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Süderholzer Blatt
Ausgabe 391/2023
Reisen
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An der Elbe bei Lauenburg

Sonnige Aussichten bestehen laut Wetter App in den nächsten Tagen!

Also die Bikes huckepack ans Auto geschnallt, und los geht ’s in Richtung Elberadweg! Diesmal nach Lauenburg. „Bellevue“ heißt das Hotel, in welchem wir übernachten werden.

Auch wer des Französischen nicht mächtig ist, weiß sofort, was das Wort Bellevue meint:

Schöne Aussicht. - Oder wie es auf der Eingangstafel auch gleich übersetzt wird: Herrlicher Elbblick.- Den hat in der Tat, wer auf die Terrasse vor das unscheinbare weißgekalkte Haus tritt.

Das kleine Hotel in der „Oberstadt“ Lauenburgs ist ein Geheimtipp und wirbt mit seinem „Charme der sechziger Jahre“.

Unschlagbar aber ist die beinahe Rundumschau auf das Gewässer und das jenseitige Ufer, das sich aus dem Morgengrauen schält wie ein verwunschenes Spielzeugland: Ein Campingplatz - gegenüber. Wehende Wimpel. Rohr gedeckte, rote Klinkerhäuser direkt vor dem Deich. Was, wenn ein Hochwasser droht? Die Bewohner mögen sich nur in den Häusern hinterm Deich sicherer fühlen.

Ein erster Kahn kommt den Fluss herauf, zieht weiter Richtung Norden, nach Hamburg.

Dahin wollen wir aber nicht. Die erste Tour führt am Nachmittag nach Boizenburg „in den Osten“. 11 Kilometer sollen es bis dahin sein. Merkwürdig, dass man noch immer in diesen Kategorien Ost- West denkt; dabei ist von der ehemaligen Grenze nichts mehr zu sehen. -

Wirklich nicht?

In einem Eckladen an einer der Ausfallstraßen Lauenburgs wehen schwarz-rot-goldene Fahnen mit Hammer, Zirkel und Ährenkranz. Wir registrieren es am Rande. Wer historische Devotionalien aus der Zeit deutscher Zweistaatlichkeit sucht, würde dort sicher fündig. Aber kurz vor Boizenburg am Straßenbegleitenden Radweg gibt es noch etwas, was an die Teilung erinnert: einen Wachturm, dem Grenzoriginal nachempfunden: „Checkpoint Harry“... Ein Restaurant in einer flachen Baracke. Wen es interessiert, der kann sich auf einigen Info-Tafeln über die Geschichte an der Grenze informieren.

Wir besuchen auch die Freiluftausstellung EinFlussReich auf dem Elbberg in der Nähe zum Aussichtspunkt „Elwkieker“. Aufsteller informieren darüber, wie und wann Hochwasser entstehen. Das lässt sich auch an einem großen Modell nachvollziehen. Was bedeutet effektiver Hochwasserschutz? Fakten über Hochwasserereignisse zeigen: die Folgen sind immer verheerender geworden und sie kennen keine Grenzen...

Für einen Stadtrundgang in Boizenburg ist es zu spät, aber wir können einen Teil des Rückwegs an der Elbe entlang fahren. Auf dem Tacho stehen am Ende des Tages 31 Kilometer.

Puren Sonnenschein versprach die Wetter-App. Ein paar Wolken stören nicht am nächsten Morgen, und den böigen Wind spürt man auf dem Elberadweg am Hochufer zwischen den Baumstämmen des Laubwaldes auch nicht. Aber diesen Weg müssen wir erst einmal finden, denn mit Hinweisschildern für den Radtouristen ist man hier doch recht sparsam. Dank der Auskunft einiger Einheimischer gelangen wir auf den Elberadweg durch den Wald. Weil die Bäume gerade erst zu grünen beginnen, sieht man den Fluss blau unten blinken. Auf und ab führt uns der naturbelassene Weg, bis erste Häuser auftauchen. Bänke am Elbufer laden zum Verweilen ein.

