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Süderholzer Blatt
Ausgabe 386/2023
Verschiedenes
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Sprachlos oder Schon wieder ein Pferd?

Ja, ja, auch wenn Sie mir es kaum glauben können, manchmal bin ich echt sprachlos, dann fehlen selbst mir einfach die Worte.

Zum Beispiel bei diesen zusätzlichen nach kurzer Pause angehängten Endungen „-in“ oder „-innen“. Das sind für mich sprachliche Stolpersteine, die jeden gesprochenen Text unzumutbar machen, als ob jemand Schluckauf hätte. Und das, weil „Frau“ sich sonst angeblich nicht angesprochen fühlt. Und was ist dann mit den Diversen?

Machen wir es doch wie im Englischen. Da gibt es nur „the“, egal ob männlich oder weiblich oder sächlich. Verwenden wir einfach keinen geschlechtsspezifischen Artikel mehr. Machen wir Alles einfach sächlich.

Beispiele für die sächliche Einordnung von Dingen oder neutralen Bezeichnungen gibt es übrigens schon. Es heißt zum Beispiel das Pferd oder das Auto und nicht der oder die Auto. Andere Einordnungen wie der Hammer oder die Maschine sind eh’ völlig willkürlich.

Bei den Berufsbezeichnungen hieße es dann das Metzger oder das Arzt. Basta. Bei erzählenden Texten müsste dann präzisiert werden, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Die Mehrzahl von das Arzt wäre dann das Ärzte. Wie lange es dauern würde, bis sich alle daran gewöhnt haben, kann ich Ihnen nicht sagen.

Eines allerdings kann ich Ihnen sagen. Gleichberechtigung erreicht man nicht durch Wortakrobatik! Und auch nicht durch Regenbogenfahnen. Man muss es wollen!

„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ steht schon seit fast 74 Jahren in unserem Grundgesetz und „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ und damit hat man alle Menschen gemeint (Diverse kannte man damals so noch nicht). Und dann gibt es bei den Grundrechten Artikel 3 noch den wunderbaren Absatz 3 - unbedingt mal nachlesen!

Dass das mit der Gleichberechtigung selbst bei den Gehältern von Mann und Frau bis heute nicht richtig funktioniert, trotz ganz deutlicher gesetzlicher Verankerung, liegt mit Sicherheit nicht an der Sprache, sondern an dem Willen zur Durchsetzung.

Für mich ist ein Mensch zuallererst einmal ein Mensch. Das nennt man Humanismus. Und ich messe diesen an seinen Taten und wie er mir begegnet und nicht daran, ob er weiß, schwarz, rot, gelb oder queergestreift ist oder danach, was er sich anzieht oder auf den Kopf setzt. Und auch nicht danach, ob es sich um eine Frau oder einen Mann oder was auch immer handelt oder aus welchem Land jemand kommt. Dementsprechend behandle ich auch alle Menschen gleich oder versuche es zumindest.

Gleichheit entsteht nicht dadurch, dass man Verschiedenheit mit Gewalt sprachlich hervorhebt, sondern indem man alle Menschen vorbehaltlos zuallererst als Menschen betrachtet. Alles andere ergibt sich dann. Die Sprache ist nicht das Problem. Sprache muss man sprechen können, das ist alles. Also nichts vom Pferd erzählen lassen, wenn es um die Sprache geht.

Zeichnung und Text Andreas Diecke