verschiedenste Anlässe in den vergangenen Wochen und Monaten haben mich veranlasst, diesem Thema einen Artikel „Zur Sache“ zu widmen.
Nicht selten wird die öffentliche Verwaltung stark kritisiert, gerade auch in unserer Gemeinde.
„Rat der Ahnungslosen“ oder „Faultierfarm“ werden wir - die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses – gerne schon einmal genannt.
Verwaltung erscheint vielen als ein veraltetes Modell: Keine atmende Struktur, undurchsichtiges Organisationsmodell, irgendwie passe man sich nicht den schnelllebigen, modernen Gegebenheiten an und viele Dinge, die da passieren, gelten als längst überholt, da der Staat recht lahm agiere (im Rathaus gibt es sogar noch ein Faxgerät).
Die Verbindungen wie auch die Unterschiede zwischen Verwaltungshandeln und Kommunalpolitik sind nicht oder wenig bekannt, Kommunalverfassung? Gewaltenteilung? Irgendwie alles zu kompliziert, die stecken ja eh alle unter einer Decke. Da kann man doch verbal und schriftlich und oft auch noch anonym – auch ohne entsprechende Sachkenntnis - gerne einmal draufhauen.
Ein wirklicher Tiefschlag ist aber, dass von verschiedenen Strömungen versucht wird, die Arbeit der Verwaltung zu politisieren. Hierbei spielt nicht zuletzt der Einfluss der derzeitigen Bundes- und Landespolitik eine große Rolle.
Ich möchte ich Ihnen gerne einmal spiegeln, was sich derzeit bei uns abspielt, wie sich diese Entwicklung auf unser gesellschaftliches Miteinander auswirkt.
Wer heute für eine Kommunalverwaltung als Tarifbeschäftigte/r, Beamte/r oder Wahlbeamte/r tätig ist, hat sich nicht für eine Beschäftigung im Schlafwagen entschieden.
Die Anforderungen und Belastungen sind vielfältig, die zeitliche Beanspruchung enorm. Für die meisten Menschen ist nicht klar, in welch qualitativer Tiefe Gutachten, Stellungnahmen und Anträge zu weiterreichenden Entscheidungen durch unser Haus vorzubereiten und zu verantworten sind. Außerdem hat im zusätzlichen operativen Geschäft alles zu laufen. Das Pass- und Einwohnermeldewesen muss funktionieren, das Friedhofswesen ebenso, die Digitalisierung der Schule vorangetrieben werden, Kaufverträge müssen solide aufgesetzt werden, Steuerbescheide juristisch einwandfrei erlassen und Bauanträge zeitnah bearbeitet und diverse bürokratielastige Stellungnahmen fristgerecht eingereicht werden. Viele Mitarbeiter begleiten zusätzlich noch den Sitzungsdienst der kommunalen Gremien oder vertreten die Gemeinde und damit unsere gemeinsamen Interessen in überörtlichen Gremien. (Wasser- und Bodenverbände, Wasserzweckverband, Städte- und Gemeindetag MV, E-Gouvernement-Zweckverband, um nur einige zu benennen)
Und wir sind ein offenes und transparentes Haus für unsere Einwohnerinnen, Einwohner und Gewerbetreibenden. Es gibt nicht viele Gemeinden, in denen Beschlussvorlagen für die kommunalen Gremien vorab jedermann öffentlich zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden. In der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft seit Jahren gelebte Praxis.
