Auf der Rückseite des Fotos kann man folgende interessante Anmerkung lesen:
Saßnitz um 1930 Bildmitte: Merkelstraße 5 Dienstwohnung der DR(1) Das Endhaus wurde von 1909 - 1947 von dem Seesteuermann Matthäus Wulf und Familie bewohnt. Ursprünglich endete der Vorgarten in Höhe der Eisenbahnschranken. Erst um 1926 wurden rechts in der Merkelstraße die Einzelhäuser erbaut; bis dahin endete der dichte Buchenwald unmittelbar am Fahrbahnrand.
Sammlung Kurt Wulf, Hamburg.
Der Fotograf hat das Bild aus dem Haus „Dreieinigkeit“ (0) gemacht
Am 7. Mai 1908 wurde der Vertrag zur „Schaffung einer Dampffährverbindung Sassnitz-Trelleborg“ in den deutschen Gesetzblättern veröffentlicht.
Innerhallt einer einjährigen Bauzeit sollte die Linie der Dampffährverbindung Sassnitz-Trelleborg fertig sein: Dazu gehörten die Fährschiffe, die Fährschiffanlagen, der Bahnhof Sassnitz, der Bahnhof Sassnitz Hafen und die Häuser mit den Wohnungen für die Beamten und Angestellten der Fährlinie. Die Königliche Eisenbahn-Direktion Stettin übertrug Regierungs-Baurat Hermann Merkel, Eisenbahndirektion, Stettin, das Baugeschehen, das landseitig entstehehen sollte. (2)
Mit den zukünftigen Badeorten Binz Sellin, Baabe und Gohren konnte Sassnitz mangels Strand nicht mithalten. Dafür eröffneten sich durch den Fährverkehr Sassnitz/Trelleborg ganz andere Möglichkeiten, die das Aussehen des Ortes bis heute prägen sollten.
Es mußten Dienstwohnungen geschaffen werden, und es war üblich schon beim Wohnungsbau die Dienststellung des zukünftigen Bewohners zu berücksichtigen. Größe und Lage der Wohnung waren unterschiedlich bei den verschiedenen Dienstgraden.
Der Regierungs- und Baurat Hermann Merkel von der Eisenbahndirektion Stettin wurde von dieser beauftragt u. a. die Wohnungen für die Beamten und Angestellten der Eisenbahn und Fährschiffe.zu bauen. Außerdem gibt es Bauzeichnungen von Merkel für das Postgebäude im Fährhafen. (2)
8 verschiedene Häuser wurden in der Zeit von 1909 bis1912 gebaut in der Lenzbergstr., dazu noch 3 Häuser in der neuen Lenzerstr.
Ende Mai 1913 wurde von der Sassnitzer Gemeindevertretung beschlossen, der Straße Lenzberg, den Namen „Merkelstraße“ zu geben.
Also wissen wir nun, woher der Name Merkelsstraße kommt.
Die PHARUS - Wanderkarte von 1920 zeichnet die Merkelstraße (ehem. Lenzbergstr.) als gepflasterte Straße und Weg aus, in Richtung Sagard führend.
Erst ca. 1935 wurde die heutige Stralsunder Str. in Richtung Lancken gebaut.
Die Pharus-Wanderkarte von 1920 zeichnet die Merkelstraße (ehem. Lenzbergstraße) als eine gepflasterte Straße und Weg aus, in Richtung Sagard führend.
Erst ungefähr 1935 wurde die Stralsunder Str. in Richtung Lancken, Sagard gebaut.
Auch an der Merkel Str. gab es auf der rechten Seite einen Kreidebruch, die Lenz.
Hier beförderte man die Kreide mittels einer Seilbahn direkt in den Hafen. Dazu gab es für die Seilbahn einen Tunnel, der die spätere Merkel Straße unterquerte.
Nach Aufgabe des Kreidebruchs ergab sich ein Platz, der vom Schützenverein genutzt wurde.Auf dem Foto kann man sogar ein Karussell erkennen. Es soll auch ein Wirtshaus dazugehört haben.
Schräg gegenüber vom Kreidebruch stand eine alte Kate (3)
Diese Kate wurde gleichzeitig mit dem Tunnel abgerissen, und man konnte jetzt die Straße begradigen.
Auf der rechten Merkelstraßenseite wurden später einzelne Häuser gebaut. Die Schule für die Crampasser Kinder wurde 1869 gebaut und ist heute ein Wohnhaus, das sich links vor der Schranke befindet. Die Züge fuhren seit 1869 dort langsam den Berg hoch, Man erzählte, dass einige Kinder das ausnutzten und die Reisenden um Süßigkeiten anbettelten, sehr zum Ärgernis der Eisenbahner.
Ein Konsum etablierte sich in den 20iger Jahren auf der rechten Merkelstraßenseite am Straßenanfang. Daneben gab es das große Hotel „Zu den Fährschiffen“,das beim Bombenangriff am 6, März 1945 getroffen, die Ruine abgerissen und ein Wohnhaus gebaut wurde. Durch den Kinobau wurde der Verlauf der Merkel Str. etwas verändert.
| 1) | bis 1920: Königlich Preußische Eisenbahn-Verwaltung (kurz KPEV) |
| 2) | Nach den neuen Anforderungen entsprechenden umfangreichen Umbaumaßnahmen am damaligen Fährhafen Saßnitz zwischen 1908 und 1912 unter Bauleitung des Regiungsbaumeisten Hermann Proetelin Eisenbahndirektion in Danzig |
| 3) | Kate: Einfaches, kleines Haus, Tagelöhnerhaus (Nach Deutschem Wörterbuch) |
| 4) | Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde am 18. Dezember 1945 durch den Befehl Nr. 176 der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) die Wiederherstellung der Konsum-Genossenschaften in der Sowjetischen Besatzungszone genehmigt. |
Bilder
Die Pharus - Wanderkarte von 1920
Interessant ist ein Relief am Haus Nr 5. Es zeigt die neusten technischen Errungenschaften der damaligen Zeit: den Rügendamm/ Eröffnung 1936 mit Schnelltriebwagen und in der Luft ein Flugzeug.
Karte vor 1891 zeigt: die Schule, Kreidebruch Lenz, Kreideseilbahn und die Kate
Die einzige Aufnahme von der Kreideseilbahn Lenzer. Bruch - Sassnitz Hafen in Höhe der Fähranlage
Links: Kreidebruch Lenz bei Sassnitz
An ds. Stelle unterquerte die Kreideseilbahn die Merkelstraße
Der aufgegebene Kreidebruch Lenz, 2022
Hotel „Zu den Fährschiffen“ Ecke Bahnhof - Merkelstr vor 1945
Darunter die Hotelruine nach dem Bombenangriff am 6. März 1945
unten: 1. Mai 1952 Merkelstraße mit Konsum rechts
Häuser aus den 30iger Jahren auf der rechten Seite der Merkelstr.
Links die typischen „Merkelhäuser“ für Eisenbahner und Fährschiffbesatzung konzipiert