In der Kita „Regenbogen“ in Zinnowitz, deren Träger das Institut Lernen und Leben e.V. ist, startete im Mai ein besonderes Projekt, das Kinder ermutigt, ihre Kreativität neu zu entdecken: die "spielzeugfreie Zeit". Für mehrere Wochen wurden klassische Spielsachen wie Bauklötze, Puppen oder Fahrzeuge bewusst aus den Gruppenräumen verbannt, um Raum für eigene Ideen und gemeinschaftliches Erleben zu schaffen.
„Mit diesem Projekt wollten wir unseren Kindern ermöglichen, die Umwelt und das eigene Spielen noch einmal neu zu entdecken. Denn es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, mit welcher Fantasie und Ausdauer sie eigene Ideen entwickeln.“, erklärt Einrichtungsleiter Stefan Hasselmann die Motivation für die spielzeugfreie Zeit.
Bereits vor dem Projektstart wurden sowohl Eltern als auch die Kinder über das neue Projekt informiert. Gemeinsam überlegten die Erzieherinnen und Erzieher mit ihren Gruppen, welches Spielzeug zuerst in den Urlaub geschickt und wie der Kita-Alltag stattdessen gestaltet werden soll. Dazu fand auch ein Ausflug in die Natur statt, bei dem zahlreiche Materialien zum Bauen und Basteln gesammelt wurden. Weitere Utensilien stellten die Eltern nach und nach bereit.
Schon wenige Tage nach Beginn der spielzeugfreien Zeit zeigte sich in ersten Gruppen, wie viel Kreativität und Forschergeist in den Kindern steckt. Anfangs war ein wenig Irritation spürbar – was machen wir denn nun den ganzen Tag ohne die gewohnten Spielsachen? Doch die wich schnell der Neugier und neuen Routinen. Aus leeren Kartons wurden Wohnungen gebaut, alte Tücher verwandelten sich in Bootssegel und ein paar Äste und Zweige dienten als Karosserie eines fantasievollen Gefährts. Die Kinder entwickelten gemeinsam Spielregeln, einigten sich im Gespräch und lernten, aufeinander Rücksicht zu nehmen. „Es war schön zu sehen, wie stolz die Kinder auf ihre eigenen Ideen waren.“, berichtet Susanne Seidel, Erzieherin und stellvertretende Einrichtungsleiterin der Kita Regenbogen. „Sie haben erlebt, dass sie selbst etwas erschaffen können – das stärkt ihr Selbstbewusstsein enorm.“
Auch wenn zunächst Unsicherheit bestand, ob das Projekt tatsächlich über mehrere Wochen durchgeführt werden kann, war für die Kinder auch nach sechs Wochen noch kein Ende in Sicht. „Spielzeugfreie Zeit ist die beste Zeit!“, lautete das Fazit einiger Kinder. Daher sollen insbesondere die Materialien im Außenbereich beibehalten und das Projekt im kommenden Jahr erneut durchgeführt werden. Für Hasselmann steht dazu der Erfahrungsaustausch im Fokus: „Wir haben fortlaufend im Team unsere Beobachtungen besprochen und möchten auch das Feedback der Eltern einbeziehen, um die spielzeugfreie Zeit optimiert fortzusetzen.“
Ziel der spielzeugfreien Zeit ist es, die Eigenaktivität der Kinder zu fördern. Ohne vorgefertigtes Spielzeug und Vorgaben der pädagogischen Fachkräfte entwickeln sie aus Alltags- und Naturmaterialien eigene Spiele. Auch soziale Kompetenzen, Konfliktlösung und Kommunikation im Mittelpunkt – die Kinder gestalten ihren Alltag gemeinsam, stärken ihre Selbstwirksamkeit und lernen, sich selbst zu beschäftigen und in der allgegenwärtigen Reizüberflutung zu fokussieren.