Zurück zur Überschrift, ich möchte Ihnen meine Erfahrungen anhand einiger Bespiele für diese von mir angesprochene Entwicklung aufzeigen:
| 1.) | Einige Menschen unserer Gemeinde haben sich in den Kopf gesetzt, dass es die Bundesrepublik gar nicht gibt, damit gelten auch die Gesetze nicht für sie. Diese Menschen schicken uns gerne ihre persönlichen Dokumente wie Personalausweis und Krankenkassenkarte in kleine Stücken zerschnitten zurück. Alleine die rechtssichere Zustellung von Post ist ein aufwändiger Verwaltungsakt. (Den kostenlosen Kitaplatz und weitere Wohltaten des Rechtsstaats, den es eigentlich gar nicht gäbe, nahm man dagegen sehr gerne in Anspruch.) |
| 2.) | Wir alle nehmen ein Vermüllen des öffentlichen Raums mit extremistischen Parolen, Zeichen, Aufklebern und Banderolen wahr. Menschen mit extremistischen Auffassungen verschandeln unser Ortsbild und versuchen, uns und die Öffentlichkeit immer wieder unter Druck zu setzen. Mit viel Aufwand und Kosten müssen Stadtmobiliar, Verkehrszeichen, Straßenlaternen und Spielplätze sowie Inventar von extremistischem Gedankengut gereinigt werden. Wenn wir bei den Aufräumungs- und Reinigungsarbeiten nicht schnell genug sind, wird uns inzwischen unterstellt, dass wir Extremismus unterstützen. |
| 3.) | Politische Mehrheitsbeschlüsse der Gemeindevertretung der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft oder aktives Verwaltungshandeln werden in ihrer Rechtswirksamkeit offen angezweifelt. Um das zu beweisen, werden Mitarbeiter in der Ausübung ihres Amtes diskreditiert. Rechtsaufsichtliche und fachaufsichtliche Instrumente sowie der Datenschutzbeauftragte des Landes M-V werden genutzt, um eigene oder Partikularinteressen, von Einzelnen/Wenigen vertretene Interessen, durchzusetzen. Auch die Nutzung von zivilgesellschaftlichen Plattformen, die wiederum bei tieferer Befassung durch den Rechtsstaat, also mit Steuermitteln, finanziert werden, sollen rechtsstaatliches Handeln überprüfen. All das ist legitim! Aber es bindet sehr viel Kraft und vorallem Zeit qualifizierter Verwaltungsmitarbeiter, die gerne auch für Aufgaben der Allgemeinheit hätten eingesetzt werden können. |
| 4.) | Es gibt Einzelpersonen, es gibt Interessengruppen, die vorgeben, einen Alleinvertretungsanspruch auf die Meinungshoheit zu haben, der sich aber durch nichts legitimieren lässt. Teilweise werden private Eigeninteressen formuliert. Und wenn denen aus sachlichen Gründen nicht gefolgt werden kann, wird sogleich der Rechtsstaat in Gänze in Frage gestellt. Sachverhalte, die überhaupt noch gar nicht spruchreif sind, werden bereits im Vorfeld zerredet. Wer möchte als Unternehmen - unter diesen Rahmenbedingungen - noch in unserer Gemeinde investieren? |
| 5.) | Der Bürgermeisterin und ihren Stellvertretern wird abgesprochen, auf den Grundfesten der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu stehen. Dies passiert in Gesprächen auf der Straße genauso, wie in den anonymen sozialen Medien. |
Alles das beschäftigt derzeit unsere, nein: IHRE Kommunalverwaltung.
Reichsbürger, Selbstverwalter, Total-Verweigerer von GEZ und Steuern sowie toleranzbefreite Gutmenschen konkurrieren derzeit um Aufmerksamkeit und die Deutungshoheit, wie Ihre Interessen durchgesetzt werden können. Umgangsformen in einem Diskurs werden brachialer, Anfeindungen und Denunziationen brechen sich Bahn.
Quo vadis, Demokratie? Welche Wege eines demokratischen Diskurses werden wir einschlagen? Wie entwickelt sich wieder ein gesellschaftliches Miteinander? Können wir die derzeit von verschiedenen Seiten der Gesellschaft vorangetriebene Spaltung noch aufhalten? Können wir wieder zurück finden zu unserem „Feldberger Konsens“ oder ist auch dieser „Feldberger Konsens“ inzwischen aus der Zeit gefallen? Dieser Konsens garantierte uns in den letzten Jahrzehnten, trotz aller verschiedener Meinungen von links bis Mitte rechts am Ende ein breit getragenes Ergebnis im Sinne unserer Einwohner und Gewerbetreibenden und zum Wohle unserer Gemeinde. Dieses Miteinander der Einwohnerinnen und Einwohner gründete auf Anstand, Respekt und Toleranz.
Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus, geben Ihnen gerne Auskunft auf Ihre Anfragen und Anliegen. Gerne auch, wenn Sie uns mit Achtung und Respekt begegnen. Bevor polemisiert oder gehetzt wird, kann man sich erst einmal schlau machen oder oft auch nur den eigenen Kopf bemühen, um herauszufinden, warum wohl dieses und jenes so oder so passiert. Das könnte möglicherweise mehr Aufwand erzeugen, als schnell einen unqualifizierten Hasspost auf Facebook zu schreiben, ja, aber es wäre ein erster Schritt zu Deeskalation und Verständigung.
Und natürlich nehmen wir auch Hinweise und Kritik entgegen, damit wir unser Verwaltungshandeln besser reflektieren können.