Die Häufung von Rissen von Wildtieren durch Wölfe in der Gemarkung Slate gibt uns Anlass, etwas über die derzeitige Situation anzumerken.
Der Wolf galt in Deutschland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts als ausgerottet. Bis 1990 war es legitim, aus Richtung Osten eingewanderte Tiere zu erlegen, was auch geschah. Seit 1990 genießt der Wolf gesetzlichen Schutz. Anders als in anderen Ländern (z. B. Schweden) darf der Wolf bei uns nicht bejagt werden. Nach Einwanderung von Wölfen im Jahr 1998 in die Muskauer Heide (Sachsen) erblickten dort nach mehr als hundertjähriger Abwesenheit die ersten Welpen das Licht der Welt. Fortan breiten sich die Wölfe in Deutschland aus. In unserem Bundesland wurde der erste Wolf 2006 gesichtet. Die erste Reproduktion erfolgte dann 2014 in der Lübtheener Heide. Den ersten belastbaren Nachweis für die Anwesenheit eines Wolfes im Parchimer Forst registrierten wir am 31.01.2017. Bei Schneelage war eine Wolfsfährte von Spornitz durch Landes- und Stadtforst über Kiekindemark weiter durch den Stadtforst bis ins Siggelkower Revier zu verfolgen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) geht derzeit davon aus, dass 2022 in Deutschland inzwischen 161 Wolfsrudel, dazu 43 Paare sowie 21 territoriale Einzeltiere lebten. Für MV werden 18 Rudel, 6 Paare und 4 Einzeltiere angegeben. Rudelgrößen können schwanken. Man kann wohl mindestens von 1600 Stück für Deutschland (Fläche 357.093 km², 84,3 Mill. EW) und von 160 Stück für MV ausgehen (schwankende, höhere Angaben aus verschiedenen Quellen). Zum Vergleich: In ganz Schweden (447.430 km², 10,6 Mill. EW) leben etwa 400 Stück, 300 sind als Zielbestand definiert.
Wir nehmen den Wolf im Stadtforst vermehrt war. Es werden Risse von Rehen und Rotwild sowie Fährten und Losung (Exkremente) gefunden. Fast jeder der Stadtforstjäger hatte Isegrim schon im Anblick. Eine Sichtung von drei jungen Tieren in jüngerer Zeit ereignete sich in den Slater Tannen am13.04.2023. Ernste Zwischenfälle bei Begegnungen mit Waldbesuchern oder bei der Jagd im Stadtforst sind uns bis jetzt nicht bekannt. Für den Raum Parchim ist übrigens ein Rudel bestätigt. Ein erster Nachweis von Welpen durch eine Wildkamera gelang am 01.09.2021 am Dorfrand von Tessenow. Weitere Rudel in unserer Nähe sind im Raum Grabow sowie für Retzow-Jännersdorf bekannt. Die Jäger gehen von mindesten zehn Tieren aus, die sich allein in den Wäldern südlich von Parchim aufhalten. Die gehäuften Risse am ASP-Zaun sind also nicht die Folge des Zaunes, sondern weil Wölfe gegenwärtig sind! Immerhin hat ein ausgewachsener Wolf einen Nahrungsbedarf von bis zu 4 kg Fleisch täglich. Das bedeutet, er reißt pro Jahr etwa 60 Rehe oder 16 Stück Rotwild, ob mit oder ohne ASP-Zaun.
Grundsätzlich ist die Rückkehr der Wölfe als großer Erfolg des Artenschutzes zu werten. Er stellt eine Bereicherung der heimischen Fauna dar. Dass er leider seinen Hunger nicht nur in der Wildbahn stillt, ist die Kehrseite der Medaille. So gibt das BMUV für 2021 für Deutschland auch 3374 Nutztierrisse an. Um mögliche Konflikte zwischen den Menschen und den Wölfen auszugleichen, gibt es in unserem Bundesland seit 2010 einen Wolfmanagementplan. Präventionsmaßnahmen, Entschädigungen, Umgang mit auffälligen Tieren, Informations- und Handlungsketten u. a. m. sind dort umfassend geregelt.
Wir beobachten unterdessen gespannt die weitere Entwicklung des Wolfes. Immerhin hat der Wolf eine Vermehrungsrate von 30 % jährlich, d. h. der Bestand wächst ohne Regulierung weiter an.