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Neustädter Anzeiger
Ausgabe 7/2023
Vereine und Verbände
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Kultur- und Heimatverein e. V. - 130 Jahre alte Puppe

Eine „alte Neustädter Dame” zeigt sich wieder - oder Puppe „Anna” schreibt eine über 130-jährige Familiengeschichte

Es muss Weihnachten 1886 gewesen sein, als Großmutter Rieland ihrer gerade zur Vollwaise gewordenen Enkelin Anna Laß ein einzigartiges Geschenk machte. Anna bekam eine Puppe, die zu der damaligen Zeit etwas Besonderes war; verfügte sie doch über einen Lederbalg, einen Porzellankopf mit beweglichen Augenliedern, echten Haaren und Augenwimpern. Die Arme und Beine waren mit Gelenken versehen und beim Hinlegen konnte Anna schon “Mama” rufen. Was heute vielen als normal oder selbstverständlich erscheinen mag, war vor über hundertdreißig Jahren ungeheuer viel. Dem entsprechend wurde die Puppe auch geehrt und geachtet.

Das Familienfoto aus dem Spätsommer 1886 zeigt die 5-jährige Anna Laß mit ihren Eltern Wilhelm Johann Laß und Dorothea Sophie Laß geb. Rieland und ihrem kleineren Bruder Wilhelm Laß. Diese Aufnahme ist mit eins der ersten Bilder, das im Fotografenatelier A. Burow in Neustadt i.M. in der Ludwigsluster Str. 328 (5) angefertigt wurde. (Der Hintergrund mit den Säulen war bis in die 1950er Jahre dort im Laden vorhanden.)

Als Anna Laß 1902 in Neustadt-Glewe den Bahnspediteur Heinrich Saß heiratete, begleitete die Puppe den Weg der neu gegründeten Familie. Ein paar Jahre später kam sie in die Obhut der ältesten Tochter Marie. Als Marie Saß dann 1932 den Parchimer Milchhändler Paul Scharkowski heiratete, zog Anna mit nach Parchim um und erhielt dort zunächst für viele Jahre einen Ehrenplatz auf dem Ehebett.

Erst Anfang der 1940er Jahre konnte Tochter Ingrid dann mit der Puppe spielen, was letztendlich aber in einer Notreparatur bei “Puppendoktor” Odermark und später dann mit der Lagerung auf dem Dachboden unter „Gerümpel“ endete.

Hier fand der Lehrer Willi Scharkowski Anna und übergab sie Anfang der 1990er Jahre dem Stadtmuseum Parchim.

Nun 30 Jahre später zeigt das Museum Parchim in der neu gestalteten Dauerausstellung in der Kulturmühle Parchim die über 130 Jahre “alte” Anna und diese strahlt dort heute immer noch etwas Besonderes aus.