeisterin
„Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern (VwVfG M-V) bezüglich des Antrages der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft zur Änderung der „Allgemeinverfügung für das Befahren der Feldberger Seen mit motorgetriebenen Wasserfahrzeugen" vom 01.04.2014
Sehr geehrte Frau Puls, sehr geehrte Damen und Herren,
gerne äußern wir uns zu Ihrer Anhörung vom 05.10.2023, die uns postalisch am 11.10 2023 zugegangen ist.
I. Die Begründung der beabsichtigten Entscheidung weist gravierende Mängel auf.
Soweit Sie in die Vergangenheit, speziell in das Jahr 2014, schauen, klingen Ihre Ausführungen sehr nach „Märchenstunde“:
„Bei der Erstellung der Allgemeinverfügung im Jahr 2014 erfolgte eine gründliche Abwägung der Vereinbarkeit der Eröffnung des Befahrens für motorgetriebene Fahrzeuge mit den, insbesondere durch die LSG-VO „Landschaftsschutzgebiet Feldberger Seenlandschaft" vorgegebenen, naturschutzrechtlichen Belangen. Dabei wurde im Einvernehmen aller Beteiligten festgelegt, dass dem Befahren mit elektromotorgetriebenen Wasserfahrzeugen im Rahmen des bereits im Jahr 2014 praktizierten Umfangs zugestimmt werden kann. Alle Beteiligten waren sich einig, dass ein Befahren mit verbrennungsmotorgetriebenen Wasserfahrzeugen nicht gestattet wird.“
a) Der historische Kontext war ein völlig anderer: Ausgehend von einer privaten Initiative und der Naturparkverwaltung wurden Versuche unternommen, die jahrelange Praxis der Erteilung von Befahrensgenehmigungen für die Feldberger Seen durch das Umweltamt des LK zu unterbinden und die Seen komplett motorbootfrei zu bekommen. Dieses Ansinnen wurde im Umweltamt dankbar aufgenommen. Schon 2013 gab es keine Sachargumente, die bewährte Praxis zu beenden – es waren lediglich ideologische Gegebenheiten – Motorbootverkehr auf den Seen war schon damals kein tatsächlicher Störfaktor. Insofern ging es nicht darum, wie Sie schreiben, „Motorbootverkehr zu eröffnen“, sondern die gelebte Praxis fortzusetzen, zu regulieren – oder aber zu beenden. Befahrensregelungen nach „neuem Recht“ gab es schon seit den frühen 90er Jahren, auch zu DDR-Zeiten gab es bereits sehr früh Regelungen für Motorboote.
b) Soweit Sie darstellen, dass im Einvernehmen aller Beteiligten festgelegt wurde, dass dem Befahren mit elektromotorgetriebenen Wasserfahrzeugen im Rahmen des bereits im Jahr 2014 praktizierten Umfangs zugestimmt werden kann, ist diese Aussage falsch. Zum einen kann definitiv nicht vom „Einvernehmen aller Beteiligten“ ausgegangen werden, zum anderen war den Beteiligten, wie wir sie verstehen, bewusst, dass eben dies grade nicht gewollt war, da seitens der Beteiligten Umweltamt und Naturpark dann der Gedanke getragen wurde, Besitzer von Verbrennungsmotorbooten zum Umstieg auf E-Mobilität zu bewegen.
c) Den Satz: „Alle Beteiligten waren sich einig, dass ein Befahren mit verbrennungsmotorgetriebenen Wasserfahrzeugen nicht gestattet wird.“ kann nur jemand aufschreiben, der die schweren Konflikte zwischen Motorbootgegnern und –befürwortern 2012/13/14 nicht miterlebt hat. Wir wollen hier nicht ins Detail gehen, weisen aber darauf hin, dass auch dieser Teil Ihrer Begründung schlichtweg falsch ist, soweit mit „alle Beteiligte“ neben Umweltamt und Naturpark auch andere am Verfahren Beteiligte gemeint sein sollen. Wir verstehen Ihre Strategie, die damaligen Ergebnisse als einvernehmlich darzustellen, die nun einfach umgesetzt werden. Sie waren es aber mitnichten. Mit der Maximalforderung des Verbotes des Motorbootverkehrs auf den Feldberger Seen und damit mit der Pistole auf der Brust konfrontiert, war es zwingend erforderlich, diese Situation irgendwie zu befrieden und einen Kompromiss zu finden, der die Lage beruhigt – dieser Kompromiss war nicht einvernehmlich oder gütlich im trauten Miteinander entstanden. Dies zeigt sich auch darin, dass die letztlich durch den Landrat verabschiedete Fassung der Allgemeinverfügung nicht der bis dahin ausverhandelten Fassung entsprach, sondern in mindestens einem wesentlichen Punkt stillschweigend verändert wurde.
