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Süderholzer Blatt
Ausgabe 376/2022
Reportage
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Verwandeln an einem Nachmittag

Fröhliche Gesichter in schönen Roben

Professionelles Schminken

Die Lust auf Verwandeln kennen viele Menschen und leben sie auf unterschiedliche Art und Weise aus. Aber „Verwandlung als Chance“ ist ein Kreativ-Patiententag, ein ganz besonderes und einmaliges Projekt unter Federführung des Rostocker Vereins „Gemeinsam mehr Mut“ e. V. - Wege bei Krebs.

Am Montag fand der 2. mobile Patiententag in Neuendorf in der „Gösselstuv“ statt. Was steckt dahinter, was erwartete die durch Chemotherapien gezeichneten Frauen, die zumeist ihre Haare verloren haben? „Zu unserem Urgedanken gehörte es Ängste von Betroffenen, sowie allgemein in der Bevölkerung, mit positiven Aspekten zu begegnen und in der breiten Öffentlichkeit zu einem Gespräch über die Krankheit und ihre Bedürfnisse anzuregen, das mit künstlerischen Mitteln noch eine neue, andere Dimension finden kann: Das Leben kann auch mit Krebs lebenswert und sehr schön sein“, fasst es Jacqueline Boulanger kurz zusammen. Die bekannte Jazzsängerin von der Küste erkrankte selbst an Krebs. Durch ihre damals behandelnden Ärzte entstand 2011 der Gedanke zur Gründung eines Vereins. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, für Akzeptanz und bewussten Umgang mit dieser Krankheit in der Öffentlichkeit und bei Betroffenen zu sorgen, indem wir aufklären, informieren und zuhören. Wir wollen Krebskranke, ihre Angehörigen, Ärzte und Außenstehende einander näher bringen, denn einer der wichtigsten Aspekte beim Leben mit Krebs ist Verständnis“, so die engagierte Frau, die mit ihren ehrenamtlichen Helfern einen einmaligen schönen Nachmittag für vier Betroffene aus der Region auf die Beine stellte. Ein Kreativ-Patiententag mit Verwandlung und einem Fotoshooting der besonderen Art „Fonografie“, basierend auf das Ursprungsprojekt „Lust auf Verwandlung“ in angenehmer Atmosphäre bei gutem Essen und Erfahrungsaustausch.

Die herzliche Art von Jacqueline Boulanger machte es allen einfach sich schnell auf den Nachmittag mit den vielen Überraschungen einzulassen. Jede der Anwesenden stellte sich nur mit dem Vornamen vor, das „Du“ war selbstverständlich. Vom Rostocker Volkstheater sorgten später die Maskenbildnerinnen Beatrice und Michaela für die Verwandlungen rund um den Kopf. Fotograf Michael hielt sich diskret zurück und sorgte dennoch für viele schöne Fotos und Videos. Silke und Anke vom Vorstand brachten nicht nur selbst gebackenen Kuchen mit, sondern berieten nebenbei über ihre Arbeit. „Die Patientinnen haben oft nicht die Kraft, sich mit dem Behördenkram auseinander zusetzen. Wir geben Unterstützung“, erläutert die Assistentin des Vorstandes.

Die vier anwesenden Frauen zwischen 32 und 69 Jahren strahlen trotz ihres schweren Krankheitsbildes allesamt Fröhlichkeit aus und nutzten die gemeinsame Zeit für Erfahrungsaustausch. Birgit: „Ich lasse mich überraschen, was hier heute auf mich zukommt.“ Nebenbei erzählt sie, das ihr Mann vor vier Wochen ebenfalls die Krebsdiagnose bekommen hat. Schicksale die die Anwesenden betroffen macht. Gleichzeitig zeigt es, wie viel Freude so ein Zusammensein mit Gleichgesinnten bringt. Der Verein verspricht sich mit dieser Aktion gesteigerte Lebensfreude, Wertschätzung und Achtung des Selbst, innere Wandlung der Sichtweisen wo nötig, kreative Möglichkeiten zu erkennen sein Ich zu verändern. Und das ist an diesem Tag, Dank der großen Unterstützung aller gelungen. Die vier Frauen lächeln zufrieden in die Kamera. Später bekommen sie die schönsten Fotos als Erinnerung zugesandt.

Jacqueline Boulanger, die mit viel Freude und Spaß bei der Kostümauswahl beriet, möchte unbedingt Professor Matthias Birth und Chefarzt Thomas Wolff vom Helios-Klinikum Stralsund sowie Frauenärztin Anke Belan erwähnen, die die Vereinstätigkeit fachlich unterstützen. Und auch Dagmar Riske vom Verein zur Unterstützung krebskranker Kinder steht im ständigen Kontakt mit Frau Boulanger. So schaute sie natürlich auf einen kurzen Besuch rein. Sie erzählte von ihren aktuellen Herausforderungen mit ukrainischen krebskranken Kindern und deren Eltern.

Dieser Nachmittag war rundum gelungen und wird allen in guter Erinnerung bleiben. Zwei weitere folgen in Lassan und in Putbus.

Roswitha Pendzinsky

Fotos: R. Pendzinsky