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Malchower Tageblatt
Ausgabe 2/2024
Rathausnotizen
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Rede des Präsidenten der Stadtvertretung zum Neujahrsempfang

Liebe Malchowerinnen und Malchower,

liebe Gäste, liebe Freunde,

vorab möchte ich schon einmal Frau Kaul von der Kreismusikschule danken, dass Sie auch heute wieder die Moderation übernommen hat. Und im gleichen Atemzug auch vielen Dank an ihre Schützlinge, die Kinder und Jugendlichen der Kreismusikschule, die hier wieder für die musikalische Untermalung sorgen. Ihr macht das wie immer toll!

Wieder einmal liegt ein ereignisreiches Jahr hinter uns und ich darf Sie alle nun zu unserem traditionellen Neujahrsgespräch ganz herzlich begrüßen. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam den Blick zurück, vor allem aber auch voraus zu richten.

(…)

Neben meiner Begrüßung möchte ich aber auch heute wieder ein paar persönliche Gedanken mit Ihnen teilen. Wie üblich werde ich mich dabei gerne kurz halten, um zum einen nicht Ihre Geduld überzustrapazieren und zum anderen auch unseren Bürgermeister noch ausreichend zu Wort kommen zu lassen. Denn die Entwicklung Malchows, die Herr Putzar sicher wieder zum Thema seiner Ausführungen machen wird, soll schließlich im Vordergrund unseres heutigen Zusammenseins stehen.

Im vergangenen Jahr stand ich an dieser Stelle vor Ihnen und habe Ihnen von meiner Sorge über die allgemeine Entwicklung unserer Gesellschaft berichtet: Kriege, Klimawandel, zunehmende soziale Ungleichheit, Vertrauensverlust… Sie erinnern sich sicher. Die gleichen Gedanken könnte ich auch heute wieder mit Ihnen teilen, denn geändert hat sich insoweit traurigerweise nichts - eher wohl im Gegenteil. (…)

Statt die noch immer drängenden weltpolitischen und gesellschaftlichen Themen nun vergeblich erneut aufzugreifen, möchte ich heute den Blick vor allem auf unsere Stadt richten. Auch hier wird die Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts zunehmend relevant. Von Vertrauensverlust möchte ich dabei allerdings noch nicht sprechen. Gerade erst vor einigen Monaten ist Herr Putzar mit einer sehr deutlichen Mehrheit von den Einwohnerinnen und Einwohnern Malchows wiedergewählt worden und sein Wahlergebnis von immerhin stolzen 61 % dürfte wohl eher ein Vertrauensbeweis als alles andere sein.

Dennoch werde ich zunehmend von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen oder angeschrieben, die grundsätzlich Zweifel an der kommunalen Politik zum Ausdruck bringen. Und allzu oft geht es dabei gar nicht so sehr um Sachthemen, sondern um die Art und Weise der politischen Auseinandersetzung. Zunächst gebe ich darauf üblicherweise zu bedenken, dass das nach außen wahrgenommene Bild mit den tatsächlichen Gegebenheiten vielleicht nur bedingt übereinstimmt. Und auch hier und heute möchte ich nochmal eine Lanze brechen für die aus meiner Sicht grundsätzlich funktionierende Zusammenarbeit zwischen der Kernverwaltung, der Stadtvertretung und den übrigen kommunalen Institutionen, wie den Ausschüssen, dem Aufsichtsrat der Wobau, den Stadtwerken usw.

Ein großer Teil der kommunalpolitischen Arbeit findet nämlich – obwohl er grundsätzlich öffentlich ist – leider nur mit sehr geringer Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Und nicht immer zeichnet die Berichterstattung Einzelner im Nachhinein ein objektives Bild des Geschehens. Dabei möchte ich mich persönlich gar nicht ausnehmen. Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass jeder einen etwas anderen Eindruck hat und wiedergibt, ohne dass darin gleich die Absicht von Fehlinformation liegt. Und natürlich muss man wohl auch berücksichtigen, dass streitige Punkte schlicht interessanter sind, auf größeres Echo stoßen und daher bevorzugt weitergegeben werden als die vielfach unspannende Einigkeit.

Eine mögliche Lösung für dieses Problem der öffentlichen Wahrnehmung liegt sicher in größerer Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den kommunalpolitischen Entscheidungsfindungen. Einerseits kann das durch noch größere Transparenz und Information erfolgen, wie z. B. durch die zeitnahe Bereitstellung von Beschlussvorlagen und Sitzungsprotokollen in einem übersichtlichen, vollständigen und auch aktuellen Ratsinformationssystem. Andererseits könnten aber vielleicht auch viele Sitzungen der Gremien und Informationsveranstaltungen auch generell einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Ich denke hier insbesondere z. B. an die Übertragung von Livestreams über das Internet – eine Möglichkeit, die auch anderweitige Vorteile bietet, wie die Pandemie gezeigt hat.

So oder so ist die demokratische, kommunalpolitische Arbeit aber darauf angewiesen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger auch von sich aus selbst aktiv einbringen. Ich möchte daher ausdrücklich um Sie alle werben, dass Sie Interesse an unserer Stadt zeigen, immer wieder deutlich machen, wo aus Ihrer Sicht Probleme liegen und sich bestenfalls sogar mit konkreten Lösungsvorschlägen oder gar langfristig im Ehrenamt einbringen.