II. Antwort der Gemeinde vom 19.05.2023 auf Fragenkatalog
Mit Schreiben vom 4. Mai 2023 forderten Sie die Bürgermeisterin der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft auf, einen Fragenkatalog zu beantworten. Die Beantwortung erfolgte nach gründlicher und aufwändiger Recherche am 19. Mai 2023 und wurde in einem Gespräch am 23. Mai 2023 nochmals detailliert erläutert. Umso unverständlicher ist, dass diese umfänglichen Erläuterungen und Klarstellungen mit keinem Wort Erwähnung finden, sondern weiterhin von falschen und widerlegten Prämissen bei der Beurteilung der Sachlage ausgegangen wird.
a) Die Zahl der in der Begründung zur Allgemeinverfügung aus 2014 dargestellten aktuellen Zulassungszahlen von Motorbooten (170) ist bewusst und tendenziös falsch wiedergegeben. Zwischen dem 26.03.1998 und dem 14.01.2014 wurden durch das Umweltamt des Landkreises nachweislich über 400 Befahrensgenehmigungen für die Feldberger Seen erteilt.
b) Um den Druck zu erhöhen, stellte das Umweltamt 2012 die Erteilung von Befahrensgenehmigungen willkürlich komplett ein. Den Antragstellern wurde eine Neuregelung zugesagt. Möglicherweise wurden Bootsbesitzer, die in dieser Zeit der rechtlichen Unklarheit und in Erwartung einer klarstellenden Neuregelung (die dann noch bis 2014 andauerte!) ihren aktuellen Genehmigungsbescheid nicht haben verlängern lassen, nun ins offene Messer laufen gelassen und flugs aus der Statistik entfernt. Ist das der gewollte Umgang mit unseren Bürgern, wider besseren Wissens ideologisch geprägte Tricks zur zweifelhaften Beschönigung von Statistiken anzuwenden?
c) Der Gemeinde wird immer wieder vorgeworfen, dass sie die Zahl der Registrierungen von Motorbooten mit Elektromotor inflationär hat ansteigen lassen. Somit sei nun ein unvertretbarer Nutzungsdruck durch Motorboote auf den Feldberger Seen entstanden, der eigentlich zum Verbot jedweden Motorbootverkehrs führen müsste. Auch hierzu haben wir uns im Schreiben vom 19. Mai 2023 sachlich und nachvollziehbar geäußert: Es sind kaum neue E-Motorboote hinzugekommen, sondern es wurden nach entsprechenden Kontrollen endlich die bisher auf den Gewässern vorhandenen Boote auch einer Registrierung unterzogen. Die Tabellen dazu liegen Ihnen vor. Tatsächlich gab und gibt es auch heute keinen Nutzungsdruck durch Motorboote mit Elektro- und Verbrennungsmotor auf den oberen und unteren Feldberger See, der ein Störungspotenzial entfalten würde!
III. Gespräch vom 4. Juli 2023 mit Vertretern des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, des LUNG M-V, des Landkreises MSE und der Gemeinde FSL
Es ist verwunderlich, dass in Ihrer Begründung zur geplanten Entscheidung zum Antrag der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft keinerlei Bezug auf das o.g. Abstimmungsgespräch genommen wird. Sicher, das wäre ein Paradigmenwechsel, weil zum ersten Mal ein konstruktiver Ansatz und auf die wirklichen Problemlagen in unseren Seen fokussierter Blick den destruktiven Grundsatz verdrängen würde. Der Entwurf des Vermerkes zu diesem Gespräch ist seinerzeit mit der Bitte um Korrektur allen Beteiligten zugegangen – da es keine Rückmeldung gab, wurden Gesprächsverlauf und –ergebnisse darin wohl richtig wiedergegeben.
a) In Ihrer Begründung der beabsichtigten Ablehnung des Antrages der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft verharren Sie auf dem Stand der Abstimmungen vom 23. Mai 2023. Auch auf ausdrückliches Drängen des Landkreises beriefen wir den Termin am 4. Juli 2023 ein.
