Man fährt meistens daran vorbei. Denn sie stehen da, man kennt sie vom Vorbeigehen, gewöhnlich sind sie nämlich verschlossen: die Schönen vom Lande, wie sie mal jemand nannte, die Dorfkirchen.
An der Kirche zu Levenhagen ist etliche Male vorüber gefahren, wer von Grimmen nach Greifswald wollte, oder umgekehrt. So lange es die Ortsumgehung nicht gab, war auch schwierig anzuhalten im fließenden Verkehr. Nun ruht die Dorfstraße friedlich und ein wenig behäbig unter den großen Kastanienbäumen. Was ihren Anwohnern früher die Ruhe geraubt hatte, ist nach draußen verbannt: der Durchgangsverkehr. Und nun lockt ein Doppelschild: Kirche offen!
Also halten wir an, machen einen Fahrradstopp, um der Einladung zu folgen. Denn im Gotteshaus erwartet uns eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Ortes.
Die Kirche wurde in den Sechzigern vorigen Jahrhunderts umfassend saniert. Entstanden ist ein lichter Raum mit tiefen Gewölbebögen und zwei seitlichen Kapellen. Das alte Gestühl wurde entfernt (die Orgel leider auch).
Nun steht der Besucher staunend vor dem mittelalterlichen Gemäuer, das weiß gekalkt, trotz der Schlichtheit eine gewisse Feierlichkeit und zum anderen auch Geborgenheit ausstrahlt. Alles wirkt klein, aber fein: die Malereien an den Rippen der Gewölbe, die beiden Kronleuchter an der gewölbten Decke, der Altar aus den Jahren des Dreißigjährigen Krieges - fast wirkt er niedlich mit seinen Schnitzfiguren und biblischen Bildern. Dazu eine wuchtige Tauffünte aus skandinavischem Kalkstein mit Ritzzeichnungen darauf.
Das alles lässt der zufällige Besucher auf sich wirken, bevor er sich die Fotos ansieht und die Tafeln auf dem Gestühl: „Wussten Sie“, wird er gefragt, „dass 1865 231 Einwohner auf 20 Häuser verteilt in Levenhagen wohnten“ oder dass „ im Jahr 1864 der Schulunterricht öfter unterbrochen wurde, weil die älteren Schüler auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen mussten? Und wussten Sie, dass Levenhagen 1922 vier Wochen lang unter Wasser stand, weil der Ryck wegen anhaltenden Regens über die Ufer getreten war?“ Nein, natürlich wissen Heutige so was nicht ...Wir wussten bis dato auch nichts von dem Ort Kraulshorst, der immerhin bis 1975 noch existiert hatte.
Draußen stehen aufgereiht alte Grabsteine. Auf einem ist rückseitig zu lesen: „Hier im Dunkel, dort im Licht schaue ich Gottes Angesicht“.
Wer schon mal auf dem gepflegten Kirchhof mitten im Ort (in Nachbarschaft zum Alcedo - Gelände) unterwegs ist, der wird nun endlich auch jenes merkwürdige, etwas schief scheinende Backstein - Gebäude am Straßenrand näher besichtigen.
Die Marienkapelle: Sie ist die kleinste, noch über die Reformation hinaus erhaltene freistehende Wege-Kapelle in Nordeuropa. Man kann sie betreten, auf einer Holzbank Platz nehmen und den kleinen Raum mit dem bunten Licht von den Butzenscheiben des kleinen Fensters still für sich genießen. Man kann aber auch per DigiWalk auf eine interaktive Wallfahrt durch die Geschichte gehen. Wenn man sein Smartphone dabei hat. Durchblättern wir die ausliegende Info-Mappe, so erfahren wir: Hier wurde in der Vergangenheit einiges getan, um diese Geschichte wieder lebendig werden zu lassen. Also: Einfach mal anhalten, absteigen... auch wenn keine Klapptafel mehr einlädt in die offene Kirche - ein Blick in die kleine Kapelle lohnt auch den Besuch!