Weiter geht es über Krümmel mit dem stillgelegten Kernkraftwerk bis nach Geesthacht.

Die größte Stadt des Kreises Herzogtum Lauenburg liegt südöstlich von Hamburg an der Grenze zu Niedersachsen. Der Ort gilt als ein großer Energie- und Nuklearstandort Norddeutschlands. Gleich hinter dem ehemaligen AKW direkt am Elbufer folgt ein Energiepark, bestehend aus etlichen Sonnenkollektoren und einem imposanten Pumpspeicherwerk: drei große Rohrleitungen laufen den Hang hinauf.

Wir tun es nicht, auch wenn oben ein Aussichtsturm lockt. Wir haben genug Bellevue in unserm Hotel. Zudem wird der Wind zunehmend spürbar...

Noch fahren wir durch Geesthacht an neuen Wohnwürfeln vorüber, die wenig Behaglichkeit versprühen. Futuristisch wirkt der moderne Stil entsprechend dem Ort, in dem über 30 Tausend Menschen leben, arbeiten und forschen.

Wir überqueren die Elbe auf der Elbbrücke Geesthacht, die zweite Elbquerung Schleswig-Holsteins nach der von Lauenburg, und sehen die sechs Türme der großen Elbschleuse: 250 Meter lang und 25 Meter breit sei das 1957 errichtete Bauwerk, meint die Internet-Info. Von der Brücke hat man einen imposanten Blick in die Schleusenkammern und auf das Wehr der Staustufe zwischen Ober- und Unterelbe.

Danach passieren wir eine der größten Fischtreppen Europas.

Damit haben wir die niedersächsische Seite des Flusses erreicht und den Deich vor uns, Marschacht neben uns... Die Häuser, modern bis altertümlich, Backstein und Beton, begleiten uns eine Weile, bis wir drüben den hohen Schornstein von Krümmel erblicken und bald daneben die runde Kuppe eines Turmes, was uns auf dem Hinweg nicht aufgefallen war, nicht auffallen konnte: der Wasserturm Krümmel - eines der letzten erhaltenen Gebäude der ehemaligen Dynamitfabrik von Alfred Nobel! So erklärt WIKIPEDIA das zunächst uns so rätselhaft erscheinende Bauwerk, das aus dem Wald ragt.

Wir hatten uns die Rückfahrt über den Deich bzw. die Deichbegleitende Asphaltstraße einfacher vorgestellt, aber der Wind, der auf der Deichkrone besonders zu merken ist, macht uns zu schaffen. Und so bin ich auch froh, bald in der Ferne die bekannte Stahlkonstruktion einer Brücke auftauchen zu sehen. Leider führt uns diese nicht über die Elbe, sondern nur über einen Seitenkanal... Also galt es noch ein Stück des Weges weiter zu strampeln. 42 Kilometer schlussendlich. Krönender Abschluss: die schweren Bikes den „großen Sandberg“ hinauf schieben, von der Altstadt Lauenburgs bis zum Hotel.

Eigentlich wollten wir auch noch ein Stück der Alten Salzstraße nach Lüneburg unter die Pedale nehmen. Doch am nächsten Morgen ist kein Bellevue. Es regnet ...

Wir fahren mit dem Auto über Ludwigslust nach Hause. Wer übrigens:einen Besuch dort plant - das Schloss in Lu´Lu steht immer noch teilweise eingerüstet. Der große Goldene Saal ist wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen. Und ein Gang durch den Park ist bei Dauergetröpfel auch kein optimales Vergnügen!

Aber je weiter es nach Osten geht und wir uns Vorpommern nähern, desto blauer wird der Himmel! Die Sonne strahlt, als wir die Heimat erreichen.

Das lehrt zweierlei: Auf digitale Vorhersagen ist auch nicht immer Verlass!

Und: Zuhause ist noch am besten!

Bärbel H.