b) In diesem Termin wurde einvernehmlich festgehalten, dass: „… das Motorbootfahren – egal ob mit Verbrennungs- oder Elektroantrieb - keine qualitative und keine quantitative Problemlage in der Feldberger Seenlandschaft darstellt; es gibt keinen nennenswerten Nutzungsdruck oder gar eine Beschwerdelage.“ Die derzeitige Diskussion sei nicht fachlich, sondern rein ideologisch geprägt.
c) Es wurde ferner einvernehmlich besprochen, dass: „… sich eine intensive Nutzung durch verschiedenste Störer (jedoch in der Praxis kaum durch Motorbootverkehr) vor allem auf den Gewässern Schmaler Luzin und Dreetzsee findet, während auf den anderen oberen und unteren Feldberger Seen kaum Nutzungsprobleme oder –konflikte bestehen.“
d) Es wurde herausgearbeitet, dass die tatsächlich die ökologische Funktion der Gewässer gefährdenden Übernutzungen durch übermäßigen Verkehr muskelgetriebener Wasserfahrzeuge (z.B. Kanu, Kajaks, Schlauchboote), durch SUP und SUP mit Elektroantrieb, durch gewerbliche Bootstouren mit Biwakieren, durch unkontrolliertes Tauchen mit all seinen Begleiterscheinungen sowie durch kommerzielle Tierfotografie mit Anfüttern einer Überprüfung bedürfen. Hier war jedoch bezeichnend, dass sowohl die Staatssekretärin aus dem Ministerium als auch die Leiterin des LUNG den Landkreis auf seine diesbezügliche Verantwortung als Untere Naturschutzbehörde hinweisen mussten.
e) Zur weiteren Vorgehensweise wurde zwischen allen Gesprächspartnern Folgendes vereinbart: „Zur Ermittlung der Datenlage und zur Bewertung des Antrags der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft benötigt der Landkreis zeitlichen Vorlauf, d.h. es wird eine Verlängerung der aktuellen Allgemeinverfügung mit der Begründung, dass die diversen Nutzungen auf den See einer erneuten Gesamtbetrachtung unterzogen werden müssen, in Betracht gezogen.
Die geeignete Herangehensweise ist die Überprüfung aller derzeitigen Nutzungsarten auf den Feldberger Seen. Diese Überprüfung ist ergebnisoffen und könnte zur Folge haben, dass auch heimisches Gewerbe (SUP-Verleih, Tauchen etc.) eingeschränkt werden könnte.
Eine FFH-Vorprüfung kann auch für die NSG-Novellierung „Schmaler Luzin“ datenseitig sehr wertvoll sein. Es müsste ebenfalls geprüft werden, welche Daten bereits im Zuge der Management-Planung für die in Frage stehenden FFH-Gebiete erhoben wurden.“
Hier wurden sowohl der Landkreis als Untere Naturschutzbehörde und als Untere Wasserbehörde wie auch das Land und die Gemeinde Feldberger Seenlandschaft in die Pflicht genommen, sich gemeinsam dem Schutz der sensiblen Gewässer anzunehmen und dabei selbstverständlich auch die Beeinflussung der Gewässer durch Motorbootverkehr zu untersuchen. So erscheint es sehr kurz gesprungen, wenn Sie nun schreiben, dass „diese Daten nicht vorliegen und daher der Änderungsantrag abzulehnen ist.“ Diese Daten zu ermitteln ist vor allem Aufgabe der kreislichen Behörden, denn – nochmal - es geht nur nachrangig um den Motorbootverkehr auf dem Haussee und dem Breiten Luzin!
f) So wurde in dem Gespräch weiter herausgearbeitet, dass das LUNG den LK MSE in der Verantwortung für Umweltverträglichkeits- bzw. FFH-Vorprüfung sieht. Unsererseits wurde erklärt, dass sich die Gemeinde FSL vorbehaltlich der Beteiligung der Kommunalpolitik eine Kostenbeteiligung bis zu 20 % vorstellen könnte, soweit es um die Problematik der Motorboote und anderer Nutzungsarten geht (Gremienvorbehalt). Auch das Land M-V sollte sich beteiligen (Vorarbeit Rechtsetzung NSG-VO).
