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Malchower Tageblatt
Ausgabe 4/2023
Rathausnotizen
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Auszug aus der Rede des Bürgermeisters zum Neujahrsempfang 2023

Teil 3

Liebe Malchowerinnen und Malchower, liebe Leserinnen und Leser,

in den letzten Ausgaben konnten Sie lesen, was in den letzten Jahren geschaffen wurde, was wir gemeinsam geschafft haben und was wir für dieses Jahr vorhaben.

Natürlich nicht, ohne auch ganz offen zu erklären, dass wir manche Dinge noch verbessern müssen und noch viel Arbeit vor uns liegt, da eine Stadt nie fertig sein wird.

Gerade der Zustand der Straßen und Gehwege ist absolut unbefriedigend und wir werden noch im Frühjahr die Sanierung fortsetzen. Aber, es ist doch schon viel geschehen und ich begann mit den Worten von Marie Curie:

Man merkt nie, was schon getan wurde, man sieht immer nur, was noch zu tun bleibt.

Heute können Sie im 3. Teil der Rede nachlesen:

Was wir gelernt haben…

An dieser Stelle teile ich Ihnen gerne mit, was wir in den letzten Jahren gelernt haben, was wir erlebt haben, worüber ich manchmal nur den Kopf schütteln kann.

Ein bisschen Selbstironie ist beabsichtigt, denn natürlich sind auch wir nicht fehlerfrei und lernen gern aus den kleinen Pannen. Sicher erinnern Sie sich noch an das Schlafzimmer der Turmeulen oder die Verkehrszählanlage, die bei 50.000 Fahrzeugen aufhört zu zählen.

In Zeiten von Krieg, Not, Vertreibung, Preistreiberei und Corona nicht nur Ernstes zu berichten, ist eine Gratwanderung. Das Lachen nicht zu verlernen, ist jedoch sehr wichtig und heißt nicht, dass wir die aktuelle weltpolitische Situation nicht einschätzen können. Aber es gibt den Alltag und das Leben vor Ort und das hat trotz allem auch komische Seiten.

Die Weisheit des Schweigens

Wollten wir in der Verwaltung, oder ich persönlich, auf jeden Köder beißen, zu jedem geistigen Erguss unterhalb der Gürtellinie und zu jedem Thema Stellung beziehen, kämen wir nicht mehr zum Arbeiten und würden das Wesentliche, die Entwicklung unserer Stadt, aus den Augen verlieren. Da der Wahrheitsgehalt vieler „Posts auf den sozialen Medien“ ohnehin oft fraglich ist, hoffe ich persönlich immer noch, dass die meisten Leser das durchschauen und auf Reaktionen unsererseits verzichten können.

Das umfasst auch die Themen, die ich heute anspreche. Ich habe gelernt, dass jedes meiner Worte auf die Goldwaage gelegt wird und nicht nur das, es wird so lange an meinen Aussagen gebogen, bis man sich hoffentlich gegen mich verwenden kann. Auch jede meiner Handlungen besonders kritisch hinterfragt, das gehört wohl zu meinem Job. Aber:
Was macht das mit einem? Nun ich bin vorsichtiger mit den Themen, die ich anspreche, lasse mir aber trotzdem meine positive Lebenseinstellung nicht vermiesen. Für heute heißt das wohl, es wird nicht ganz so lustig und weniger lang, dennoch bitte ich Sie, das Folgende nicht zu ernst zu nehmen.

Das papierlose Büro

Der Gesetzgeber möchte, dass alles digital wird. Am besten sofort. Doch, wie so oft, werden Gesetze dort entwickelt, wo die Praxis weit entfernt ist.

Das bedeutet, alles wird schnellstmöglich automatisiert und Papier gehört ab sofort der Vergangenheit an.

Also bald, - oder in Zukunft, - naja, irgendwann, ganz bestimmt, irgendwann.

Vor allem wird auch immer argumentiert, sparen wir dadurch. In der jüngeren Vergangenheit habe ich davon noch nicht viel gemerkt.

Ich persönlich bin ein Befürworter des Papiers. Ich brauche etwas in der Hand. Selbst wenn ich etwas am PC mehrmals lese und dann der Meinung bin, es ist fehlerfrei, drucke ich es aus und was finde ich, einen Buchstabendreher oder etwas anderes, was mir am PC nicht aufgefallen ist. So geht es vielen und darum ist unser Papierverbrauch nicht gesunken. Vielmehr haben wir nun Geld ausgegeben für Digitalisierung und für Papier.

