Bild des Containerterminals aus der Präsentation der Investoren bei der Stadtratssitzung in Swinemünde am 09. Juli 2024
Mit dem Containerterminal Swinemünde soll auf der Halbinsel Wollin ein Industrieprojekt der Superlative direkt vor den Toren der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf entstehen, bei der nach Aussage der Investoren bis zu 2 Millionen Container pro Jahr umgeschlagen werden sollen.
Kritiker des Projektes befürchten, dass durch die einhergehende Vertiefung der Fahrrinne, der Abholzung von mehreren Hektar Waldgebiet und den stark zunehmenden Güterverkehr auf der Insel Usedom ein unumkehrbarer Zeitenwechsel für die Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner unserer Gemeinde sowie der gesamten Insel Usedom auf polnischer und deutscher Seite mit dem Megaprojekt einhergeht.
Die Gemeinde setzt sich bereits seit Februar 2023 aktiv gegen den Bau des Terminals unter diesen Vorzeichen ein. Gemeinsam und geschlossen mit den anderen Bürgermeistern der Insel wurde zunächst auf politischer Ebene die unklaren Auswirkungen und mangelnden Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen kritisiert.
Unter der Federführung von Bürgermeisterin Frau Dr. Laura Isabelle Marisken wurden daneben seit 2023 grenzübergreifende Gespräche mit der polnischen Regierung und dem damaligen Stadtpräsidenten der Stadt Swinemünde, Herrn Janusz Zmurkiewicz, geführt. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Swinemünde und zwischen den Stadtoberhäuptern ist eng, kooperativ, freundschaftlich und mittlerweile zum Vorbild für viele andere Grenzstädte geworden. Dennoch war das Thema Containerhafen das einzige Investitionsprojekt, wo die Verwaltungsoberhäupter unterschiedlicher Meinung gewesen sind. „Wir haben über unsere unterschiedlichen Positionen immer offen und transparent gesprochen. Zu einer richtigen Freundschaft gehört Ehrlichkeit. Wir wollen beide das Beste für die Insel und haben bei der Ausformung dieser Vision unterschiedliche Vorstellungen. Wir sind uns aber beide absolut einig, dass die unterschiedliche Haltung in diesem einen Punkt keine Auswirkungen auf unsere tollen städtepartnerschaftlichen Beziehungen hat und alle anderen gemeinsamen Projekte weiter erfolgreich und gemeinsam geführt werden.“, so die Bürgermeisterin Frau Dr. Laura Isabelle Marisken zu den damals unterschiedlichen Positionen.
Auf diesem sehr diffizilen juristischen Weg im internationalen und polnischen Rechtsraum ist es der Gemeinde über ein Netzwerk von Umweltorganisationen, Journalisten und Übersetzern mittlerweile gelungen, bis zur Europäischen Kommission Gehör zu bekommen. „Der Erhalt der Insel Usedom für die Bewohnerinnen und Bewohner als lebenswerter und naturnaher Heimathafen hat für uns oberste Priorität. Die Insel kann nur wirksam geschützt werden, wenn das Vorhaben mitsamt aller negativen Auswirkungen betrachtet wird“, kommuniziert Frau Dr. Marisken. „Für uns ist wichtig, dass die nationalen und internationalen Vorgaben des Umweltschutzes zum Erhalt unseres Lebensraumes eingehalten werden. Das ist das erklärte Ziel unserer Bestrebungen. Der Staat Polen ist ein souveräner Staat und es steht uns nicht zu, dort ansonsten reinregieren zu wollen!“, so die Bürgermeisterin ergänzend.
Die Konstellation mutet teilweise als „David gegen Goliath“ an. Auf der einen Seite stehen die Interessen internationaler Großinvestoren und der polnischen Regierung. Auf der anderen Seite steht die im Vergleich sehr kleine Gemeinde Ostseebad Heringsdorf zusammen mit der Bürgerinitiative, die das Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner der Insel zum Erhalt der Natur- und Umweltbedingungen erhalten möchten.
Effektives Verwaltungshandeln ist das Gebot der Stunde. Mithilfe eines polnischen Fachanwaltes wurde durch die Gemeinde und die Bürgerinitiative „Lebensraum Vorpommern“ Widerspruch gegen das Bauverfahren in Polen erhoben. Mithilfe des Rechtsanwaltes konnten die über 6000 Seiten umfassenden Akten ausgewertet und die Befürchtungen, die Umweltbelange würden nicht hinreichend in die Abwägung der Entscheidungsträger einfließen, mit Fachexpertise untermauert werden.
Als im Mai 2024 dennoch ein Umweltbescheid zum Bau des Containerterminals erteilt wurde, erhob die Gemeinde Klage vor den polnischen Verwaltungsgerichten. „Die länderübergreifende Zusammenarbeit ist von größter Wichtigkeit auf unserer deutsch-polnischen Insel. Insofern war es gewiss kein leichter Schritt, den Rechtsweg nun beschreiten zu müssen. Wir beantragten zugleich, den Bau bis zur gerichtlichen Entscheidung auszusetzen.“, so die Bürgermeisterin Frau Dr. Laura Isabelle Marisken.
Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus.
Auch in der Stadt Swinemünde regt sich nunmehr deutliche Gegenwehr gegen das Bauprojekt. Die neu gewählte Stadtpräsidentin Joanna Agatowska, die Herrn Zmurkiewicz nach den Wahlen als Stadtoberhaut ablöste, äußerte sich mittlerweile wiederholt ebenso sehr kritisch dem Investitionsprojekt gegenüber. Sie kritisiert nunmehr ebenfalls, dass viele Vorschriften verletzt worden seien.
Am 09.07.2024 fand erstmals eine große öffentliche Stadtratssitzung in Swinemünde zu dem Thema statt, bei der auch unsere Bürgermeisterin und weitere Vertreter der Gemeinde anwesend waren. Während die Investoren die Vorzüge des Projektes schilderten und negative Auswirkungen auf Verkehr und Umwelt abstritten, sind von Swinemünder Seite ebenso Kritikpunkte formuliert worden. Im Rahmen des Projektes würden zum Beispiel naheliegende Strandabschnitte gesperrt und Naturschutzgebiete abgeholzt. Auch die Gefahr, bei den Bauarbeiten versunkene Munition aus dem zweiten Weltkrieg (Senfgas, Phosphor etc.) freizusetzen, sei bisher unzureichend berücksichtigt. Die Stadt Swinemünde bereitet aktuell einen Beschlussentwurf vor zur Position des Stadtrates zum Tiefwasser-Containerterminal. Dieser soll in der Stadtratssitzung von Swinemünde am 29.08.2024 beraten und beschlossen werden. Die Investoren möchten hingegen an dem Großprojekt weiter festhalten.
Über den weiteren Verfahrensgang halten wir Sie informiert.