Sie entscheiden darüber, ob die Universitäts- und Hansestadt Greifswald in den nächsten Jahren ihre eigenen Flächen (Grundstücke) für Containerdörfer zur Unterbringung von Geflüchteten an den Landkreis Vorpommern-Greifswald verpachten darf oder nicht.
Sie können nicht darüber entscheiden, ob private Flächen und Grundstücke, die nicht im Eigentum der Universitäts- und Hansestadt Greifswald stehen, zum Zwecke der Errichtung von Containeranlagen verpachtet werden dürfen. Sie können mit ihrer Entscheidung nicht beeinflussen, ob und wo und in welchem Umfang der Landkreis Vorpommern-Greifswald geflüchtete Menschen in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald unterbringt.
Die Verteilung von Geflüchteten in Deutschland auf die Bundesländer richtet sich nach einem Verteilungsschlüssel, dem sog. Königsteiner Schlüssel. Dieser wird jährlich entsprechend den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der Länder errechnet.
Mecklenburg-Vorpommern muss demnach nur rund 1,98 % der in die Bundesrepublik Deutschland geflüchteten Menschen aufnehmen. Die Bundesländer selbst verteilen die Geflüchteten wiederum weiter auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald muss nach einem Verteilungsschlüssel innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern 14,9 % der zugewiesenen Geflüchteten des Landes aufnehmen (= 0,29 % aller Geflüchteten in Deutschland). Dieser Schlüssel errechnet sich gemäß der Zuwanderungszuständigkeitsverordnung Mecklenburg-Vorpommern.
Der Landkreis Vorpommern-Greifswald ist für die Aufnahme und Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen im übertragenen Wirkungskreis (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FIAG, §2, Satz 1) zuständig. Die Landkreise sind verpflichtet, für die regelmäßige Aufnahme der Asylbewerber*innen ausreichende Gemeinschaftsunterkünfte vorzuhalten (FIAG, §4, Satz 1). Kann der Landkreis die zugewiesenen ausländischen Geflüchteten nicht mehr selbst unterbringen, kann er gemäß FIAG §2, Satz 3 diese Aufgabe auf kreisangehörige Gemeinden, wie beispielsweise die Universitäts- und Hansestadt Greifswald, übertragen. Das bedeutet, dass in diesem Fall die Stadt selbst für die Unterbringung der Geflüchteten sorgen muss.
Mit dem Beschluss „Geflüchtete in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald“ vom 27.03.2023 stellt die Greifswalder Bürgerschaft Regelungen auf, wie und in welcher Reihenfolge Unterbringungsmöglichkeiten zu nutzen und umzusetzen sind.
Die Aufstellung von Containern soll danach die letztmögliche Variante zur Unterbringung von geflüchteten Menschen sein. An keinem Standort sollen mehr als 100 Personen untergebracht werden. Die Unterbringungsform und Begleitung der Geflüchteten durch Integrationshelfer*innen muss so gestaltet werden, dass sie die bestmögliche Integration garantiert. Insbesondere in den Bildungseinrichtungen ist dafür zusätzliches Personal vorzuhalten.
In der Sitzung der Bürgerschaft vom 27.03.2023 stellte der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald dar, dass er bis zum Ende des Jahres einen weiterhin hohen Zuzug an Geflüchteten erwarte. Der Universitäts- und Hansestadt Greifswald als größte Stadt im Landkreis mit einer entsprechenden Infrastruktur und mit einem umfassenden Hilfsnetzwerk mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten, wie z. B. im Bereich der (psycho-)sozialen Betreuung und beruflicher Integration, wird bei der Zuweisung Geflüchteter eine wesentliche Rolle zukommen. Dennoch sollte die Frage einer gleichmäßigeren Verteilung im gesamtem Landkreis Vorpommern-Greifswald nicht ganz außer Acht gelassen werden. Auch die Universitäts- und Hansestadt Greifswald könnte trotz der guten Infrastruktur irgendwann an ihre Belastungsgrenzen stoßen.
Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald hat einen sehr geringen Wohnungsleerstand. Zusätzliche Bedarfe an Wohnungen für geflüchtete Menschen können kurzfristig kaum bis gar nicht gedeckt werden, so dass mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Lösungen gefunden werden müssen, sollte es zu einer weiteren Zuweisung von Geflüchteten kommen. Diese Lösungen bestehen dann aus größeren gemeinschaftsunterkunftstauglichen Räumlichkeiten, auf die zurückgegriffen werden muss. Die Mindestanforderungen an Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften sind in der Gemeinschaftsunterkunftsverordnung (GUVO M-V) geregelt. Diese gilt gleichermaßen für die Containeranlagen, die als Gemeinschaftsunterkünfte genutzt werden sollen.
Bei fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten kann es in letzter Konsequenz zur Belegung von Sporthallen und anderen Sportstätten als Notunterkünfte kommen.
Bei der Auswahl der Standorte für Gemeinschaftsunterkünfte ist die städtebaulich integrierte Lage, infrastrukturelle Anbindung an ÖPNV, Erreichbarkeit relevanter Behörden, Nähe zu sozialer Infrastruktur (Beratungsangebote, Kindereinrichtungen, Schulen u.a.) von Vorteil.