Ich habe mir mal etwas Zeit genommen und die Sitzungsniederschriften der Stadtvertretung in den letzten Jahren durchgesehen. Im Ergebnis konnte ich feststellen, dass ein großer Teil der Beschlüsse einstimmig gefasst worden ist und mehr als 80 % der von der Verwaltung eingebrachten Vorlagen sind mit mindestens einer Dreiviertelmehrheit beschlossen worden. Der nach außen entstandene Eindruck von Uneinigkeit oder gar Zerstrittenheit wird also durch objektive Tatsachen eindeutig widerlegt.

Vielleicht entsteht dieser Eindruck aber auch bereits dadurch, dass etliche Sachvorlagen zumindest ausgiebig und teilweise sehr kontrovers diskutiert werden, bevor sie dann letztlich doch von einer übergroßen Mehrheit oder gar einstimmig befürwortet werden, weil sich letztendlich zeigt, dass der tatsächliche politische Entscheidungsspielraum deutlich geringer ausfällt, als auf den ersten Blick ersichtlich war.

Der mitunter umständlich und manchem vielleicht sogar sinnfrei erscheinende Diskussions- und Meinungsaustauschprozess ist aber gerade einer der wichtigsten Merkmale unseres demokratischen Systems. Er trägt dazu bei, dass möglichst viele Ansichten, insbesondere wenn es sich um Ansichten von Minderheiten handelt, dennoch Eingang und Berücksichtigung in den Entscheidungsprozess finden. Bei der Demokratie geht es entgegen einer oberflächlichen Betrachtung im Kern schließlich nicht darum, dass die Mehrheit entscheidet, sondern dass bei dieser Entscheidung die Rechte der Unterliegenden, also der Minderheit gewahrt bleiben.

Und an dieser Stelle – so räume ich ein – gibt es tatsächlich auch in Malchow „noch Luft nach oben“. Sei es nun beim Austausch in den sozialen Medien oder in den politischen Gremien, so stünde es wohl uns allen gut zu Gesicht, andere Meinungen öfter mal schlicht zu akzeptieren. Das heißt nicht etwa, andere Meinungen nicht zu hinterfragen, nicht dagegen zu argumentieren oder sie gar übernehmen zu müssen. Den jeweils anderen aber zumindest anzuhören, ausreden zu lassen und nicht auf der persönlichen Ebene anzugreifen, sollte in jedem Fall aber gemeinsamer Konsens sein.

Umgekehrt gilt dann aber auch – und das möchte ich ebenfalls sehr deutlich sagen – dass einmal mehrheitlich demokratisch getroffene Entscheidungen akzeptiert werden sollten, auch wenn Sie gerade nicht die eigene Meinung im Detail wiedergeben oder ihr sogar diametral entgegenlaufen. Der gemeinsamen Arbeit an der Zukunft unserer Stadt ist es sicherlich nicht zuträglich, wenn ohne sachliche Gründe einmal getroffenen Entscheidungen immer wieder in Frage gestellt oder angegriffen werden. Letztlich werden dadurch nicht nur finanzielle und erhebliche zeitliche Ressourcen vergeudet, sondern vor allem auch das Ehrenamt und das bürgerliche Engagement zusätzlich unattraktiv gestaltet.

Ich möchte Sie daher einladen, einladen zu etwas Gelassenheit in der politischen Auseinandersetzung mit anderen Ansichten und vielleicht auch noch ein klein wenig mehr Toleranz. Wie Sie vielleicht wissen, stammt das Wort Toleranz von lateinischen „tolerare“, das wörtlich soviel bedeutet wie ertragen. Ein Begriff der hier sehr gut zu passen scheint. Ertragen wir alle einfach ein wenig mehr Meinung und der Zusammenhalt, die Zusammenarbeit in unserer Stadt wird sich sicher auch nach außen erkennbar verbessern. Schließen teilen wir alle – und davon bin ich nach wie vor felsenfest überzeugt – ein gemeinsames Ziel: das Wohl und das Vorankommen unserer kleinen Inselstadt Malchow.

Lassen Sie mich abschließend noch kurz erklären, warum ich gerade heute diese Thematik aufgegriffen habe. In etwa einem halben Jahr stehen in unserem Land die Kommunalwahlen an. Und so hoffe ich, dass einige sich dann noch an meine heutigen Worte erinnern und auch im anstehenden Wahlkampf vielleicht das ein oder andere Mal einfach ertragen statt zu erwidern.

Und falls Sie mir persönlich sogar die Möglichkeit geben, auch im Rahmen des nächsten Neujahrsgesprächs wieder zu Ihnen sprechen zu dürfen, kann ich sagen, dass ich heute zumindest nicht ganz umsonst vor Ihnen gestanden habe.

Nun bedanke ich mich aber für Ihre Aufmerksamkeit wünsche uns allen noch eine schöne und interessante weitere Veranstaltung und Ihnen allen natürlich ein erfolgreiches, gesundes und vor allem glückliches neues Jahr!

Rickert Reeps