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Malchower Tageblatt
Ausgabe 13/2024
Rathausnotizen
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Rede zum Volkstrauertag

„Meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Malchowerinnen und Malchower,

für Ihr Erscheinen zum heutigen Volkstrauertag möchte ich Ihnen zunächst von Herzen danken!

Denn am heutigen Tag erinnern und gedenken wir wieder all jenen Menschen, die durch Kriege, durch Terror oder durch Verfolgung aufgrund ihrer Überzeugung, ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe oder aus einem anderen willkürlich gewählten Grund ihr Leben verloren haben.

Wir machen dies nicht einfach deshalb, weil es sich ebenso gehört. Nein, wir stehen hier an diesem Ort aus Überzeugung für ein mahnendes Gedenken vor den Auswirkungen von Krieg und Gewalt. Und indem wir uns heute, hier an diesem Ort versammelt haben, setzen wir ein aktives Zeichen gegen jede Form von Hass, der all zu oft in Gewalt überschlägt und damit letztlich zu Leid von Menschen führt. Die Blumengestecke und Blumenkränze die wir heute hier niederlegen, sind für dieses Mahnen und Erinnern Symbole, die den heutigen Tag überdauern werden.

Der Volkstrauertag blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. 1919 wurde er durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Reaktion auf die ca. 2 Millionen deutschen Gefallenen im Ersten Weltkrieg als Ausdruck der Solidarität mit den Hinterbliebenen begangen und war verbunden mit der Mahnung, dass solch ein Weltenbrand nie wieder geschehen dürfe.

Ab 1933 glorifizierten die Nationalsozialisten den Gedenktag zum Heldentag und verklärten den Soldatentod, während die DDR-Machthaber dann versuchten, diesen Tag als antiwestlichen Propagandatag der Arbeiterbewegung darzustellen.

Aber über all diese Bedeutungswandel hinweg hat sich eine Aussage erhalten, die den Volkstrauertag auch für unsere heutige Zeit anschlussfähig macht. 1922 hat der damalige Reichstagspräsident Paul Löbe diese Aussage wie folgt formuliert:

‚... Leiden zu lindern, Wunden zu heilen, aber auch Tote zu ehren, Verlorene zu beklagen, bedeutet Abkehr von Hass, bedeutet Hinkehr zur Liebe, und unsere Welt hat die Liebe not...‘

Die Abkehr von Hass scheint auch für unsere heutige Zeit eine zentrale Aufgabe zu sein, um den Frieden in unserer Gesellschaft zu erhalten. Wer die Nachrichten verfolgt, wird täglich mit Mitteilungen über Krieg und die Ausweitung extremer politischer oder gesellschaftlicher Meinungen konfrontiert. Da ist der Krieg in der Ukraine, der nicht erst seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar 2022 auf allen Seiten für Leid und Tod sorgt. Da ist der wieder aufgeflammte Krieg im Nahen Osten, unter dem vor allem Millionen Zivilisten auf allen Seiten leiden müssen. Da sind aber auch die vielen anderen, häufig unerwähnten Konflikte auf nahezu allen Kontinenten dieser Erde, die die Forderung nach Mäßigung und Frieden notwendiger denn je machen. Aber da sind auch der sich zunehmend ausweitende Nationalismus und politische Egoismus, die Kriege zwischen Staaten befördern und die Gesellschaft innerhalb eines Landes tief Spalten. Die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten bildet hierfür einen vorläufigen Höhepunkt.

Deutschland und Malchow scheinen von diesen Konflikten weit entfernt zu sein, aber dennoch betreffen sie uns unmittelbar. Steigende Preise oder die Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht sind Beispiele, die infolge der globalen Konflikte auch hierzulande für Unzufriedenheiten und Verunsicherung sorgen. Daraus entwickeln sich zunehmend gesellschaftliche und politische Gruppierungen, die sich vermeintlich unversöhnlich gegenüberstehen. Gewaltandrohungen und sogar Morde mussten wir in diesem Zusammenhang schon erleben.

Müssen wir angesichts dieser Fülle negativer Entwicklungen nun aber verzweifeln und die Hoffnung auf eine friedvollere Zukunft verlieren? Nein, ganz sicher nicht! Gerade wir, liebe Malchowerinnen und Malchower, zeigen jedes Jahr anlässlich unseres Volksfestes, dass wir grundsätzlich in der Lage zu einem friedvollen Miteinander sind. Jedes Jahr feiern wir unser Volksfest und richten unseren Blick auf eine Tradition, die uns verbindet. Alle persönlichen oder politischen Konflikte sind während dieser Zeit überwunden, weil wir uns auf die gemeinsame Freude fokussieren.

Lassen Sie uns daher dafür eintreten, dass wir unser Zusammenleben nicht auf das Trennende und Negative ausrichten. Lassen Sie uns das heutige Gedenken dafür nutzen, um für das Verbindende einzutreten, sodass wir die Gedanken an Versöhnung und Verständigung in den Vordergrund rücken. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!“

Michael Meyer