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Neue Friedländer Zeitung
Ausgabe 1/2024
Kultur
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De Johrdusendstorm von Woldegk

Illustration: Uwe Gloede, Maler und Zeichner Insel Poel

Oha, diss Storm hett seten: An`n 29. Junimaand 1764 gew dat in un üm Woldegk eenen Tornado mit de Wucht von vierhunnertföftig Kilometern pro Stunn, dat is de Kategorie F5 un somit de gröttste jemals faststellte Orkan in ganz Düütschland. Nu will`n wi mal eens kieken, wat de Experte Henning Strüber 2014 up NDR.de schräben hett: „Wildeste Gerüchte kommen dem Stargarder Probst Gottlob Burchard Genzmer über die „außerordentliche Lufterscheinung“ zu Ohren ...

Gerüchte über bis auf die Grundmauern abgetragene Wohngebäude und in die Luft gehobene Scheunen, über Kinder, die von einem Wirbelwind fortgeweht und nicht wiedergefunden wurden, über Gänse, die von riesigen Hagelkörnern erschlagen wurden, über vereiste Äste, die kilometerweit durch die Luft flogen.Die Erzählungen von der „unerhörten Naturbegebenheit“ dringen bis an den Hof des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz in Neustrelitz. Ein Minister erteilt Genzmer den Auftrag, vor Ort zu prüfen, was an den Behauptungen dran ist.

Woldegk-Tornado zieht eine Schneise der Verwüstung

… Ganz Naturwissenschaftler folgt der Pastorensohn der nicht zu übersehenden Spur der Verwüstung von ihrem Anfang bei Feldberg bis sie sich bei Helpte wieder verliert. Es stellt sich heraus, dass sie bis zu 900 Meter breit und etwa 30 Kilometer lang ist. Es ist ein Gang durch eine apokalyptische Landschaft. Die Schneise der Zerstörung verläuft von leichten Schlenkern durch die hügeligen Wälder hinab zum einen Ufern eines Sees und dann vom anderen weiter über Felder und Wiesen dicht an einigen Gehöften vorbei, aber durch manche andere auch mitten hindurch. Alles was in ihrem weg stand, ist dem Erdboden gleich gemacht.

Vermessung eines Trümmerfeldes

Genzmer protokolliert die Schäden auf dem Trümmerfeld akribisch. Er vermisst den Umfang mächtiger Eichenstämme, die entwurzelt an den Alleen liegen, die Dicke knapp aus dem Boden ragenden Grundmauern, auf denen vor Kurzem noch Häusern gestanden hatten, er streitet die Strecke ab, die zwischen einer Scheune und dem weggewehten Dach liegt, er fertigt Zeichnungen verdrehter Äste an. Er erkundigt sich nach den genauen Witterungsbedingungen am Tag des Sturms, hört sich die Schilderungen von Augenzeugen an und prüft gewissenhaft deren Glaubwürdigkeit, um auch ja bei der Wahrheit zu bleiben.

Noch glimpflich davongekommen

Er hört von einem Pastor, der in seinem Ruderboot auf dem Haussee von einem „gewaltigen Dampf“ überrascht wird und sich mit Mühe ans Ufer retten kann, von wo aus er sieht, wie sich das Wasser erst zurückzieht, um dann mit voller Wucht über die Ufer zu branden. Er spricht mit einem Schäfer, der sich in einen hohlen Baum vor dem dunklen Ungetüm retten kann, während sich ringsum einige seiner Schafe fortgerissen werden ...

Der vierteljährliche Buß- und Bettag, der an jenem 29. Juni begangen wurde, dürfte der Grund dafür sein, dass der „heftige Orcan“ mit zwei Toten und mehreren Verletzten vergleichsweise glimpflich ablief. Statt auf den erntereifen Feldern, wo er am heftigsten wütete, waren die meisten Menschen in der Kirche.“

Leew Zeitungläsers, gruugt Juuch ok all? Dor koenen wi blots hoffen, dat so een gewaltigen Storm nich wedder uns schönen Landschaft Maekelborg-Strelitz heimsöcht!

Uwe Schmidt, Niegenbramborg