Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter,
die Rückübertragung des städtischen Waldeigentums nach der Wiedervereinigung Deutschlands lag im Jahr 2023 dreißig Jahre zurück. Wir haben das Jubiläum zum Anlass genommen, mit einigen Veröffentlichungen im Mitteilungsblatt „Uns Pütt“ über aktuelle und interessante Themen aus und über unseren Forst zu berichten. Sicher haben Sie diese aufmerksam verfolgt. Wir haben Ihnen auch die Möglichkeit gegeben, den Forstbericht für das Jahr 2022 anlässlich einer Exkursion einmal am Objekt zu erleben, denn um es mit Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil (Forstwissenschaftler 1783 bis 1859) zu sagen: „Der Mangel an Beobachtung kann durch bloße Spekulation nie ersetzt werden.“-
Dreißig Jahre Bewirtschaftung des städtischen Forstes geben Anlass zu einem Rückblick. Maßgeblichen Einfluss bei der Richtungsfindung während und nach der Rückübertragung übte der Oberförster Erhard Bach aus. Dem kürzlich verstorbenen gilt heute unser Respekt und unsere uneingeschränkte Anerkennung. Nicht zuletzt dank seiner Person ruhte die Behandlung des Parchimer Stadtforstes auf einem forstfachlichen Fundament, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Entscheidungen erfolgten stets zum Wohle des Forstes und der Stadt Parchim.
In drei Jahrzehnten lief nicht alles reibungslos. Schon im ersten Jahr 1993 wurden mehr als 20.000 Festmeter Holz eingeschlagen, die überwiegend aus den Stürmen Anfang der neunziger Jahre und der folgenden Borkenkäferkalamität herrührten. Schadereignisse begleiteten uns in den Folgejahren bis heute. Die Unannehmlichkeiten der CORONA-Pandemie und auch die der ASP mussten gemeistert werden. Viele Forstberichte wurden vor dem Parlament der Stadt gehalten. Doch ist es heute auch der Wald selbst, der Ihnen Auskunft geben kann: „Frag die Bäume, wie sie erzogen sein wollen, sie werden Euch besser darüber belehren, als es die Bücher tun“ – nochmals Pfeil. Z.B.
Auskunft über den Zustand des Forstes geben aber auch die drei Forsteinrichtungen (2001, 2011, 2021). Die Auswertungen belegen, dass trotz hohen Schadholzanfalls, der Hiebssatz in den Einrichtungszeiträumen eingehalten wurde. Die Ergebnisse zeugen von einem anhaltend hohen Zuwachs, gestiegenem Vorrat, höherem Durchschnittsalter der Bäume, einem Flächenzuwachs und einem gestiegenen Laubholzanteil. Neben der Sicherung aller Waldfunktionen, als Hauptziel der Bewirtschaftung, wurde durch das SG Forst eine Kostendeckung in der Waldbewirtschaftung angestrebt. Die Haupteinnahmequelle bildet dabei der Holzverkauf. Hier war man stets um regionalen Absatz an heimische Holz-Verarbeiter und die Versorgung der Bürger, in besonderem Maße der Parchimer, bemüht. Erwirtschaftete Mittel wurden wieder in den Forst investiert z. B. für seine Verjüngung, die Walderschließung, die Verkehrssicherung und die Gesunderhaltung des Waldes. Es gab Jahre mit einem Gewinn, aber auch solche, in denen ein Zuschussbedarf gegeben war. Insgesamt hat der Wald sich aber über die Jahre finanziell selbst getragen.
Das erwirtschaftete Geld diente neben der Finanzierung der genannten Aufgaben auch dazu, dem Naturschutz zu dienen. Hier sei an die Ökokonto-Maßnahmen erinnert, die jährlich zu leisten sind. Neben dem Vertragsnaturschutz laufen aber auch jährlich freiwillige Maßnahmen zur Biotop- und Landschaftspflege sowie zum Artenschutz. Das können wir uns leisten, weil der Wald bewirtschaftet wird. Daneben ist in unserem Stadtforst aber auch Raum für eine Null-Nutzung von Waldflächen: auf knapp fünf Prozent der Holzbodenfläche erfolgte in den zurückliegenden dreißig Jahren gar kein menschlicher Eingriff. Um den Ansprüchen der Bevölkerung an die Erholungsfunktion des Waldes gerecht zu werden, wurden ebenfalls finanzielle Anstrengungen unternommen. Erholungswege wurden instandgesetzt, der Wald mit Erholungs-Einrichtungen versehen. Es gibt im Stadtforst eine Motocross-Strecke in den Dammer Tannen. 2023 wurde in Abstimmung mit der Forstbehörde und den Radsportlern unserer Stadt eine Quer-Feld-ein-Strecke in der Abteilung 232 im Revier Slate eingerichtet. Der Forst bietet zahlreiche Möglichkeiten der Betätigung. Ob Naturgenuss, Nordic Walking, Geocaching, Selbstfindung oder Waldbaden – all das leistet der Parchimer Forst, weil er bewirtschaftet wird.
