Briefe schreiben ist nicht mehr modern.
Deshalb beklagt die Post auch das prekäre Briefgeschäft, (obwohl die Paketbranche dank Amazon und Co. boomen dürfte.) und darum wird das Briefporto wohl auch regelmäßig erhöht, aber der Service nicht unbedingt besser, wie folgende Begebenheit zeigt.
Aber ich greife vor: Zur Generation gehörend, die noch „Briefe an Freunde“ schrieb, konnte ich mich für elektronische Mails bislang wenig erwärmen. Ich empfinde noch Freude beim Öffnen eines Briefumschlags, an einer hübschen Karte, am Papier. Ich bin so altmodisch! Darum geht einmal im Jahr auch Post nach Frankreich. Und von dort kommt dann ein Brief zurück mit einem exotischen Wintergruß: zierliche, fast zerbrechlich wirkende Hirsche, die schwungvoll einen Schlitten ziehen …
Den Brief schickte Martine, wie ich - Bjarnes Großmutter. Weil wir beide der jeweils anderen Landessprache nicht mächtig sind, bemühen wir beide einen Übersetzer. Martine, Empfängerin meines Weihnachtsbriefes, wird hoffentlich verstehen, was ich in die Karte kritzelte - mit all den fremden Strichen über Buchstaben und Worten (Akzente, Trema, Cedille genannt) - an hoffentlich richtiger Stelle. Irgendwann im neuen Jahr würde ihre Antwort kommen, „verdeutscht“, auch fremd übersetzt, weil sie schreibt: „Ich danke Ihnen für Ihre Wünsche und erhalte im Gegenzug alle meine. Möge das neue Jahr Ihnen Freude, Glück und vor allem Gesundheit bringen. Aufrichtig Martine.“
Das wirkt ein wenig gestelzt, wie ich finde, aber wer weiß, wie der Google-Übersetzer meinen Text „französiert“ hat? Martine gehört jedenfalls zur Verwandtschaft; doch weiß das ja Google nicht... will nur sagen: so ein Brief zum Jahreswechsel ist mehr als eine Pflichtübung. Es ist eine Willens-bekundung: Trotz Hunderter Kilometer zwischen uns halten wir Kontakt!
Nur welche Marke gehört auf den Umschlag? Und noch viel wichtiger: wo bekomme ich diese Marke her? Als ich an einem Kiosk einmal Zehn-Cent-Marken kaufen wollte, machte mein Wunsch den Angestellten sprachlos; sie hatten nur 70- und 85 Cent-Marken im Angebot, durchschnittliches Inlandsporto eben.- Nach Frankreich kosten 20 Gramm „Brief“ 1.10 Euro.
Das hatte ich schon im Internet recherchiert.
Ein entsprechendes Postwertzeichen aber ausdrucken zu lassen setzt erst einmal einen funktionierenden Drucker voraus und dann die Feststellung des konkreten Brief - Gewichts. Dementsprechend: die Höhe des Portos. Das sollte ein Fachmann, wie ein Postbote, wohl einzuschätzen wissen. Meinte ich. Also legte ich mich auf die Lauer...
Denn seit es im Gemeindebereich keine Postfiliale mehr gibt, ist das Postauto, bzw. sein Fahrer die letzte Rettung bei so mancher postalisch kniffligen Frage und für jeden immobilen Süderholzer. Nicht dass ich mich dazu zählte; aber eine Radtour ins benachbarte Greifswald bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ist kein Vergnügen! Und die Busverbindungen per ÖPNV … das wäre ein weiteres trauriges Feld sogenannter „Daseinsvorsorge“ auf dem Lande, das wir jetzt nicht auch noch beackern können.-
Eines Nachmittags gegen 15 Uhr taucht endlich der ersehnte gelbe Wagen auf; ich stürze hinaus, froh den Postboten noch gerade so erwischt zu haben. Der zeigt sich verwundert ob meines Ansinnens: Ja, den Brief könne er mitnehmen, aber Marken dazu habe er keine... Auch dass ich ihm das Geld dafür gäbe und er später den Brief entsprechend frankiere, liegt außerhalb des ihm Möglichen. Wie denn... was denn...?- In der Vergangenheit gab es den Service noch. Auch ich habe davon Gebrauch gemacht, wenn es nötig war und unsere nette, gut bekannte Postfrau vorm Haus hielt. Er sei neu, erklärt mir der junge Mann mit der Zigarette zwischen den Fingern. Und er habe heute schon einigen Leuten entsprechende Wünsche abschlagen müssen.
Na toll... Eine Briefwaage hat der bestimmt auch nicht dabei! -
Also fahre ich bei nächster Gelegenheit nach Kandelin zu Illes Dorfshop.
Dort hatte ich im vergangenen Jahr noch meine Weihnachtspost erledigen können. Dass man das Paketgeschäft nun aufgegeben hat, war mir bekannt; nur wenigstens Briefmarken hoffte ich noch zu erhalten. Aber nichts da! Die Post habe sich gänzlich zurückgezogen, nicht einmal Briefmarken gäbe es mehr, erfahre ich, und: „Der Brief …“, prüfend per Hand abgewogen: „Der soll nur 1.10 kosten? Nach Frankreich?“ - Ansteckende Skepsis.
Unverrichteter Dinge fahre ich nach Hause. Wie teuer würde es denn in der nächsten „Gewichtsklasse“ sein? - 50 Gramm „Brief“ kosteten schon 1.70...
Ich habe noch eine Marke zu 1.60 liegen. Die klebe ich nun auf den Umschlag, so auf Verdacht... Mal sehen, ob der Brief nun seinen Weg nimmt und ankommt bei Martine in Frankreich. Oder ob er in den nächsten Wochen wieder in meinem Briefkasten landet mit der Mahnung:
„Unzureichend frankiert...Es fehlen 10 Cent!“