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Malchower Tageblatt
Ausgabe 12/2023
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Vor 100 Jahren geschah ein kaltblütiger Mord an einem verdienstvollen Polizisten in Malchow

Gendarmerie-Kommissar Friedrich Hildebrandt

Grabstelle auf dem Malchower Stadtfriedhof

Einweihungsveranstaltung am 13.11.1928

Inschrift vom Gedenkstein

Heutige Gedenksteinanlage in der Malchower Feldmark

Wer sich in Malchow in Richtung Nossentiner Hütte bewegt, findet rund einen Kilometer hinter dem alten Bahnhof auf der linken Seite einen Gedenkstein, der an das Schicksal des Kommissars Friedrich Hildebrandt erinnert.

Hildebrandt war Wachtmeister in der Landesgendarmerie, bevor er mit seiner Familie 1917 nach Malchow zog, um hier die Stelle des Gendarmerie-Kommissars anzutreten.

Er wurde als tüchtiger und pflichtbewusster Polizist geachtet. Umso größer war die Betroffenheit der Menschen in Malchow und Umgebung, als sie von der kaltblütigen Ermordung während seines Dienstes erfuhren. Er fuhr am 13.11.1923 schon morgens um 09:00 Uhr mit seinem Dienstfahrrad in Richtung Nossentiner Hütte. Da es erst kürzlich zu mehreren Einbrüchen durch polnische Schnitter in der Umgebung gekommen war, wurde Alarmbereitschaft in den Polizeistationen angeordnet. Als sich Hildebrandt ungefähr einen Kilometer hinter dem Bahnhof befand, sah er plötzlich zwei verdächtige Personen mit viel Gepäck beladen. Er sprach diese an und forderte die Ausweispapiere. Einen der beiden Verdächtigen wollte er nach Waffen abtasten. Daraufhin schrie sein Komplize, wir sind verloren, wenn du den Polizisten nicht erschießt. Ohne Vorwarnung zog dieser dann seine Pistole und schoss auf Hildebrandt, was auch sein Komplize tat. Der Polizist wurde in den Hals und dem Rücken getroffen, brach zusammen und lag leblos und blutüberströmt am Boden. Da nicht weit entfernt zwei Bürger auf einem Feld arbeiteten, hörten sie die Schüsse. Sie sahen zwei eilig flüchtende Personen. Als die beiden Malchower zur Stelle gelangten, wo der Polizeikommissar lag, transportierten sie den Schwerverletzten auf ihren Handwagen, um ihn zum Krankenhaus nach Malchow zu bringen. Die Tochter und die Frau von Herrn Hildebrandt erhielten schon bald die Nachricht, dass sie sofort ins Krankenhaus kommen sollten. Dort teilte man ihnen mit, dass er bereits verstorben ist. Sofort begann eine große Suchaktion, die leider ergebnislos verlief. An der Beisetzung am 17.11.1923 auf dem Malchower Stadtfriedhof bekundeten mehrere hundert Bürger ihre Anteilnahme. Die Grabstelle befindet sich heute noch in einem gepflegten Zustand.

Den beiden polnischen Mördern gelang trotz intensiver Verfolgung und Suche durch mehrere Polizeistationen und unzähliger freiwilliger Helfer ihre Flucht nach Polen.

Fünf Jahre nach der Ermordung von Friedrich Hildebrandt wurde zur Erinnerung an das Verbrechen und wegen seiner Verdienste im Polizeidienst ein Gedenkstein an der Mordstelle ca. 1 km hinter dem Bahnhof auf dem Eulitzberg errichtet. Die feierliche Einweihung fand am 13.11.1928 statt. Vor hunderten Besuchern wurde auf dieser denkwürdigen und feierlichen Veranstaltung auf einem auserlesenen Gedenksteins-Findling die eingelegte Tafel mit Inschrift in goldener Schrift sichtbar:

Obwohl inzwischen schon viele Jahre nach dem Polizistenmord vergangen waren, kam es 1931 endlich zur Verhaftung der gesuchten Mörder in Polen. Da der polnische Staat eine Auslieferung nach Deutschland nicht genehmigte, fand die Gerichtsverhandlung in Polen statt. Im Ergebnis des Prozesses kam es zu einem Eklat, denn die Mörder wurden freigesprochen mangels genügender Beweise. Diese Nachricht verursachte Entsetzen, Unverständnis und Zweifel an Gerechtigkeit und Sühne. So liefen viele Jahre nach einem Mord in Malchow zwei polnische Mörder in ihrem Land frei herum und wiegten sich in Sicherheit, weil auch Proteste aus Deutschland erfolglos blieben. Erst 18 Jahre später war dann im „Rostocker Anzeiger“ vom 13.06.1941 zu lesen: „Sühne nach 18 Jahren“. Nach dem faschistischen Überfall durch die deutsche Wehrmacht in Polen, wurden die beiden Mörder ergriffen, verhaftet und vor ein deutsches Gericht gestellt. Am 13.06.1941 kam es nach der Verhandlung beim Landgericht Güstrow zur Verurteilung der Täter zum Tode.

Wer sich heute die Malchower Gedenkanlage am Eulitzberg anschaut, wird den guten Zustand erkennen. Malchower ehren somit einen ihrer verdienstvollen Bürger. In Absprache mit der Inselstadt Malchow sowie der Nichte des verstorbenen Polizeikommissars Friedrich Hildebrandt hat Frau Irma Becker die Grabpflege auf dem Malchower Stadtfriedhof sowie am Gedenkstein in der Malchower Feldmark übernommen. Damit setzt sie die ehrenamtliche Tätigkeit ihres verstorbenen Mannes Wolfgang Becker fort.

Hiermit kann die Inselstadt Malchow auch über ein positives Beispiel im Umgang mit Denkmälern verweisen und erinnert an ein konkretes Kapitel der Malchower Stadtgeschichte. Schon wenige Jahre nach der Einweihung wurde die Gedenksteinanlage umgesetzt auf den heutigen Standort, weil Erweiterungsarbeiten bei der Reichsbahn anstanden. Der Quellen- und Fotonachweis befindet sich im Malchower Stadtarchiv.

Dieter Kurth
Arbeitskreis Stadtgeschichte