Das Jahr 2023 - aus rein wirtschaftlicher Perspektive betrachtet - war für die Stadtforstverwaltung sehr erfolgreich. Die zum Anfang des Jahres noch stabilen Preise für Säge- und Industrieholz sowie die enorme Nachfrage nach Brennholz bei gleichzeitiger Verteuerung, bescherte Einnahmen aus dem Holzverkauf in Rekordhöhe. Dabei wurde der mögliche Hiebssatz von 16.300 Festmetern nicht ausgeschöpft.
Die Einschlagsmenge in Festmetern gliedert sich nach Holzarten und Sorten wie folgt:
| Art/Sorte | Sägeholz | Industrieholz | Energieholz | Gesamteinschlag |
| Kiefer | 1.825 | 3.144 | 81 | 5.050 |
| Douglasie | 379 | 176 | 3 | 558 |
| Sonst. Nadelholz | 1.030 | 1.020 | 83 | 2.133 |
| Buche | 3.058 | 496 | 2.508 | 6.062 |
| Eiche | 209 | 0 | 98 | 307 |
| Sonst. Laubholz | 5 | 160 | 699 | 864 |
| Summe | 6.506 | 4.996 | 3.472 | 14.974 |
| Anteil | 43,4 % | 33,4 % | 23,2 % |
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Aufarbeitung des insgesamt eingeschlagenen Holzes in Festmetern durch:
| Eigene Waldarbeiter | 4.459 | 29,8 % |
| Forstunternehmen | 1.177 | 7,9 % |
| Selbstwerbung | 9.338 | 62,3 % |
| insgesamt | 14.974 |
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Seit 2023 beschäftigt die Stadt Parchim fünf eigene Waldarbeiter. Auch wenn der Anteil des durch eigene Waldarbeiter geschlagenen Holzes im Vergleich zu anderen Jahren geringer ausfällt, sei die Aufmerksamkeit auf deren Leistungen im Bereich der Rohholzerzeugung gerichtet - dies sind Reinvestitionen. Hier wurden folgende Ergebnisse erreicht:
| Leistungsart | Menge |
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| Räumen maschinell |
| 6,79 ha |
| Bodenarbeiten |
| 11,46 ha |
| Gelungende Naturverjüngung |
| 1,88 ha |
| Wiederaufforstung |
| 11,20 ha |
| Voranbau |
| 1,60 ha |
| Nachbesserung |
| 1,76 ha |
| Kulturpflege |
| 40,78 ha |
| Jungwuchspflege |
| 30,17 ha |
| Jungbestandes- und Bestandespflege |
| 45,19 ha |
| Astung |
| 7,19 ha |
| Forstschutz |
| 3,50 ha |
| Unterhaltung von Wundstreifen | 5.330 m |
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| Zaunbau | 2.480 m |
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| Zaunabbau | 750 m |
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| Wegeaufhieb | 2.800 m |
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| Wegeinstandsetzung | 3.300 m |
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| Biotopgestaltung und -pflege |
| 4,50 ha |
Die durch das SG Forst geführte Haushaltsauswertung weist für das Jahr 2023 ein sehr deutliches Plus aus.
Auch sehr erfreulich zeigten sich die Streckenergebnisse bei der Bejagung des Wildes im Forst. Nach den ASP-Restriktionen kehrte wieder Normalität in den Jagdbetrieb und auch das Wildbret konnte wie gewohnt vermarktet werden. Die Abschusspläne wurden erfüllt. Die Jagd ist bei uns integrierter Bestandteil der Waldbewirtschaftung und hat die Aufgabe, Schäden durch Wild auf ein tragbares Maß zu begrenzen. Seit 2023 haben wir unser jagdliches Handeln in der Praxis auf den Prüfstand gestellt und die Bejagungsstrategie neu ausgerichtet. Damit tragen wir dem gestiegenen Druck auf unser Wild durch die Bejagung selbst, die Einführung der Nachtzieltechnik, kleiner werdende Lebensräume, die gestiegene Freizeitnutzung sowie durch die Anwesenheit des Wolfes Rechnung.
