Am Mühlenhaus in Tessin: Stephan Hagemann und Lara Templin besprechen mit Bürgermeister Maik Ritter und Rathausmitarbeiter Robert Stahl (v.l.) das weitere Vorgehen.
Cammins Bürgermeister Wilhelm Stahlhut und Denkmalschützer Stephan Hagemann nehmen die neu angebrachten Bleche in Augenschein.
Ruhig ist es heute auf dem Hof der Camminer Storchenschule. Keine spielenden Kinder, die über den Rasen wetzen, zwischen den Büschen Fangen spielen oder unter dem hölzernen Terrassendach ihre Pause genießen. Die Sommerferien sind in vollem Gange und auf dem Schulhof sind Bauarbeiter damit beschäftigt, an der rückseitigen Fassade ein Gerüst zu errichten. Sie wollen am Gesims des denkmalgeschützten Gebäudes arbeiten, denn hier hat der Regen über die Jahrzehnte den Mörtel ausgespült. Feuchtigkeit droht, die alten Ziegel zu zerstören und im schlimmsten Fall ins Mauerwerk zu ziehen.
Darum will die Gemeinde, die Eigentümer des Gebäudes ist, Abhilfe schaffen. Bleche sollen künftig das zu flach gebaute Gesims schützen. „Weil es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude handelt, musste für die Baumaßnahme auch bei der unteren Denkmalschutzbehörde eine Genehmigung eingeholt werden“, berichtet Stephan Hagemann. Er ist im Bauamt des Landkreises Rostock Leiter des Sachgebietes Denkmalschutz. „Wir haben die Maßnahme genehmigt und kontrollieren heute, wie sie umgesetzt wird.“
Stephan Hagemann und seine Kollegin Lara Templin sind zufrieden. Die Baufirma ist erfahren und dem Landkreis aus früheren Projekten bekannt. Die ersten Arbeiten sind bereits erledigt und machen einen guten Eindruck.
Rund 5.000 Denkmale gibt es im Landkreis Rostock. Dazu gehören auch zwölf Denkmalbereiche, also ganze Areale, die denkmalgeschützt sind. Die Teterower Altstadt, das Münstergelände in Bad Doberan oder auch Teile der Stadt Schwaan zählen dazu. Alle geschützten Bauten finden sich in der Denkmalliste des Landkreises wieder.
„Die Anzahl der Denkmale ist für uns natürlich eine Herausforderung“, sagt Stephan Hagemann. Ein- bis zweimal die Woche fahren die Kolleginnen und Kollegen auf Außentermine. „Dann schauen sie immer auch mal nach den Denkmalen, die auf dem Weg liegen.“ Verschiedene Indikatoren weisen darauf hin, dass Handlungsbedarf besteht. Dazu gehören Bewuchs auf dem Gebäude oder Bäume, die nah an der Fassade stehen. „Auch die Regenrinne wird in Augenschein genommen“, nennt Stephan Hagemann einen weiteren Punkt, der Hinweise auf eine Gefährdung der Bausubstanz geben kann. Gerade bei leerstehenden Gebäuden sei das ein Problem. „Wir hören dann den Eigentümer an und fordern ihn auf, Sicherungsmaßnahmen einzuleiten. Kommt er dem nicht nach, kommen im schlimmsten Fall Zwangsmittel zum Einsatz.“ Aber was, wenn ein Eigentümer einfach nicht die Mittel hat, sein Denkmal zu pflegen und zu erhalten: „Es gibt steuerliche Vergünstigungen für Eigentümer von Denkmalen. Für die Notsicherung hat das Land einen Fördertopf. Aber wenn wirklich nichts mehr geht, dann ist manchmal ein Verkauf die beste Lösung.“
Heute geht es von Cammin weiter in die Blumenstadt Tessin. Denn dort bereitet das Trauzimmer im alten Mühlenhaus Sorgen. Die Stuckdecke, die erst vor wenigen Jahren saniert wurde, zeigt einen deutlichen Riss. „Das ist wirklich beeindruckend. Es scheint, als würde die Decke durchhängen“, sagt Lara Templin und macht Fotos mit dem Handy. Im Amt wird sie die Bilder einem Statiker zeigen und seinen Rat einholen. „Er wird sich das sicher auch noch einmal vor Ort anschauen müssen.“ Vorerst bleibt das Trauzimmer für Heiratswillige geschlossen. „Bis wir sicher sein können, dass es unbedenklich ist.“ Der Denkmalschutzbehörde geht es um den Erhalt und die Pflege schützenswerter Gebäude. „Aber wir wollen einer Nutzung nicht im Wege stehen. Wenn es beispielsweise um den Brandschutz geht, dann finden wir auch Kompromisse“, sagt Stephan Hagemann. An seiner Arbeit schätzt er besonders, dass er mit vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten zu tun hat. „Vom Gutsherren, der sein großes Anwesen bewirtschaftet, bis zum Liebhaber, der sich jede Investition in sein Denkmal vom Munde absparen muss. Alte Gebäude sind für die Besitzer sicherlich eine Herausforderung, sie haben aber auch einen besonderen Charme.“ Von Tessin geht es für Stephan Hagemann und Lara Templin noch zu einem Termin bei einem Denkmal in Privatbesitz. Der Eigentümer möchte die Gauben im Dach sanieren und hat dazu Fragen. „Das schauen wir uns an und werden ihn beraten“, sagt Lara Templin und steigt auch schon wieder in den Dienstwagen.
