Der Journalismus der heutigen Zeit mit seinem Ringen um Aufmerksamkeit, der Aufgabe der Informationsvermittlung und der Suche nach der Wahrheit gleicht einem aussichtslosen Kampf widerstreitender Interessen.
„Nur Journalismus, der langfristig aus eigener Kraft wirtschaftlich erfolgreich sei und nicht durch andere Geschäfte quersubventioniert werde, könne seiner Verpflichtung für die demokratische Meinungsbildung gerecht werden.“ (Dr. Doepfner 2019 vor dem Betriebsrat der Axel Springer SE)
So weit, so gut. Es gibt leider wie immer nicht nur zwei Seiten einer Medaille. Die dritte Seite der Medaille: Die größte Herausforderung in der heutigen Zeit ist es, den Journalismus überhaupt gegen die überbordenden Social Media Kommentare zu verteidigen und als zuverlässige neutrale und letztlich unverzichtbare Informationsquelle zu etablieren. Und da gilt es auch schon die nächste Klippe zu umschiffen. Die vierte Seite der Medaille. Denn um Aufmerksamkeit zu bekommen, ist im ersten Moment die reißerischste Schlagzeile gerade gut genug. Das hat aber mit Seriosität nicht wirklich etwas zu tun und oftmals rächt es sich auch gleich. Zum Einen dann, wenn nur die Schlagzeile als Pseudoinformation hängenbleibt und die Diskussion bestimmt und zum Anderen, wenn die hinter den Schlagzeilen stehenden Informationen bei Weitem nicht das halten, was die Schlagzeilen versprachen. Dann wird der gelangweilte Nutzer diese Seiten kaum noch aufsuchen. Nutzer, die Seriosität erwarten, sowieso nicht. Es geht also um nichts weniger, als einen grundlegenden Bewusstseinswandel in Sachen Informationsbeschaffung. Die Wahrheit und fundierte Informationen müssen ausreichend für sich sprechen. Kein Fast Food mehr für den Kopf. Damit das funktioniert, ist es natürlich nicht nur sinnvoll, sondern auch unerlässlich, auch Social Media bzw. alle Kanäle, auf denen sich die Menschen heute bewegen, für die Informationsvermittlung zu nutzen. Die richtige Nutzung von Informationen ist wiederum Sache jedes Einzelnen.
Es geht um nichts weniger, als die Wahrheit als hohes Gut der Menschheit zu etablieren, das es immer und überall und um jeden Preis zu verteidigen gilt. Der Journalismus an sich hat sich da bisher nicht als Garant dafür erwiesen. Unabhängiger Qualitätsjournalismus dagegen, wo es ihn denn gibt, ist ein entscheidend wichtiges Werkzeug für die Aufklärung, die Wahrheitsfindung und -verbreitung. Unabhängig heißt allerdings nicht nur finanziell unabhängig, sondern auch frei von politischen und persönlichen Interessen. Und: Möglichst viele Menschen müssen in die Lage versetzt werden, Qualitätsjournalismus erkennen zu können. Das sollte einem grundsätzlich schon in der Schule beigebracht werden. Es muss für alle zugängliche verständliche und objektive Instrumente dafür geben. Gesundes Misstrauen ist sicherlich eines davon, kontroverse Diskussionen ein anderes.
Erstaunlicherweise (oder auch nicht?) stehen wir also an einem Punkt, der garnicht neu ist, sondern der letztlich in der gesamten Geschichte der Menschheit schon immer ein zentraler Punkt war: Die Suche nach der Wahrheit und objektiven Informationen. Die Aufgabe ist lediglich wesentlich vielschichtiger geworden, die zur Verfügung stehenden Mittel aber auch. Also: Bewusstsein schärfen und los geht’s! Für die Wahrheit, auch wenn es mehrere gibt, ist kein Aufwand zu groß! Daraus folgt, dass die Wahrheitsfindung und die demokratische Meinungsbildung niemals von rein kommerziellem Erfolg abhängig sein darf und nötigenfalls wie auch immer subventioniert werden muss. Das ist wahre Unabhängigkeit auch wenn dazu eine Menge Idealismus und Risikobereitschaft erforderlich sind. Sokrates und Galileo Galilei fallen mir dazu spontan ein, aber auch etliche Dichter, Denker und Künstler aus der heutigen Zeit. Alles Menschen, die den Mut gehabt haben, sich zu äußern ohne selbst etwas davon zu haben und oft Häme geerntet haben oder sogar verfolgt wurden und, ja, auch ein paar Journalisten fallen mir ein, wie zum Beispiel bei der Aufdeckung der Watergate-Affäre. Vielleicht erkennt man ja an diesem Idealismus die Wahrheit!
Ach ja, zwei Dinge noch, über die man mal nachdenken sollte: Bequem ist die Wahrheit in der Regel für viele nicht, deshalb heißt sie ja auch unbequeme Wahrheit. Unwahr wird sie deswegen aber noch lange nicht. Und wenn man über manche Dinge oder Vorkommnisse garnicht berichtet, bedeutet das nicht, dass es diese nicht gibt und auch nicht, dass diese unwahr wären.