Hinsichtlich der Waldgesundheit war 2023 ein weniger angespanntes Jahr, auch wenn keine Entwarnung gegeben werden kann. Sturmschäden und größere Brände waren nicht zu verzeichnen. Der Wassermangel hat aber weiterhin Auswirkungen. Besonders betroffen ist anhaltend die Fichte, bei der sich auch das Fraß-Geschehen des Borkenkäfers fortsetzt. Die Zwangsnuztungen fallen dem Waldbesucher ins Auge. Ältere Birkenbestände zerfallen förmlich. Bei der Baumart Buche sind Schäden ausschließlich bei den alten Bäumen zu verzeichnen. Hier kann man ein Vertrocknen der Kronen von oben her beobachten. Die zahlreichen Trockenäste werden sehr oft zu einer Gefahr für Nachbargrundstücke, Straßenverkehr und auch Waldbesucher. Einmal geschädigte Altbuchen können sich nicht regenerieren. Deshalb waren auch bei den Buchen Zwangsnutzungen nötig. Es ist wieder einmal festzustellen, dass der in den letzten Jahrzehnten betriebene Verjüngungsbetrieb, sich nun doppelt auszahlt.
In unserer Öffentlichkeitsarbeit haben wir im vergangenen Jahr wieder das Niveau vor CORONA erreicht. So gestaltete das SG Forst diverse Praktika von Schülern und das eines Bundeswehrsoldaten, es wurden neben den Fachexkursionen und Projekttagen auch der Praxislerntag eines Schülers sowie der Girls-Day begleitet. Große Aufmerksamkeit wurde dem Forst 2023 durch die Eröffnung einer Sonderausstellung im Museum zu Teil. Hierfür konnte das SG Forst im Rahmen seiner Möglichkeiten mit verschiedenen Materialien unterstützen.
Im Sommer kam es durch unseren Bürgermeister und dem Präsidenten des Landesjagdverbandes zur neuerlichen Unterzeichnung des Vertrages über das Lehrrevier in den Malchower Tannen. Seit dem Jahr 2023 bildet der Landesjagdverband M/V, nach längerer Unterbrechung, wieder Lehrlinge zum Berufsjäger oder wie aktuell zur Berufsjägerin aus. Die Stadt Parchim stellt die dazu notwendige Jagdfläche für die praktische Ausbildung zur Verfügung.
Einen besonderen Höhepunkt stellte im November die Überprüfung der Einhaltung der PEFC-Standards dar. Überprüft wurden durch einen unabhängigen, durch PEFC beauftragten Gutachter die Wirtschaftsjahre 2022 und 2023. Es erfolgte eine umfassende Betriebsprüfung sämtlicher relevanter Unterlagen unserer Verwaltung. Darüber hinaus wurden alle Reviere einer Stichprobenkontrolle verschiedener, durch den Auditor ausgewählten Flächen unterzogen. Es gab keine Beanstandungen. Somit ist der Stadtforst weiterhin berechtigt, das PEFC-Siegel zu tragen.
Abschließend möchte ich auf eine Unterschriftensammlung eingehen, die uns im vergangenen Jahr von Mitgliedern des BUND unseres Landes zuging. Das tue ich, weil sich unter den 268 Unterschriften, auch die von einigen Stadtvertretern finden. Dem SG Forst wird im Anschreiben der Unterschriftensammlung vorgeworfen, das Waldgebiet Buchholz durch das Abholzen der Buchen und den Einsatz schwerer Maschinen zu zerstören. Die aufgemachte Forderung lautet: „…die derzeitige Bewirtschaftungsart des Parchimer Buchholzes einzustellen und das Buchholz mit seinen alten Buchen und dem regenabhängigen Moor für den Klimaschutz der Stadt Parchim, für den Wasserrückhalt bei Extremwettern und für die Erholung der Bürger als Schutzgebiet auszuweisen.“ Es wird in dem Schreiben weiterhin auf den vom Parlament ausgerufenen Klimanotstand Bezug genommen.-
Dazu die folgenden Fakten:
| 1. | Der Stadtforst – einschließlich Buchholz - verfügt über eine Forsteinrichtung, die bekanntermaßen durch die Forstbehörde bestätigt wurde. Damit steht der mögliche Hiebssatz fest, der, wie Sie wissen, stets eingehalten wurde. Auch die waldbauliche Zielstellung wird vorgegeben. Die Forsteinrichtungen skizzieren dem Wirtschafter, W S zu tun ist. |
| 2. | Das WIE regelt unser Zertifikat. Der Stadtforst ist PEFC-zertifiziert. Die PEFC-Standards sind für jedermann nachvollziehbar und werden, wie bereits erwähnt, konsequent eingehalten. Falsches Wirtschaften oder Übernutzung sind damit ausgeschlossen. Keinesfalls kann also von einer Zerstörung die Rede sein! |
