Titel Logo
Süderholzer Blatt
Ausgabe 399/2024
Zum Nachdenken
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Gedanken in dunkler Zeit

Autoren in Vergangenheit und Gegenwart mit

Gedanken in dunkler Zeit

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten. Schrieb Bertolt Brecht in den Nazi-Jahren 1934-1938 in seinem Gedicht „An die Nachgeborenen“.

Dort heißt es : „Ich wäre gerne auch weise

In den alten Büchern steht, was weise ist:

Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit

Ohne Furcht verbringen

Auch ohne Gewalt auskommen

Böses mit Gutem vergelten

Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen

Gilt für weise.

Alles das kann ich nicht:

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!“

Und wir? Leben wir nicht auch in solchen Zeiten?

Wieder in dunkler Zeit, nachdem in den Neunzigern mit Mauerfall und dem Ende des Kalten Krieges auch das „Ende der Geschichte“ erreicht schien? Nun sollen wir „kriegstüchtig“ werden, wir... das heißt: nicht nur eine in langer Friedensperiode erschlaffte Bundeswehr, sondern auch eine wohlstandsverwöhnte Gesellschaft müssen uns in neue Gegebenheiten fügen.

Die hässlichen Kriege kommen näher: das Schlachten in der Ukraine findet kein Ende. Das Töten in Gaza übersteigt jede Vorstellungskraft. Und schon entwickelt sich ein Gefühl permanenter Unsicherheit und Bedrohung: Kampfjets am Himmel erwecken mit ihrem donnernden Lärm keinesfalls ein Befinden von Sicherheit. Ein großes Manöver westlicher Streitkräfte im Osten lässt fragen: Wie lange währt der Friede noch? -

Nachrichten mag man nicht mehr sehen und hören. Es mag ein Indiz dieser „finsteren Zeit“ sein: Nur schlimmste Nachrichten taugen für den Eingang in Presse und Medien! Mit Angst wird gefügig gemacht! Längst scheint der Pazifismus ausgedient zu haben.

Zitiert sei an dieser Stelle der ZEIT - Autor Christoph Dieckmann, der jüngst mit folgenden Zeilen zu lesen war (Ausgabe 8/24 ZEIT Seite 16):

„Was weiß ich heute als Pazifist? Nicht weniger als vor einem Jahr. Die Rüstungsproduktion promovierte zur Freiheitsindustrie, der Waffenexport zur staatsbürgerlichen Pflicht. Putin ist keineswegs am Ende, das Wunschdenken des Westens wieder einmal ernüchtert … Kurt Tucholsky schrieb:,...Nichts als Pazifist zu sein, das ist ungefähr so, als wenn ein Hautarzt sagt:Ich bin gegen Pickel.- Damit heilt man nicht.“ Dickmann fragt: „Was heilt denn?“

Und er antwortet: „ Sich nicht aufhetzen lassen. Nicht resignieren, nicht radikalisieren. Kein Leben und kein Leid geringer achten als das der,eigenen Kultur. David Grossman lesen: Frieden ist die einzige Option.

Frieden verbinden mit Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Keine Brücken sprengen. Der Waffenlogik widersprechen, ebenso dem,antidemokratischen Grundrauschen`.(D. Begrich).

Der Erosion der Gesellschaft wehren, die Ohnmachtswut des Ostens zügeln. Die Ostdeutschen lösten sich nach ihrer Friedlichen Revolution von der sowjetischen Siegermacht.

Die Bundesrepublik hat sich von den USA niemals emanzipiert. Nun droht abermals die Schutzmacht Trump? Es heißt,,die Friedensrendite von 1990` sei aufgebraucht.

Dann gnade uns Gott, das Opfer aller Kriege.“

Linde Hurtig