Wir empfangen Gäste der Gedenkstätte Wöbbelin zu einem besonderen Konzert in der Hofstube der Burg
Silke Schulz, Stadtpräsidentin der Stadt Neustadt-Glewe
Olaf Steinberg, Kreistagspräsident des Landkreises Ludwigslust-Parchim
Mariia Boidenko, Flüchtlingsmädchen aus der Ukraine am Klavier
Sebastian Molano, Querflöte
Johannes Witt und Christian Krüger spielen ihre Trompeten an den ehemaligen Häftlingsbaracken- symbolisch für die Stimmen der Frauen, Mädchen und Kinder
Schülerinnen und Schüler der Karl-Scharfenberg senden ihre Wünsche für eine friedvolle Zukunft in den Himmel
Pfarrer Thomas Hoffmann, Katholische Pfarrei Heilige Edith Stein Ludwigslust
Gedenken auf dem Städtischen Friedhof - letzte Ruhestätte zahlreicher Häftlingsfrauen, -mädchen und -kinder
Regisseur Martin Gressmann und Carmen Lange, Leiterin der Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald, im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der Karl-Scharfenberg-Schule Neustadt-Glewe und ihrer Direktorin Frau Ott
Es spielt das Klaviertrio der Johann Matthias Sperger Musikschule Ludwigslust-Parchim, Irina Matjakin, Inna Kampka und Ruprecht Bassarak
Am 02. Mai 1945 öffnen französische Kriegsgefangene die Tore des Außenlagers Neustadt-Glewe des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück.
Halina Olomucka, ehemalige Häftlingsfrau, schreibt wenige Jahre später.
„Die Zeit vergeht … Furchtsam, abenteuerlich gehe ich nach draußen.
Ich verlasse den stachligen Drahtzaun,
den Schatten, den Tod. Ich verlasse alles
was so viele Monate, so viele Jahre ein Teil meines
Überlebens war.
Alles verschmilzt in einem grauen Nebel.
Mit normalem Tritt und Schritt bin ich zunächst
unfähig zu begreifen,
daß ich gehen kann wo ich will.
Ich warte immer auf die Schläge und das Heulen
der Deutschen
Ich entferne mich vom Lager und dem Geruch des
Todes.
Langsam trete ich ins Licht hinein.
…….
Nach und nach begreife ich was mich umgibt: Keine Mauer, keine Stacheldrähte, nichts. Nichts, nur die Felder und der Himmel. Ich meine, schon jahrelang habe ich nicht so einen Himmel mehr gesehen.
… Ein so großes Stück vom Himmel …“
Am 02. Mai 2023, 78 Jahre nach der Befreiung tausender überlebender Häftlingsfrauen, Häftlingsmädchen und Häftlingskinder -
Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Karl-Scharfenberg-Schule, mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Politikerinnen und Politikern, gedenken wir den Opfern des grausamen Geschehens an diesem Ort.
Filmvorführung „Nicht verRecken“
Regisseur Martin Gressmann folgt den Hauptrouten der Todesmärsche durch Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. In seinem Film lässt er die letzten, heute noch lebenden Zeitzeugen zu Wort kommen.
„Warum diese Rückschau heute, nach über 50 Jahren? Warum vor allem unser Wille, die Erinnerung lebendig zu halten? Wäre nicht auch der Wunsch verständlich, Gewesenes zu vergessen, die Wunden vernarben und die Toten ruhen zu lassen? Tatsächlich könnte heute das Vergessen eintreten; denn Zeitzeugen sterben, und immer weniger Opfer können das Grauen des Erlittenen persönlich weitertragen. Geschichte verblaßt schnell, wenn sie nicht Teil des eigenen Erlebens war.
Deshalb geht es darum, aus der Erinnerung immer wieder lebendige Zukunft werden zu lassen. Wir wollen nicht unser Entsetzen konservieren. Wir wollen Lehren ziehen, die auch künftigen Generationen Orientierung sind.
Dieses Gedenken ist nicht als ein in die Zukunft wirkendes Schuldbekenntnis gemeint. Schuld ist immer höchstpersönlich, ebenso wie Vergebung. Sie vererbt sich nicht. Aber die künftige Verantwortung der Deutschen für das "Nie wieder!" ist besonders groß, weil sich früher viele Deutsche schuldig gemacht haben. Es ist wahr, daß sich Geschichte nicht wiederholt. Aber ebenso wahr ist, daß Geschichte die Voraussetzung der Gegenwart ist und daß der Umgang mit der Geschichte damit auch zum Fundament der Zukunft wird.
…...
Würden wir uns ein Auslöschen dieser Erinnerung wünschen, dann wären wir selbst die ersten Opfer einer Selbsttäuschung. Denn es ist vor allem unser Interesse, aus der Erinnerung zu lernen. Die Erinnerung gibt uns Kraft, weil sie Irrwege vermeiden hilft.“
Aus der Ansprache von Bundespräsident Roman Herzog zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus im Deutschen Bundestag, 19. Januar 1996
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