| 3. | Wird die Nutzung des heimischen Holzes, dass nachweislich aus sicheren Quellen stammt (PEFC) und nachhaltig erfolgt (Forsteinrichtung) eingestellt, öffnet man Holz aus unsicheren Quellen Tür und Tor. |
| 4. | Ich habe auf die Gefahr hingewiesen, die von alten, trockenen Buchen ausgeht. Natürlich geschieht das Betreten des Waldes immer auf eigene Gefahr. Aber wenn Wander-, Reit- und Radwege ausgewiesen werden, wie in unserem Stadtforst, ergibt sich hier eine Verkehrssicherungspflicht auch im Wald. Daraus resultieren dann Zwangsnutzungen aus Sicherheitsgründen. |
| 5. | Welche Rolle spielen der Forst und seine Moore im Zusammenhang mit Kohlendioxid? Die Bindung von Kohlendioxid ist in einem Wirtschaftswald wie dem Parchimer Forst deutlich höher, als in einem nicht bewirtschafteten Naturwald, der sich selbst überlassen wird. Während der Wirtschaftswald durch die Nutzung des Holzes eine echte Kohlendioxidsenke darstellt, ist der Naturwald bei einer irgendwann endlichen Bevorratung bestenfalls noch ein Speicher. Im Naturwald halten sich die CO2-Bindung durch Wachstum mit der CO2-Freisetzung durch Absterben und Verrottung die Waage (keine Senke). Im Wirtschaftswald wird ständig Holz entnommen und durch die Verwendung in Werkstoffen bleibt das Kohlendioxid lange Zeit gebunden, selbst über die Lebensdauer des Baumes hinaus. Auch das Heizen mit Holz ist als positiv zu bewerten, da wir hier einen kleinen CO2-Kreislauf gegeben haben. |
| 6. | Den besonderen Schutz von Natur und Landschaft regelt das Bundesnaturschutzgesetz. Das Buchholz hat den Status eines Landschaftsschutzgebietes, das Hündchenmoor ist ein gesetzlich geschützter Lebensraum. |
| 7. | Natürlich wird bei uns dem Schutz der Moore Rechnung getragen. Das Entkusseln des Hündchenmoores als Erhaltungsmaßnahme wurde begonnen und in den kommenden Jahren wird es fortgesetzt werden. Hier können die Naturfreunde des BUND sich gerne einbringen! Anlässlich der Wanderung mit den BUND Mitgliedern konnte ihnen ja erklärt werden, wie Moorschutz geht. |
| 8. | Für Ackerflächen um das Barschseemoor haben wir 2023 eine Genehmigung für die Erstaufforstung beantragt. Die Vermessung der Fläche erfolgte noch im Dezember. Die Genehmigung zur Aufforstung liegt inzwischen vor. Der geplante Wald wird als Pufferzone zu den landwirtschaftlichen Flächen dienen. Auch für die Pflanzung ist hier jede Hilfe willkommen, liebe BUND-Mitglieder. Die Beurteilung, wieviel Kohlendioxid die Moore und der neue Wald wohl binden werden und ob eine Wirkung bezüglich des Klimanotstandes eintritt, wollen wir den Fachleuten (die auch tatsächlich welche sind) überlassen. |
| 9. | Stichwort Interessenausgleich: Wer möchte unseren Brennholzkunden aus Parchim und den Ortsteilen erklären, dass sie im Buchholz kein Holz mehr werben können? Derjenige beschwört augenblicklich die nächste Unterschriftensammlung gegen die Forstverwaltung herauf, nur mit dem Unterschied, dass in kürzester Zeit mehr als doppelt so viel Unterzeichner auf dieser Liste stehen würden. |
Meine sehr verehrten Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter, das SG Forst hat sich nach bestem Wissen und Gewissen in den vergangenen dreißig Jahren dafür eingesetzt, dass die Waldbewirtschaftung zum Wohle des Waldes mit all seinen Pflanzen und Tieren und zum Wohle der Stadt Parchim erfolgt. Die Entscheidung, wie es künftig mit dem Forst weitergehen soll, liegt bei Ihnen:
Möchten Sie den Stadtforst weiterhin als einen Wirtschaftswald behandelt wissen, der multifunktional ist und in dem vielfältige Interessen Berücksichtigung finden und der sich zudem noch finanziell trägt oder wünschen Sie eine Abkehr von der Nutzung? In letzterem Fall sollte Klarheit darüber herrschen, dass die Pflichtaufgaben des Waldeigentümers bestehen bleiben. Diese müssen finanziert werden. Schnell kann ein mindestens sechsstelliges Defizit entstehen. Wie lange wird man sich das leisten? Schnell ist da an einen Verkauf des defizitären Stadtwaldes gedacht. Wenn es dazu kommt, dann lenken Andere und Sie sehen dabei zu. Ein Eintrag in die Geschichtsbücher der Stadt wäre Ihnen unterdessen aber sicher.-
Kiekindemark, den 15.05.2024