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Kiek Rin
Ausgabe 4/2024
Liebe Leser,
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Liebe Leser,

Sehr geehrte Einwohnerinnen und Einwohner,

sehr geehrte Unternehmerinnen und Unternehmer,

das bisschen Haushalt macht sich von allein …?

Die Gemeindefinanzen speisen sich aus der Besteuerung Ihrer Vermögen, nämlich aus den Grundsteuern A und B, aus den Gewerbesteuern, denen eine Gewinnermittlung ihrer unternehmerischen Tätigkeit zugrunde liegt, sowie einer Finanzierung nach dem Finanzausgleichsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (FAG M-V). Bestandteile der Einkommenssteuer und Umsatzsteueranteile kommen ergänzend hinzu.

Für die bisher geleisteten Grundsteuern der Kategorien A und B sowie der entrichteten Gewerbesteuer möchte ich mich im Namen der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft herzlich bedanken.

Über diese Einnahmen finanziert die Gemeinde den Bereich der Daseinsvorsorge (u.a. Kita, Schule, Feuerwehr, Friedhöfe, Verkehrsinfrastruktur) und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft. Die Gelder werden für den Erhalt bzw. die Erweiterung der öffentlichen Infrastruktur eingesetzt. Als Schulträger der Regionalschule mit Grundschule „Hans-Fallada“ investieren wir jährlich 250.000 EUR in die Unterhaltung der Schule. Über den Digitalpakt Schule planen wir Investitionen im Jahr 2024 von 300.000 EUR. Für die Freiwilligen Feuerwehren planen wir die Beschaffung eines neuen Fahrzeugs, welches 500.000 EUR kosten wird. Hier haben wir zusätzlich Fördermittel eingeworben. Des Weiteren soll neue Einsatztechnik für die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren Feldberger Seenlandschaft in Höhe von 30.000 EUR angeschafft werden. Weitere Investitionen in die Infrastruktur und Unterhaltungsmaßnahmen in Gebäude und Straßen sind vorgesehen.

Mit Ihren Steuern und Abgaben unterstützen Sie ebenfalls das Vereinsleben mit Sport, Kunst, Kultur und heimatlichem Brauchtum in den fünf Ortsratsbereichen Lüttenhagen, Feldberg, Conow, Lichtenberg und Dolgen. Zusätzlich helfen Sie Vereinen in der Feldberger Seenlandschaft durch Spenden und Sponsoring.

Mit meinem Schreiben wende ich mich an Sie, um auf geplante Veränderungen ab 2025 hinzuweisen. Wir alle nehmen die gesellschaftlichen Veränderungen um uns herum wahr. Es wird sehr viel und in verschiedenen Bereichen unseres Lebens von Transformation gesprochen: Wir veränderungsbereiten und veränderungserfahrenen Menschen im Osten sollten uns davor nicht ängstigen. Es ist eine Frage des Wollens, der Notwendigkeit und der Geschwindigkeit, Veränderungen anzunehmen. Dass der östliche Teil der Bundesrepublik veränderungswillig und resilient ist, beweisen wir seit nunmehr 34 Jahren. Transformation bedeutet aber auch, dass vor allem zukünftig viel Geld benötigt wird, für Struktur und Personal. Die Gesetzgeber, das Land M-V und der Bund, werden uns erst noch erklären müssen, woher die Milliarden Euro für die gigantisch geplanten Veränderungen in der Netz-Infrastruktur, für die neue Mobilität und für die Wärmewende kommen sollen.

Unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit und unsere mecklenburgische Gelassenheit sagen uns aber auch: Von bestimmten überhasteten Veränderungsszenarien im Energiebereich sollten wir uns nicht überrumpeln lassen. Dennoch werden wir als Gemeinde durch den Gesetzgeber aufgefordert, Klimamanagement und Wärmewende zu begleiten, was wir allerdings nur im Rahmen der uns zur Verfügung gestellten personellen und finanziellen Möglichkeiten tun werden.

Was sorgt uns?

Die öffentlichen Haushalte sind in den vergangenen Jahren unter extremen Druck geraten. Die Feldberger Seenlandschaft ist ein Grundzentrum, eine Basisstruktur im ländlichen Raum sozusagen. Wir können unseren Aufgaben nicht mehr umfänglich gerecht werden. Die Einkünfte unserer Gemeinde sind angemessen, aber die Ausgaben steigen und steigen und steigen. Die Gemeinde bezahlt jetzt den hohen Preis für politische Wohltaten der Landesregierung in den Jahren 2019 und 2020. Damals wurde beschlossen, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft und die Kita-Beiträge nicht mehr anteilig von den Eltern übernommen werden, somit muss der Staat dafür aufkommen. Was für alle Eltern privat eine wirklich tolle Entlastung darstellt und Eigentümer entlastet, ist für den öffentlichen Haushalt eine enorme finanzielle Belastung, für die nun alle Steuerzahler die Verantwortung tragen müssen.

