Am Freitag, dem 27. September herrschte mittags auf dem Reiterhof in Alt Sallenthin geschäftiges Treiben: Zelte wurden errichtet, (und gegen die starken Windböen sorgsam gesichert), Tische und Bänke aufgebaut, die Schützengilde kam mit einer Schießbude und die Feuerwehr Ahlbeck hatte zusätzlich zu ihren Einsatzwagen alles mitgebracht, was zu einer Grillparty gehört.
Welchen Grund hatte dieser Aufwand? Die Gemeinde hatte eingeladen. Es sollte daran erinnert werden, dass Sallenthin bereits 1254, also bereits vor 770 Jahren, erstmals urkundlich erwähnt wurde.
Ab 15 Uhr strömten zahlreiche Besucher auf den Hof und fanden auch noch Kaffee und Kuchen sowie kalte Getränke vor. Sie wurden von der Bürgermeisterin Frau Dr. Laura Isabelle Marisken und ihren Mitarbeiterinnen begrüßt. Zunächst gab es dann einen Vortrag des Geschichtsvereins der Kaiserbäder, mit dem die Historie des Ortes erläutert und die Bedeutung dieses Jubiläums - 770 Jahre nachgewiesene Existenz Sallenthins - betont wurde.
Dass diese Gegend altes Siedlungsgebiet ist, bestätigten Funde von Urnen auf dem Kirchberg zwischen Neu Sallenthin und Bansin. Sie werden der Eisenzeit (800 bis 400 Jahre vor Christus) zugeschrieben und man fand auch Scherben aus slawischer Besiedlung (700 - 800 nach Christus). Über das Schicksal der Menschen ist nichts bekannt. Es fehlen jegliche Zeugnisse bis 1254, als eine Urkunde am 26. Dezember über den Tausch von Besitztümern zwischen dem Kloster Grobe bei der Burg Uznam (heute Usedom Stadt) und einem Ritter Tammo von Gützkow ausgefertigt wurde. In dieser Urkunde wird u. a. Sallenthin erwähnt, das in den Besitz des Klosters Grobe überging. Das heißt also, dass Sallenthin bereits bestanden hat und diese 770 Jahre alte Urkunde dies bezeugt. Man findet sie übrigens im Pommerschen Urkundenbuch.
Im Jahre 1128 hatte Herzog Wartislaw I, der Begründer Greifendynastie und erster Herzog von Pommern, Bischof Otto von Bamberg nochmals gebeten, auch auf Usedom zu missionieren. Dieser trat seine zweite Reise nach Pommern an. Wartislaw I. hatte in der Burg Uznam (Usedom Stadt) die ansässigen Adeligen des slawischen Stammes der Lutizen zusammenkommen lassen, damit sie sich taufen ließen. Offensichtlich waren nicht alle von dem neuen Glauben überzeugt, denn Wartislaw I. wurde 1134 oder 1135 bei Stolpe an der Peene erschlagen, angeblich von einem Lutizen. Doch der christliche Glaube setzte sich durch.
Um 1150 war das Prämonstratenserkloster Grobe vom Bruder Wartislaws I. Ratibor I. und seiner Gemahlin gestiftet worden. Die Mönche waren Deutsche und kamen vermutlich aus Magdeburg. Das Kloster wurde um 1309 nach Pudglowe (Pudagla) verlegt. Herzog Barnim I. von Pommern hatte dem Kloster dieses Dorf 1273 als Schenkung überlassen. Die Verhältnisse änderten sich, als nach der Reformation die pommerschen Herzöge den evangelischen Glauben annahmen. 1535 wurde das Kloster säkularisiert und ging als Domäne in den herzoglichen Besitz über.
Der Dreißigjährige Krieg führte dann auch auf der Insel zu großen Bevölkerungsverlusten, Sallenthin nicht ausgeschlossen. Ende des 17. Jhds verzeichnet die Schwedische Landesaufnahme wieder einen ansässigen Bauern. Interessanterweise gehörte das Dorf damals wieder einer Familie von Horn, deren Stammvater Ritter Tammo gewesen sein soll.
Infolge der Stein-Hardenbergschen Reformen (sog. Bauernbefreiung) hatten die 4 Sallenthiner Bauern (Boeckler, Lange, Reemer (oder Reimer) und Tietz) 1818 jeweils ein Drittel ihrer bewirtschafteten Fläche abzugeben, dafür wurden sie von Diensten und Abgaben an die Domäne, die inzwischen dem preußischen Staat gehörte, befreit. Die Flächen an den Krebsseen und an der heutigen Bergmühle gaben sie auf. Jeder Interessierte durfte aber nur knapp 8.000 qm ersteigern. Das war für Büdner gedacht, die zusätzlich z. B. auf ein Handwerk oder die Fischerei als Erwerbszweig angewiesen waren. So entstand Neu Sallenthin.
Ende des 19. Jhds zog ein Rentier aus Hamburg, der Schriftsteller Ernst Necker, nach Alt Sallenthin und wurde zum Mitbegründer des Seebads Bansin. Seine Villa „Strandhaus“, später „Orlopp“ gehörte zu den ersten Häusern im Seebad.
Um 1956 endete die Eigenständigkeit der Gemeinde. Aus Alt Sallenthin, Neu Sallenthin, Sellin, Bansin Dorf und Seebad Bansin wurde die Gemeinde Bansin mit Sitz des Gemeinderats in Seebad Bansin.
1953 schlossen sich in Alt Sallenthin 12 Mitglieder zur LPG Typ II zusammen, daraus entwickelte sich bis 1956 die LPG "Traktor" Typ III. Zur Genossenschaft gehörten als Nebenbetriebe im Dorf eine Gärtnerei, eine Nerzfarm sowie eine Hühnerfarm. Die Gärtnerei war Anfang der 1920er Jahre auf dem Grundstück von Ernst Necker, noch zu seinen Lebzeiten, gegründet worden. 1970 wurde durch Umstrukturierungen die LPG Pflanzen- und Tierproduktion Bestandteil der Großgenossenschaft im Thurbruchgebiet. Zu deren Bereichen gehörte eine Anlage für Ferkelzucht in Alt Sallenthin. Der gärtnerische Bestandteil der LPG wurde in eine eigene Gärtnereiproduktionsgenosssenschaft (GPG) umgewandelt.
1990 gab es Überlegungen, die Gärtnerei weiterzuführen, was sich aber als nicht realisierbar erwies. 1993 wurde sie an den Gärtner Kühn aus Berlin verkauft und befindet sich nach wie vor im Besitz der Familie.
Der heutige Reiterhof, auf dem die Feier stattfand, gehörte vermutlich dem Bauern Lange, der als letzter Alt Sallenthiner Bauer dieses Namens 1849 verstorben war. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Hof dann von Familie Labahn bis zum Eintritt in die LPG bewirtschaftet.
Die Gelegenheit dieses Treffens in Alt Sallenthin wurde genutzt, um eins der neuen Dorfeingangsschilder zu enthüllen. Bekanntlich waren die alten vor einigen Jahren mutwillig zerstört worden. Sie wurden von vielen vermisst. Die 770-Jahr-Feier war ein schöner Anlass, sie wieder anzubringen. Der Eigenbetrieb und Mitglieder des Geschichtsvereins hatten gemeinsam die neuen Schilder entwickelt, der Bauhof kümmerte sich um deren Erstellung und die Montage in den frisch gestrichenen Rahmen und nun begrüßen - oder verabschieden - sie wieder Vorüberfahrende und Passanten.