g) Ergebnis der gemeinsamen Beratung war schließlich, dass die derzeitige Allgemeinverfügung um ein bis zwei Jahre verlängert wird. In diesem Zeitraum sollten alle auf die Gewässer wirkenden Faktoren bewertet und quantifiziert werden, um wirklich fachliche und nicht ideologische und damit für alle Beteiligten rechtssichere Aussagen zu erhalten: „Es bestand Konsens, dass das Denken in Schubladen (z.B. nur Motorbootbetrachtung oder Separierung des Tauchens) im Interesse der Erhaltung der Gewässer nicht zielführend ist und dass dies auch im Interesse der Naturschutzverbände sein müsste.“ In die Abwägung sollten dann alle wasserrechtlichen und naturschutzfachlichen Belange einbezogen werden – damit wäre unseren Gewässern wirklich geholfen.
IV. Fazit
Die beabsichtigte Entscheidung ist für den Landkreis sicherlich die einfachste. Sie folgt den üblichen Reflexen und beugt sich den Aussagen der Antwort auf eine kleine Anfrage an die Landesregierung, die durch das Umweltministerium anders als sonst üblich unabgestimmt mit der zuständigen Behörde in dieser Angelegenheit, dem Landrat als Untere Wasserbehörde, beantwortet wurde. Die beabsichtigte Entscheidung vertut eine große Chance, durch reines isoliertes Schubladendenken und –handeln alle Beteiligten an einem Tisch zu behalten und die wirklich drängenden naturschutzfachlichen, wasserrechtlichen und ordnungsrechtlichen Fragen um unsere Seen und Seenverbindungen zukunftsfähig anzugehen.
Ich möchte ergänzend aber auch gerne die Gelegenheit nutzen, um aufzuzeigen, wie Landtagsabgeordnete die Arbeit der Gemeinde wie auch der Bürgermeisterin bewerten. Frau Jutta Wegner MdL (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) postete auf Facebook folgenden Artikel:
Darauf habe ich wie folgt geantwortet:
„Sehr geehrte Frau Wegner,
sehr geehrte Landtagsabgeordnete,
Sie äußern sich in sozialen Medien zur Entscheidung zum Motorbootverkehr in der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft.
Ich bin eine Verfechterin der freien Meinungsäußerung, dafür habe ich 1989 auf der Straße gestanden.
Was mich allerdings bedrückt ist, dass auch mit einer permanenten Wiederholung von falschen Tatsachen, die Lage nicht richtiger wird.
Wenn es Sie bedrückt, dass die Bürgermeisterin die Beschlüsse der Gemeindevertretung umsetzt, bin ich irritiert. Das ist ein rechtsstaatlicher und demokratischer Grundprozess.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie einfach einmal zum Telefonhörer gegriffen hätten, um sich bei mir oder der Gemeindevertretung ein Bild von der Situation vor Ort zu machen. Sie wenden sich aber an eine Behörde bzw. ein Ministerium, das nicht einmal zuständig ist. Zahlen, Daten, Fakten wurden nicht verifiziert.
Eine ausnahmsweise und klar befristete Regelung, wie Sie schreiben, ist nicht in einem demokratischen Prozess entstanden, sondern durch eine Erpressung der kommunalen Ebene im Jahr 2014 durch eine Mitarbeiterin des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte und den damaligen Naturparkleiter des Naturparks Feldberger Seenlandschaft.
Der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft mangelnde Transparenz vorzuwerfen, ist von einer Landtagsabgeordneten schon ein starkes Stück.
Wir benötigen keine aufmerksamen Bürger*innen, die meinen vorzutäuschen, bei uns ginge es nicht mit rechten Dingen zu.
Zu Ihrer umfassenden und transparenten Information übersende ich Ihnen meinen Vermerk vom Behördengespräch am 4.07.2023. Ergänzend dazu leite ich Ihnen auch in einer 2. Mail unsere Stellungnahme im Anhörungsverfahren weiter.
Wir haben mit der lapidaren und undifferenzierten Ablehnung des Landkreises dem Gewässerschutz in der Feldberger Seenlandschaft einen Bärendienst erwiesen. Aber das mit der FFH-Vorprüfung haben Sie ja nicht wissen können.
Die Ideologie lässt grüßen.
Anlagen:
- Vermerk der Bürgermeisterin zum Behördengespräch am 4.07.2023
- Stellungnahme der Gemeinde im Rahmen der Anhörung
Mit freundlichem Gruß
Constance von Buchwaldt
Bürgermeisterin“