Die Untere Denkmalschutzbehörde ist im Bauamt des Landkreises Rostock angesiedelt. Das macht Sinn, denn so kann der Denkmalschutz bei Bauprojekten frühzeitig beteiligt werden. Die Mitarbeitenden beraten zum Thema Denkmalschutz, zu Förderungen und steuerlichen Vorteilen. In diesem Sachgebiet wird auch die Denkmalliste des Landkreises gepflegt.
Der Tag des offenen Denkmals findet immer am zweiten Sonntag im September statt. Er wird durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bundesweit koordiniert. An diesem Tag können viele Denkmale erkundet werden. 2024 steht der Tag des offenen Denkmals am
8. September unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“. Auch im Landkreis Rostock gibt es viele Anlaufpunkte. Eine Übersicht gibt es unter www.tag-des-offenen-denkmals.de.
„Baudenkmalpfleger schauen nach oben. Unser Blick hingegen richtet sich nach unten“, sagt Patrick du Mont. Er ist Bodendenkmalpfleger und auf der Baustelle rund um die Güstrower Pfarrkirche voll in seinem Element. „Es hat nicht lange gedauert, bis hier beim Graben die ersten Skelette freigelegt wurden. Der Friedhof rund um die Kirche wurde noch bis Mitte des 18. Jahrhunderts genutzt“, berichtet er. „Aber nicht nur das. Die Kirche hatte früher zwei Seitenschiffe mehr, die zwischen 1880 und 1883 abgerissen wurden. Wir haben auf der Nordseite alte Grüfte gefunden, die vor den Abrissarbeiten noch innerhalb der Kirche waren.“
Patrick du Mont beugt sich zu den Gewölben, die während der Bauarbeiten freigelegt wurden. Mit einer Kelle kratzt er vorsichtig Erde von den alten Ziegeln, um zu sehen, ob sich an ihnen noch alte Putzreste oder Inschriften finden lassen. „Wir haben hier einige Münzen entdeckt, die die damaligen Kirchgänger vielleicht beim Einsammeln der Kollekte verloren haben.“ Die Baumaßnahme stand während der gesamten Ausgrabung nie still. Geht im Landkreis Rostock ein Bauantrag ein, der ein Gelände betrifft, auf dem mit Spuren vergangener Zeiten zu rechnen ist, wird die Bodendenkmalpflege hinzugezogen. Sie entscheidet, ob eine Ausgrabung nötig wird. In den meisten Fällen übernimmt die Ausgrabung dann eine Grabungsfirma. Gerade in historischen Ortskernen liegt das nahe. Aber auch auf Flächen, die heute unbesiedelt sind, können Hinterlassenschaften früherer Besiedlung zu finden sein. „Sie geben uns Aufschluss darüber, wie die Menschen hier früher lebten“, sagt Patrick du Mont. Und dieses Wissen ist Allgemeingut, weshalb historische Funde auch nicht behalten, sondern dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege übergeben werden müssen. Auch die Informationen, die rund um die Güstrower Pfarrkirche gesammelt werden, fließen ein in einen Grabungsbericht. Dieser wird archiviert und steht für die Forschungsarbeit zur Verfügung.
Der Boden an der Pfarrkirche wird derweil wieder versiegelt. Die Grüfte schlummern dann erneut unbehelligt unter dem Pflaster der Güstrower Innenstadt. Allerdings sind sie dann gut geschützt. Dank der Denkmalpflege wird der Bodenaufbau hier angepasst, sodass die Grüfte beim Verdichten nicht einstürzen.