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KAISERBÄDER-BOTE
Ausgabe 8/2023
Kirchliche Nachrichten
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175 Jahre evangelische Kirche im Seebad Heringsdorf

Am 03. September 1848 wurde unsere Kirche im Wald und auf dem Kulmberg nach zweijähriger Bauzeit feierlich eingeweiht. Den Entwurf dafür lieferte Ludwig Persius, der Architekt des Königs Friedrich Wilhelm IV.von Preußen. Er war ein Schüler von Baumeister Karl Friedrich Schinkel und übernahm nach dessen Ableben das Amt des Ober-Baurates für den Bereich Potsdam. Seine Entwürfe prägten die Landschaftsbaukunst in und um Potsdam nachhaltig. Zu seinen bedeutendsten Werken gehört die Heilandkirche in Sacrow.

Im folgenden möchte ich auf die Ereignisse eingehen, wie Heringsdorf zu seiner Kirche kam.

Mit der Gründung der neuen Fischerkolonie Heringsdorf durch den Oberforstmeister Georg Bernhard von Bülow und ihrer Namensgebung im Jahre 1820 begann die weitere Besiedlung neben den bereits seit Jahrhunderten vorhandenen Bauerndörfer Gothen und Neuhof sowie der westlich vom Kulm entstandenen Fischerkolonie Neukrug. Die Chronik erwähnt bereits im 14. Jahrhundert einen „Nygen Krög“. Diese Kolonien bzw. Dörfer gehörten seit ihrer Gründung zur Parochie Benz.Wer Sonntags zum Gottesdienst in die Kirche wollte, der musste sich in das 8 km entfernte Bauerndorf Benz begeben. Die Petrikirche, bereits 1229 urkundlich erwähnt, war die Mutterkirche der umliegenden Dörfer.

Der Kirchgang dahin war sehr mühsam und anstrengend für die Einwohner und Gäste.

Ab 1825 entwickelte von Bülow Heringsdorf zu einem Badeort nach dem Vorbild des Seebades Swinemünde. Zu den ersten Badegästen zählte unter anderen auch der Schriftsteller Willybald Alexsis, mit bürgerlichem Namen Wilhelm Haering. Er baute sich hier auf dem Kulmberg, nahe der heutigen Kirche, ein Häuschen und machte durch seine Aufsätze und Artikeln in renommierten Zeitschriften Werbung für den neuen Badeort des Herren von Bülow.

Dadurch ließen sich weitere bekannte Persönlichkeiten inspirieren und wählten Heringsdorf wegen seiner Naturschönheiten zur ihrer Sommerfrische.

Der Wunsch nach einer eigenen Kirche war bei den Dorfbewohnern und Badegästen groß und in einem Schreiben des Pfarrers Hartmann aus Benz vom 21. September 1838 an den Bischof lesen wir: „Ein Theil meiner Gemeinde hat namentlich seit einiger Zeit den Wunsch lebhaft ausgesprochen, in Heringsdorf oder Neuhof eine eigene Filial-Kirche zu besitzen.Wenn ich hoffen darf, dass dieser Wunsch in Folge einer regeren religiösen Erbauung entstanden ist, so habe ich denselben besonders in Betracht der ziemlich bedeutenden Entfernung von hier, nur begünstigen können.“

Weiter schreibt der Pfarrer, dass Herr Oberforstmeister von Bülow sich bereiterklärt hat, nicht nur den Platz, sondern auch einen Beitrag zur Erbauung beizusteuern. Der Schluss des Briefes lautet: „Außerordentlich erfreulich würde es mir und dem betreffenden Theil der Gemeinde sein, wenn Euer Hochwürden die ebend zu erwartenden Schwierigkeiten nicht für so bedeutend ansehn, dass der ganze Plan unausführbar würde und die Angelegenheit Hochgnädigst unterstützen wollen. Euer Hochwürden ganz gehorsamster Diener Hartmann.“

Schon nach wenigen Wochen, am 21. November 1838, kam es zu einer Zusammenkunft vieler Gemeindemitglieder aus Neuhof, Neukrug, Gothen und Heringsdorf. Zum Abschluss verfasste Pastor Hartmann einen Aufruf, indem „unser aller Wunsch, hier eine eigene Kirche zu haben“ dokumentiert wurde. Die Anwesenden, 34 Einwohner, unterschrieben mit ihrem Namen oder die schreibunkundig waren durch Handzeichnen XXX und der Pfarrer schrieb ihren Namen daneben.

Diese Bewohner waren vorrangig Büdner und Tagelöhner mit ganz wenig Besitz. Viele der Namen der Unterzeichner wie Pahl, Engelbrecht, Biesendal, Moltz,Schlosshauer, Pank, Priewe, Sauck, Peters, Tittelwitz und Lehnert begegnen uns noch heute in den Archivunterlagen zur Geschichte des Ortes (Fortsetzung folgt).

Anlässlich des Jubiläums findet in der Kirche am Sonnabend, 02. September, um 19:00 Uhr in der Kirche ein Chorkonzert des Thurbruchchores statt. Aus dem Liedschatz des Chores, der in diesem Jahr auch sein 50-jähriges Jubiläum feiert, hören Sie Heimat- und Volkslieder aus mehreren Jahrhunderten.

H. Kartstaedt-Drews