Die Trägerschaft für Gemeinschaftsunterkünfte sowie Notunterkünfte für Geflüchtete liegt beim Landkreis Vorpommern-Greifswald im übertragenen Wirkungskreis. Dazu gehören die Aufgaben wie Aufnahme, Unterbringung, Findung und Herrichtung der geeigneten Räume, Ausstattung und Organisation aller weiteren Fragen einschließlich des Wachdienstes, Versorgung und sozialer Betreuung. Die Vorlaufzeiten bei Zuweisungen betragen derzeit ca. zwei Wochen.
Wenn der Landkreis die zugewiesenen Geflüchteten nicht mehr selbst unterbringen kann, kann er die o. g. Aufgaben gemäß FIAG §2, Satz 3 auf die Universitäts- und Hansestadt Greifswald direkt übertragen. Auch wenn die notwendigen Kosten der Unterbringung vom Landkreis erstattet werden, stellte dies die Stadtverwaltung vor enorme Herausforderungen und hielte die Stadtverwaltung von der Erledigung anderer Aufgaben ab.
Der Bürgerentscheid bindet die Universitäts- und Hansestadt Greifswald für zwei Jahre an die getroffene Entscheidung. Für diesen Zeitraum kann auch im Bedarfsfall oder aufgrund eines Wandels der tatsächlichen Gegebenheiten kein anderslautender Beschluss durch die Gemeindevertretung gefasst werden.
Der Landkreis Vorpommern-Greifswald und die Stadtverwaltung der Universitäts- und Hansestadt empfehlen, dass eine Verpachtung städtischer Flächen an den Landkreis zur Aufstellung von Containeranlagen als Notlösung bestehen bleiben sollte. Mit einem „Nein“ beim Bürgerentscheid würde diese Möglichkeit verbaut. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sporthallen belegt werden müssen, erhöht sich also mit einem „Nein“ beim Bürgerentscheid.
| Ja zur Verpachtung städtischer Flächen | Nein zur Verpachtung städtischer Flächen |
| Zuweisung von ge-flüchteten Menschen durch den Landkreis Vorpommern-Greifs-wald an die Universi-täts- und Hansestadt Greifswald | Keine Auswirkung | Keine Auswirkung |
| Unterbringung von geflüchteten Menschen durch den Landkreis in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald | Die dezentrale Unterbringung in Wohnungen hätte auch weiterhin Vorrang. Aber im Notfall können mit der Errichtung von Containeranlagen Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen in Greifswald geschaffen werden. | Im Falle einer Zuweisung müssen nichtkommunale Flächen genutzt oder anderweitige Möglichkeiten geschaffen werden, um geflüchteten Menschen ein Obdach und eine Zuflucht geben zu können (z. B. Sporthallen, da kaum Wohnungen zur Verfügung stehen). |
| Universitäts- und Hansestadt Greifswald | Für die Gemeinschaftsunterkünfte und deren soziale Betreuung ist der Landkreis zuständig. Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald unterstützt den Landkreis bei der Integration von Geflüchteten vor Ort sowie der Vernetzung und Koordination von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Unterstützungsangeboten. | Leerstehender Wohnraum könnte durch den Landkreis innerhalb der Universitäts- und Hansestadt Greifswald angemietet werden. Der Wohnungsleerstand ist momentan aber sehr gering bis kaum vorhanden. Um die ankommenden Geflüchteten im Rahmen einer Zuweisung unterzubringen, könnten der Landkreis Vorpommern-Greifswald und die Universitäts- und Hansestadt Greifswald gezwungen sein, die Sporthallen als Notunterkünfte zu aktivieren. Dies wäre aus vielen Gründen eine sehr ungünstige und belastende Situation für alle Beteiligten. |
| Containeranlagen | Der Landkreis Vorpommern-Greifswald kann in Eigenverantwortung Unterbringungsmöglichkeiten auf städtischen Flächen für geflüchtete Menschen schaffen. | Der Landkreis Vorpommern-Greifswald kann Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen auf Flächen, die nicht der Universitäts- und Hansestadt Greifswald gehören, schaffen. |
| Was kann der Bürgerentscheid regeln? | Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald kann geeignete Standorte für Containeranlagen prüfen, der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorlegen und anschließend an den Landkreis Vorpommern-Greifswald verpachten. | Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald kann dem Landkreis keine städtischen Standorte zur Errichtung von Containeranlagen verpachten. |
| Standortwahl für Containeranlagen | Nach Prüfung der Eignung würden dem Landkreis Vorpommern-Greifswald zur Verpachtung folgende städtische Flächen angeboten: a. Festspielplatz an der Jungfernwiese b. Wiese in der Lise-Meitner-Straße c. Sportplatz in der Feldstraße 86 | Andere Eigentümer*innen können dem Landkreis Vorpommern-Greifswald Flächen zur Verpachtung bzw. Nutzung anbieten. Mögliche Standorte sind derzeit nicht bekannt. |