Mit der Entscheidung zur Beitragsfreiheit in der Kita hat die Gemeinde im Jahr 2024 zusätzliche Aufwendungen von 700.000 EUR. Wie im Vergleich zu allen Vorjahren werden im Jahr 2025 die Aufwendungen für die Kita-Betreuung unserer Kinder nochmals auf dann ca. 900.000 EUR ansteigen.

Beim Straßenbau setzen wir inzwischen ca. 1.000 EUR pro Meter Straße an (Wohnstraße, reine Baukosten, keine weitere Erschließung). Mit dem Wegfall der Straßenausbaubeiträge war uns vor Ort schnell klar, dass wir keine großen Sprünge im Straßenausbau mehr machen können. Nach 2019 konnten wir deshalb nur zwei Straßen sanieren.

Die Kompensation für die ausfallenden Straßenausbaubeiträge durch das Land M-V ist lächerlich.

Wo ist unser Problem?

Jetzt stellen alle Beteiligten, das Land Mecklenburg-Vorpommern, der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und die Gemeinden fest, dass Gemeinden unserer Größenordnung immer weiter in die roten Zahlen rutschen.

Die Gemeinde erstellt für jedes Jahr einen Haushaltsplan, der durch die Rechtsaufsicht zu genehmigen ist. Doch was ist eigentlich die Rechtsaufsicht? Die Aufsicht über die Gemeinde Feldberger Seenlandschaft wird durch die untere Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte ausgeübt. Diese Institution überwacht die kommunalen Haushalte und genehmigt diese - oder auch nicht.

Bis zum heutigen Datum (12.04.2024) arbeitet die Gemeinde ohne genehmigten Haushalt, weil der geforderte Haushaltsausgleich nicht darstellbar ist. Derzeit dürfen nur Auszahlungen erbracht werden, zu deren Leistung die Gemeinde rechtlich verpflichtet ist (vertraglich gebunden) oder die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben (z.B. Energie, Strom, Versicherungen) unaufschiebbar sind. Geplante und dringend notwendige Investitionen dürfen nicht begonnen werden.

Um die finanzielle Leistungsfähigkeit unserer Gemeinde zu verbessern, fordert die Rechtsaufsicht mit Hinweis auf den Haushalt 2024, wir mögen

a.)

eine De-Investitionsstrategie fahren,

b.)

unser kommunales Vermögen verkaufen,

c.)

die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuern anpassen und

d.)

900.000 EUR aus dem laufenden Haushalt einsparen.

Um sich diese Ansage einmal auf der Zunge zergehen zu lassen: Der Staat weist den Staat an, dass er keine Investitionen und Unterhaltungen durchführen soll bzw. so drastisch spart, dass die Handlungsfähigkeit enorm eingeschränkt wird. Wenn der Staat – egal auf welcher Ebene – nicht mehr investiert und keine Dienstleistungen oder Bauaufträge vergibt, wird es weniger Aufträge für die (heimische) Wirtschaft geben. Der Zusammenhang zwischen erteiltem Auftrag, Erbringung der Leistung, Umsatz und möglicherweise Gewinnerzielung, auf die dann der Gewerbesteuerertrag berechnet und mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert wird, dürfte doch auch der Rechtsaufsicht nicht neu sein. Denn ohne Investitionen der öffentlichen Hand gibt es weniger oder keine Gewerbesteuern der einheimischen Unternehmen!

Zusätzlich kommt die Verknüpfung der kommunalen Haushalte mit dem Kreishaushalt zum Tragen. Auch der Kreishaushalt trägt neben den ständig wachsenden anderen Sozialausgaben einen Anteil an der Finanzierung der Kita-Gebühren. Reicht das Geld für die Deckung der Aufgaben des Landkreises insgesamt nicht aus, wird der Hebesatz der Kreisumlage gegenüber den Gemeinden angezogen. Wir zahlen inzwischen über 30% unserer gesamten Einkünfte an den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte in Form der Kreisumlage.

Durch die vorgebrachten Gründe muss ich Sie darüber informieren, dass ich der am 9. Juni 2024 neu gewählten Gemeindevertretung vorschlagen muss, die Hebesätze für die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliches Vermögen), Grundsteuer B (bebaute und unbebaute Grundstücke) und die Gewerbesteuer moderat anzupassen. Aber: Auch mit der Anpassung der Hebesätze ab dem Haushaltsjahr 2025 wird der kommunale Haushalt nicht auszugleichen sein. Ich werde der neuen Gemeindevertretung ebenfalls empfehlen, gegen die Kreisumlagefestsetzung des Landkreises Mecklenburgische Seenpatte juristisch vorzugehen.

Bei Fragen sprechen Sie mich gerne an.

Ihre Constance von Buchwaldt

Bürgermeisterin