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Amt Parchimer Umland
Ausgabe 1/2025
Vereine und Sonstiges
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Die Gründung des Ortes Ziegendorf

Diese Gegend ist schon seit Jahrhunderten ein Siedlungsgebiet. Das Gelände, wo heute der Ort sich befindet, war im 10. Jahrhundert noch ein undurchdringlicher Sumpf. Die Einwanderer legten lose Hofstellen an. Diese wurden auf höher gelegenen Flächen errichtet. Die Wasser, die vom Berg herunterkamen, sammelten sich hier in den Niederungen und durchfeuchteten große Gebiete der heutigen Gemarkung. Durch Änderung der Strategie der Fürsten im Kampf gegen die Heiden wurden Bündnisse mit slawischen Stämmen geschlossen. Die Linonen, die dieses Gebiet bewohnten, wollten sich nicht im Namen der Christianisierung vereinnahmen lassen.

Letztendlich mussten auch sie sich dem Druck beugen, die Linonen ließen sich zum Christentum bekehren und alsbald wurde es zum Lehnsgebiet der germanischen Fürsten, mit zugehörendes Weisungsrecht, für dieses Gebiet. Ab dem 12. Jh. wurden in diese fast unbewohnten Gebiete deutsche Siedler aus Franken, Sachsen, Westfalen, Engern und auch Holländer und Friesen angesiedelt. Auf diese Weise wurden Landflächen an freie Ritter zum Lohn vergeben. So siedelten sich die ersten Zuwanderer bei der slawischen Ortslage südlich der heutigen Chrivnitzer Dannen mit an, auf den breeden Stücken. Nur war hier im Sommer zu wenig Wasser vorhanden und die Ortslage war weit hin sichtbar für Angreifer. Eine nächste Ansiedelung der germanischen Einwanderer entstand auf dem Städenhost. Dort war fließendes Wasser vorhanden, allerdings auch wenig Deckung. Die Bauern suchten Standorte für guten Boden, wo auch Ackerbau betrieben werden kann. Aus den Flurnamen geht die frühere Struktur des Bodens hervor. An Beispielen erkennt man am Namen die Bodenstruktur.

Beispiele:

Torfwischen

kleines Moorgebiet nördlich des Dorfes

Guhrlas

Wasserlöcher südlich des Ortes

Horwststücken

Fruchtbares Land aber ziemlich windig im Herbst

Grotkoppel

höhergelegene Ackerfläche,Sandfläche bis hin zu Schwemmsand

Breeden Wischen

gute Fläche, nass, wo viel Gras wächst

Bodderbarg

fruchtbare Fläche, die ganzjährige Bearbeitung ermöglicht

Naßklasbarg

fruchtbarer Boden der schnell durchfeuchtet

Sandstücken

flache Ackerfläche mit viel losen Sand

Die zweite Dorflage war am Grabenverlauf der Löcknitz an der Butterbeck nördlich des heutigen Ortes. Dadurch wurden während den zeitweiligen Kämpfen der Weg zur Wehrburg nach Carrenz kürzer. Unser Gebiet gehörte zum Lehen der mecklenburger Fürsten, der Grafschaft Schwerin. Weiter wurde dieses Gebiet durch die Grabower Landvoigte verwaltet. Die Streitigkeiten unter den Gebietsfürsten um Lehnsgebiete, hatten die Landnehmer und die slawischen Bewohner auszuhalten. Den angesiedelten Bauern und der niedere Adel, freie Ritter, wurden die festgelegten Hofstellen für 100 Jahre zur freien Bewirtschaftung als Lohn der Kämpfe versprochen. Damit die Höfe existieren konnten, wurde die Ortschaft in den Sumpf auf die heutige Stelle verlegt. Die Kirche entstand als einfacher Lehmbau auf der einzigen trockenen Stelle, die zusätzlich noch aufgeschüttet wurde, erbaut. Teils war der christliche Glaube eine Triebkraft zum Wirtschaften in schwierigen Zeiten. Die Hofstellen wurden dazu im Ring um den Mittelpunkt aufgereiht. Der Sumpf wurde durch ein Grabensystem entwässert. So entstand auf diesem Gebiet das germanische Dorf Tschägendörpe. Es wurden einige Gräben südlich und nördlich der heutigen Dorfstraße ausgeworfen. Heute noch zu erkennen sind die Entwässerungsgräben von der Drift zum breiden Damm oder südlich hinter den Höfen, die nun meist verrohrt wurden. Der Busch wurde gelichtet und das Gebiet der heutigen Dorflage freigelegt. Der Flutgraben, der vom Berg herunterkam, am slawischen Dorf Zielitz entlanglief, wurde umgeleitet und in ein Auffangbecken eingeleitet. Dieses Becken erstreckte sich bis bei dem heutigen Ferienpark bis zum alten Schulgrundstück. Danach lief das überschüssige Wasser in die Brandsoeler Beck ab. So wurde eine geschützte Fläche geschaffen, die schwer von weitem einsehbar war. Der Boden unter dem Dorf ist meist leichter Schwemmsand. Dieser arbeitet wie ein Schwamm, nimmt viel Feuchtigkeit auf und gibt sie nach und nach ab. Das stellt an den Hausbau spezielle Anforderungen. Die festen Gebäude heben und senken sich mit dem Wasserdruck im Boden. So ist es heute durch die Bodenstruktur gut zu merken, wenn schwere Fahrzeuge durchs Dorf fahren. Es wurde die Ortschaft in mitten der gewachsenen Gehölze errichtet. Eine weitere slawische dörfliche Ansammlung bestand auf dem Zielitzer Gebiet, wo heute der Sportplatz und das neue Schulgebäude steht. Ein weiterer Ort wurde am südlichen Bach gegenüber von Zielitz gegründet und wurde Carldörp genannt. Der Trampelpfad zur ehemaligen slawischen Wehrburg, was heute noch die Drift ist, wurde befestigt. Dieser diente auch als Kuhtrieb zu den Weideflächen. Der erste befahrbare Weg wurde in Richtung Poltnitz ausgebaut. Der Ort Tschägendörpe wurde als Runddorf, wo der Kirchplatz den Mittelpunkt bildete, angelegt. Aber es war nicht für die Ortsanlage so viel Platz, wie im Nachbarort Druwal. Auch viele kleine vierbeinige Helfer, die die Gehölze abknapperten und kurzhielten, waren für die Einwohner eine große Hilfe. Diese Tiere lieferten vielerlei Sachen, was die Menschen gut verwerteten. Die Gehöfte wurden ab dem14. Jahrhundert als Hufe bezeichnet und registriert. An zwei Hufen ließen sich nachweislich freie Ritter und freie Bauern nieder. So entstanden die Hufe 1 - 8. (erste Zählung). Die slawischen Einwohner bezeichneten die neuen Ackerbürger als „de de sick im Maus in buddleten un ass Zegeener sick versteckten im Dreck wäulten“. Tschägen kommt von Klägen. Wäulen im natten Boden. Schachten im sumpfigen Boden. Die Ziegen, die Kuh des kleinen Bauern, hat viele Vorteile in dieser Zeit. Das ist die eigentliche Herleitung des Ortsnamens Tschägendörpe zu Tschägendörp, Ziegendörp bis Ziegendorf. So entwickelte sich dieses Dorf. Durch die Abgeschiedenheit im Gehölz liegende Ortschaft konnten Angreifer dieses schwer ausmachen, was sich im Laufe der Geschichte dem Ort zu gute kommen sollte. Einige Nachfahren der Einwanderer leben noch heute in diesem Ort. Durch die veränderte Bodenbearbeitung, die die Einwanderer mitbrachten, wurde die slawische Bevölkerung nach und nach verdrängt. Ein hervor zu hebendes Ereignis führte noch dazu, dass die umliegenden Ansiedlungen aufgegeben werden mussten. Das war die genannte Magdalenen Flut im Jahre 1342. Ein Ereignis, wo viele Ansiedlungen, durch ein sehr feuchtes Jahr, große Sturmflut und langanhaltende Regenfälle aufgegeben werden mussten. Die Ansiedlung Zielitz wurde bald, auch wegen des abfliessenden Wassers vom Ruhner Berg und vom Buchberg aufgegeben, wie auch die Ansiedlung Karlsdörp. Die slawischen Einwohner konnten nichts hinterlassen, da sie keine Schriftzeichen verwendeten oder Schriftrollen anfertigten. So sind nur noch germanische Vorfahren nachweisbar. Durch die Mönche des Klosters Marienfließ wurden nach und nach die Gebiete beschrieben und die Orte aufgenommen, als verwendbares Lehen. Die Mönche haben systematisch die einzelnen Täler erforscht und die Namen der Gegend und der Orte von den hier lebenden Einwohnern in ihre Lehenslisten übernommen. So wurde der Name dieses Gebietes und des Ortes als Zägendörp (Ziegendorf) erst spät auf- und festgeschrieben. Daneben wurden die älteren slawischen Ansiedlungen, wie Zielitz und Marquardsdörp, Wendisch Grabow und Druval benannt. Die schon bestehenden Bauernstellen, auch Hufe genannt, wurden als bewirtschaftetes Land festgehalten. Durch den Mecklenburger Fürst und späteren Herzog wurden die bestehenden Wirtschaften an den Bauern als verpflichtendes Lehen beschrieben. So entstand die heutige Struktur des Dorfes. Durch die zahlreichen Kämpfe, unter anderem wegen Herrschaftsansprüche der Gebietsgrafen, kam dieses Gebiet nicht zur Ruhe. So änderten sich mehrmals die Lehnszugehörigkeit dieses Gebietes zu den einzelnen Grafschaften. Auf einer Seite war der Pütter Fürst Pribislaw und in Brandenburgischer Herrschaft, die Grafen der Gänse zu Putlitz. Wer die Wasserrechte der Ruhner Berge und deren Abläufe in seinem Besitz halten kann, hat dieses Tal unter Kontrolle. Da die Lage des Dorfes im Sumpf bewußt gewählt wurde, machte sich dieses bezahlt und konnte gut verteidigt werden. Das Dorf ist eigentlich, wie auch die anderen Ortschaften dieses Gebietes, älter als die schriftliche erste Erwähnung es angibt. Die Lage des Ortes wurde mit dem ersten Verkauf an einem Lehnsherren für dieses Gebietes erstmalig 1392 erwähnt.

Es geht weiter.... mit dem nächsten Teil…

verfasst durch E. Brenncke