Was sich wie das Ende einer wilden Ehe liest, ist tatsächlich die Würdigung einer 20-jährigen Vereinsarbeit. Am 28. November 2000 gründete sich der Dorfverein Neuendorf, um dem Ort wieder mehr kulturelles Leben einzuhauchen und die Bürger*innen einander näher zu bringen. Dazu nutzen die Mitglieder neben dem jährlichen Sommersonnenwendefest und den Frauentagsfeiern auch je nach Saison Eisbein- oder Spargelessen und jahreszeitenunabhängigen Spiele- und Skatabende im Vereinshaus Gösselstuv und viele andere Aktivitäten.
Im normalen Eheleben findet nach 20 Jahren die Porzellanhochzeit statt, die aber oft aufgrund der deutlich größer gefeierten Silberhochzeit eher im Stillen begangen wird. Der Dorfverein Neuendorf gönnte sich mit einem Jahr Corona-Verspätung zur Opalhochzeit etwas Kultur und so ging es ins Theater.
Die Theaterwerft der Museumswerft Greifswald gab den „Hafen der Ehe“ - eine kabarettistische Abrechnung in zwei Akten. Die beiden einzigen Akteure Conny Mews und Jens Hasselmann führen gute zwei Stunden amüsant durch alle Wogen und stürmischen Begebenheiten der Ehe.
Die Geschichte kurz zusammengefasst sieht so aus: Die sehr frisch geschiedene und vom Eheleben und der Männerwelt frustrierte Standesbeamtin Beate sieht sich in der Verpflichtung, dem vor ihr sitzenden Brautpaar vor der Hochzeitszeremonie sozusagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Ehe zu präsentieren, damit diese auch ganz genau wissen, worauf sie sich einlassen. Nicht, dass sie in zwei Jahren dann wieder bei ihr sitzen und aufgrund der leider stattgefundenen und dabei doch so vorhersehbaren Scheidung eine Namensänderung beantragen. Das ließe sich mit einer ordentlichen Aufklärung ja von Vornherein vermeiden.
Dazu nutzt und untermalt Conny Mews ihre Argumentation mit Songs von Ina Müller, Barbara Schöneberger oder auch Reinhard May, damit uns allen, vor allem aber den Heiratswilligen klar wird, warum Frauen und Männer eigentlich nicht zusammenpassen und auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen heiraten sollten. Von Männern im Baumarkt und auf dem Parkplatz davor wartenden Frauen, von lebensbedrohlichem Männerschnupfen und von den kleinen aber deutlichen Unterschieden zwischen den Geschlechtern ist da die Rede oder vielmehr der Gesang. Als kleines Schmankerl gibt es sogar noch unverwechselbar gesungene Orgasmen á la „Harry und Sally“.
Statistische Zahlen werden auch präsentiert und faszinierende Funfacts zu Scheidungsquoten, Ehejahren und dem Zusammenhang zwischen der Art des Heiratsantrags und der Chance auf eine glückliche Ehe. Machen Sie bloß kein großes Aufheben um den Antrag - dann sind laut Beate die Aussichten für ein langes gemeinsames Leben ganz gut. Auch wenn die auserwählte Person Ihres Herzens das vielleicht unromantisch und nicht angemessen finden würde, Beate fände es toll - wenn Sie schon unbedingt diesen Weg einschlagen müssen. Also ich zum Beispiel, könnte ja jetzt so in diesem kleinen Nebensatz mal fallenlassen, dass es doch nun mal an der Zeit und von steuerlichem Vorteil wäre, wenn … Mache ich aber nicht. Ich bin von der romantischen Sorte und bereit, das Risiko einzugehen.
Um ehrlich zu sein, kommt das männliche Geschlecht nicht wirklich gut bei der Sache davon, aber die anwesenden Herrschaften konnten herzhaft über die Seitenhiebe und Pointen lachen. Die Damen natürlich auch.
Um nicht alles vorweg zu nehmen - denn das Stück läuft noch eine Weile und es lohnt sich wirklich - es wurde viel gelacht, übereinander und miteinander. Die beiden Schauspieler*innen haben auf der kleinen Theaterbühne das geschafft, was ich mir unter Theater vorstelle: Mich einen Moment der Welt entrückt und alle Gedanken um das ganze drumherum draußen vergessen lassen. Dazu das charmante Ambiente in der Theaterwerft, das an einen Partykeller mit Werkstattcharme im besten Sinne erinnert. Wunderbar!
Also probieren Sie es doch mal aus und gönnen Sie sich etwas Kultur. Es gibt auch noch andere Stücke, zum Beispiel auf Plattdeutsch.
Der Dorfverein Neuendorf hat schon zur nächsten „Theaterhafenrundfahrt“ angeheuert und einen Ankerplatz an der Theaterwerft eingeplant.
Daniela Backhaus