Als Volker Schüttmann, Hubert Schwarz und ich unmittelbar nach der Deutschen Einheit in unserem Wohnzimmer eine Flasche Rotwein tranken und über die Möglichkeiten der erlangten kommunalen Selbstverwaltung diskutierten, wurde die Idee zu einer regionalen Zeitung von Bürgern für Bürger mit kommunaler Unterstützung geboren. Damals waren unsere Köpfe voller Ideen und Hoffnungen. Dass sich bis heute viele engagierte Menschen gefunden haben, die das Süderholzer Blatt jeden Monat organisatorisch und inhaltlich mit Leben füllen ist eine große Leistung. Dafür bin ich sehr dankbar.
Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich mir nachdem wir Freiheit, Demokratie, freie und geheime Wahlen und unendlich viele Chancen gewonnen haben, irgendwann Sorgen um diesen Schatz machen werde.
Was ich im täglichen Leben auf der Straße, in Runden mit Freunden und Bekannten und natürlich über Medien wahrnehme, entspricht nicht unserer damaligen Vorstellung einer erstrebenswerten Gesellschaft es entspricht aber auch häufig nicht der Realität.
In meiner politischen Laufbahn habe ich sowohl am linken als auch am rechten Rand Kräfte wahrgenommen, die das Geleistete und die Realität schlecht gemacht, Ängste geschürt und sich als Retter präsentiert haben. Dies ist nicht neu. Neu ist, welchen fruchtbaren Boden es inzwischen für Neid und manipulierte Meinung gibt und wie sich Derlei breit macht. Inzwischen tun sich Gräben auf und der Zusammenhalt der Gesellschaft scheint gefährdet.
Nun habe ich kein Patentrezept und will gewiss auch nicht belehren. Persönlich handhabe ich es so, dass ich Behauptungen und Meinungen nach Herkunft und Inhalt hinterfrage. Auch dann, wenn anscheinend die gesamte Gruppe einer Auffassung ist. Ein guter Indikator ist die Frage: Wem nützt es? Für mich persönlich ergibt sich die Richtigkeit einer Behauptung nicht daraus, dass sie von einer noch so großen Gruppe vertreten wird. Auch große Gruppen haben schon große Fehler mit verheerenden Auswirkungen gemacht. Wahrhaftigkeit bei dem was wir sagen und tun und Demokratie schützt vor solchen Fehlern.
Inzwischen höre ich gelegentlich die Meinung, dass wir keine Meinungsfreiheit und auch keine Pressefreiheit hätten. Anscheinend wirkt die Parole von der „Lügenpresse“ doch irgendwie. Selbst Falschmeldungen werden hierzulande von Medien aufgedeckt und kundgetan. Sicherlich gibt es Unterschiede in der Aufmachung einer Information. Mücken werden eher in Medien zu Elefanten, die sich nach Klicks und Werbeerträgen finanzieren. Auch, dass sich die eigene Meinung nicht in allen Medien widerspiegelt, ist kein Indiz für ein Versäumnis der Medien. Vielmehr scheint die Informationsfülle und die Schwierigkeit zu unterscheiden was wahr und falsch und was wichtig und unwichtig ist eine zunehmende Herausforderung zu sein.
Dies alles trifft auf das Süderholzer Blatt natürlich nicht zu. Wenn jeder an seinem Platz bereit ist, nicht nur zu nehmen was er bekommen kann sondern auch bereit ist etwas für unsere Demokratie zu tun, dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Das Ehrenamt in Gemeindevertretung, Gremien, der Kirchgemeinde, der Feuerwehr ist ein unverzichtbarer Beitrag. Es wurde schon oft gesagt aber ich wiederhole es trotzdem wegen der Bedeutung. Demokratie ist kein Geschenk, sondern muss erarbeitet und verteidigt werden.
Zur Kommunal- und Europawahl werden wir nicht von einem Diktator getrieben. Auch wenn längst nicht alles perfekt ist und auch nie sein wird, sind wir in unserer Familie dankbar für die Freiheit, die Sicherheit und den Wohlstand in Deutschland. Für mich ist jede Wahl in einer Demokratie nicht eine Wahl gegen sondern für etwas. Wie es mit Demokratie, Recht, Freiheit und dem ausgewogenen Verhältnis von sozialer Gemeinschaft, Wirtschaft und Natur weitergeht, entscheiden die von uns ausgesuchten Menschen.
Wir entscheiden, ob wir einen Schlingerkurs zwischen Links und Rechts einschlagen, der dieses Land nicht voranbringt, sondern aufreibt, oder ob dieses Schiff einen Kurs annimmt der unseren Herausforderungen an die Zukunft der Generationen und der Welt in Frieden gerecht wird.
Ralf Drescher