Für die elektronischen Rechnungen, die der Gesetzgeber auch fordert, bedeutet das zum Beispiel, dass wir eine extra E-Mail haben, das ist Vorschrift. So weit so gut.

Nur, diese E-Rechnung kann man aus der E-Mail nicht direkt in das Haushaltsprogramm integrieren, um sie dort zu verarbeiten.

Das geht anderen übrigens ebenfalls so und ist eine technische Herausforderung.

Wir drucken sie, scannen sie dann wieder ein und verarbeiten sie dann.

Darum glaube ich dem Softwareentwickler unseres Ratsmanagementsystems und zitiere ihn hier einmal.
„Reine, papierlose Büros wird es erst dann geben, wenn es auch nur noch papierlose Toiletten gibt.“

Alles ist relativ

Im Zuge der Diskussion um Standorte für Windräder in und um Malchow, war ein Argument, das genutzt wurde: - Als früher die Windmühlen gebaut wurden, war es für die Bewohner sicher auch gewöhnungsbedürftig, diese zu sehen. Anders ist das auch nicht bei Windrädern, die bis zu 300 Meter hoch sind, da würde man sich schon dran gewöhnen. - Man muss kein Mathegenie sein, um zu erkennen, dass ein Größenverhältnis von sagen wir mal 15 Metern zu 300 Metern wohl einem Vergleich nicht standhält. Während die neuen Windräder mehr als 20 km weit zu sehen sind, sehen wir die Windmühlen von Malchow kaum, da sie nur wenig über die Firstlinien der Häuser reichen, kleiner als Bäume sind und in der hügeligen Landschaft untergehen. Aber, alles ist relativ und wie so oft ist manchem offensichtlich kein Argument zu weit hergeholt.

Nichtsdestotrotz müssen und wollen auch wir in Malchow einen Beitrag leisten, aber mit Sinn und Verstand.

Respekt vor öffentlichem Eigentum

Nichts scheint einigen Jugendlichen heilig, zumindest könnte man den Eindruck bekommen, wenn man sich die Schmierereien an den Bänken der Promenade und an den Kletterfelsen des Strandbades ansieht. Es hat keine zwei Tage gedauert, da waren Fanbekundungen, Liebeserklärungen und Runen auf die Lehnen und Sitzflächen gemalt. Gleiches passiert regelmäßig mit den Friedhofsmauern und dem Denkmal auf den Anlagen oder den Toiletten am Bahnhof. Warum?

Wenn ich da an mich denke, ich bin mit viel Respekt vor fremdem und eigenem Eigentum erzogen worden, käme gar nicht auf die Idee. Aber, was hilft?

Wir müssen Alternativen bieten, die Jugend beschäftigen, ihren Tatendrang in Kanäle bringen, die sinnvoll sind, daran müssen wir arbeiten. Darum wollen wir z. Bsp. den Jugendclub wieder aktivieren, es findet sich nur leider seit über drei Jahren niemand, der diese Stelle haben will.

Dass es besser geht, zeigt unser Jugendparlament. Die Schüler haben für den sogenannten „Bunker“ auf dem Schulhof im Rahmen eines großen Projektes gemeinsam mit anderen Jugendlichen Entwürfe gemacht und mit Profis dann in einen toll gestaltete Pausenüberdachung umgestaltet.

Malchow ist schöner

Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, regelmäßig durch Malchow zu fahren. Das brauche ich als Ausgleich für meine Seele, wenn der Stress auf Arbeit mal wieder sehr hoch ist.

Ich fahre dann durch das „Lager oder Westsiedlung“, fahre am Spielplatz auf den Anlagen vorbei über die Insel zum Kloster, durch die August Bebel Straße und die Strandstraße zum Strand oder ich fahre entlang an der Schulstraße und sehe mir das Schulgelände an und ich besuche unseren Hort. Malchow ist schöner, das habe ich gelernt. Ich bin stolz darauf hier zu wohnen, hier zu leben und hier zu arbeiten. Es gibt für mich keinen schöneren Platz auf der Welt als unser Malchow und auch der Unsinn einiger Jugendlicher kann das nicht ändern.

Und ich verschließe auch nicht die Augen vor den Aufgaben, die noch vor uns liegen, die ich erledigen will. Löcher in den Straßen, holperige Gehwege, Ruinen in der Güstrower Straße oder der Bergstraße.

Aber: Wenn ich mir Malchow ansehe, dann erkenne ich: Man merkt schon, was getan wurde, wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht und sich an schönen Dingen erfreuen kann.
Und ja, man sieht natürlich auch, was noch zu tun bleibt…

René Putzar
Ihr Bürgermeister