Am 16.2.25 fand im Gottesdienst der ev. Kirche zu Seebad Heringsdorf das alljährliche Gedenken an die jüdischen Mitbürger von Heringsdorf statt. Es wurden die Namen der Bürger verlesen und für jeden an der Osterkerze ein Licht angezündet, die dann auf den mit weißen Rosen geschmückten Altar leuchteten.
Nach dem Gottesdienst nahmen Gemeindemitglieder und Gäste die Rosen mit zu den Stolpersteinen in der Friedenstrasse und zündeten jeweils vor Ort eine Öllampe an. Auch unsere Bürgermeisterin, Frau Dr. Marisken war mit Ihrem Verlobten anwesend und wir alle kamen ins Gespräch zu den damaligen Ereignissen im Seebad.
Was geschah hier vor 85 Jahren?
An jenem 12. bzw. 13. Februar 1940 wurden die auf einer Liste stehenden Juden im Morgengrauen in ihren Wohnungen von der Gestapo aufgesucht. Sie mussten binnen 2-3 Stunden ihre Besitzverhältnisse „ordnen“ - wie man es damals so nannte - und wurden dann von der Gestapo nach Stettin gebracht. Von dort aus erfolgte die Deportation der 1.120 jüdische Bürger aus den Regierungsbezirken Stettin, Stralsund und Schneidemühl mit Eisenbahnwagons 4. Klasse nach Lublin, dem damaligen Generalgouvernement im besetzten Polen. Hier verteilte man die jüdischen Bürger auf die Orte Piaski, Belzyce und Gwusk. Beim Transport und dem anschließenden Fußmarsch bei –15° Kälte gab es bereits viele Todesopfer.
Unter den Deportierten waren 9 Heringsdorfer. Von der Familie Saulmann zunächst die Eltern Erich und Elisabeth, die Kinder Ilse 12 Jahre, Hilde-Ruth 10 Jahre, Eva 4 Jahre, die Tante Elise und der Bruder Alfred. Aus den Akten ist nur das Jahr der Ermordung ersichtlich. Die Treuhandverwaltung für die Familie endete am 18.10. 1941. Des Weiteren waren unter den Deportierten: Frau Margarete Pörutz und Hr. Sigmund Pörutz. Frau Pörutz verstarb bereits am 16.8.1940 mit 72 Jahren in Lublin an den Folgen des Transportes. Hr. Pörutz, 66 Jahre, am 2.12.1941 in Piaski.
Die Kirchengemeinde und Einwohner des Ortes haben zu allem geschwiegen, man schaute einfach weg.
Die Verlegung der Stolpersteine ist das Ergebnis eines Projektes „Jüdische Spuren in Heringsdorf“ an der Ahlbecker Europaschule, welches Dr. Kreibig vom Verein „Land und Leute“ aus Stavenhagen mit den Schülern der 10. Klasse durchführte.
Für die Deportierten verlegte danach Gunter Demnig im Oktober des Jahres 2014 in der Friedenstrasse bereits 7 Stolpersteine. Der Berliner Künstler hat bereits tausende Stolpersteine europaweit gesetzt. Mit dieser Aktion will man den Opfern, die in den Konzentrationlagern nur noch eine Nummer waren, ihren Namen zurückgeben.
Sich gemeinsam an die Schicksale der jüdischen Bürger erinnern, denn Erinnerung schafft Versöhnung und ermahnt uns zur Wachsamkeit, dass sich solches Unrecht nie, nie wiederholt.