Das ehemalige Badehaus Goor
Der Ernst-Moritz-Arndt-Turm in Bergen
Maler Caspar David Friedrich
Preußensäule in Neukamp
Was fällt Ihnen beim geografischen Begriff „Rügen“ ein?
Größte deutsche Insel - voller Romantik?
Vielfalt und Vielfältigkeit von Natur und Landschaft? Sehnsuchtsort für Touristen- mit buntem Strandtreiben... Flanieren an der Sassnitzer Mole oder auf den Promenaden der Badeorte Binz und Sellin?
Wohl zuerst denken viele an die Kreidefelsen im Nationalpark Jasmund oder an die einst „nördlichste Spitze“ Kap Arkona.Vielleicht noch an die Feuersteinfelder bei Mukran oder den Koloss von Prora oder den Rasenden Roland…
Das sind nur einige der bekanntesten Attraktionen!
Aber wir wollen weniger Bekanntes entdecken. Und auch davon hat diese Insel so einiges zu bieten!
Wir sind im Süden der Insel unterwegs. Die Landschaft ist hüglig, geschwungen, darin verborgen liegen kleine Dörfer, manche an ausladenden Buchten, andere mit seltsamen Namen. Bei Garz gibt es zum Beispiel das Dörflein „Schabernack“...
Auf den Wegen abseits der stark befahrenen B 96: Idylle pur.
Ein Schwanenpaar unter hohem Himmel. Sandige Ufer mit vom Sturm gefällten Bäumen. In den Tagen vor Ostern: Kraniche auf grünenden Feldern. Und der Gesang der Lerche! -
Weniger idyllisch für den Radtouristen: viele der Wege sind keine expliziten Radwege. Man muss sie teilen mit den „Feldpanzern“, riesigen Traktoren. Und noch unangenehmer wird es, verirrte man sich auf eine der schmalen Nebenstraßen, durch Leitplanken und zottige Alleebäume zusätzlich eingeengt...
Dann aber taucht plötzlich ein großer Feldstein auf; „Tempelberg“ ist drauf zu lesen und ein Tempel natürlich nirgends zu sehen, nur ein mit Sträuchern überwucherter Hügel. -
Der bewegt - bewegenden Geschichte Rügens begegnet man oft unvermutet: an Burgwällen, Grabfeldern und Großsteingräbern, den „Heiligen Stätten“ der Insel. Der Weg zwischen Stresow und Neu Reddewitz ist „steinreich“. Aber natürlich sollte man vor allem die alten Inselkirchen besuchen. Wenn sie denn geöffnet sind. Außerhalb der Saison sind die Chancen da leider gering...
Möglich ist hier im Insel-Süden aber immer ein Fotoshooting vor königlicher Statue! Eine aus abseitigem Gebüsch emporragende Säule, auf der ein steinerner Monarch den blankem Säbel schwingt... Das zeigt die Preußensäule von Neukamp in der Nähe eines „Lost place“, einer verfallenen Feriensiedlung aus DDR-Zeit, und keine hundert Meter entfernt vom Bodden! Eine zweite ähnliche Säule befindet sich nahe dem Dorfe Groß Stresow. Dahin gelangen wir gleich. -
Rügen überrascht mit einer Vielzahl von Geheimnissen, Sagen, Legenden, wovon mit folgendem Gedicht nur eine erzählt sei:
Es liegt ein Haus am Strande,
um das die Dornen steh´n;
vom ärmlichen Gewande
ist nur das Dach zu seh´n.
Einst gab vom Dach aus Kunde
dem Feind man auf dem Meer,
dass in der Bucht zur Stunde
die Landung möglich wär.
Verrat am eigenen Lande
verübt um Judaslohn!
Verrat! Du Wort voll Schande
sprichst Heimattreue Hohn!
Und wenn´s den Tätern reute,
das löscht die Schmach nicht aus:
Mit Fingern zeigt noch heute
man auf´s Verräterhaus.
Wo steht dieses „Verräterhaus“?
Das Gedicht von Anna Rink ist auf einer Infotafel in Nähe besagten Hauses nachzulesen. Die Legende geht auf den Nordischen Krieg zurück, als der preußische König von See aus einen Feldzug gegen Schweden führen wollte. 1715 ging er in der Rügener Bucht vor Groß Stresow an Land und besiegte die nordische Großmacht. Es heißt, dass einer der Einheimischen, Johann Meußling, mit einem Bettlaken vom Dach seines Hauses aus das Zeichen gegeben hätte, wann die Anlandung erfolgreich sein würde.
Auf das Haus des Verräters wird heute nicht mehr mit pikiertem Finger gezeigt; es ist - restauriert - eine Attraktion geworden im beschaulichen Stresow. Ein Blick durch die großbogigen Giebelfenster verrät, dass man in diesem Hause gern gesellig beieinander ist.
Im Rugard, einer bewaldeten Anhöhe am Rande der Kreisstadt Bergen befindet sich nicht nur eine Sommerrodelbahn, sondern auch ein besonderes Denkmal. Es erinnert an Ernst Moritz Arndt, den berühmten Sohn der Insel, in Groß Schoritz geboren. Es ist zudem ein Aussichtsturm, Beispiel für die Denkmalarchitektur des ausgehenden 19.Jahrhunderts, entstanden in Erinnerung an den 100. Geburtstag des Dichters und Patrioten.
1877 wurde der Turm der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Von hier hat man einen guten Rundumblick über die Insel, wenn man es nicht bis auf einen der Türme von Jagdschloss Granitz oder in den Baumwipfelpfad bei Prora geschafft hat, ebenfalls zu empfehlende Aussichtspunke.
Zu den Denkmälern für bekannte Persönlichkeiten gehört seit Jüngstem auch eine Bronze-Statue, geschaffen von Thomas Jastram, die den Maler Caspar David Friedrich zeigt. Der Maler scheint gerade an Land gekommen zu sein ... In der Allee zwischen Lauterbach und dem ehemaligen Badehaus Goor, das heute ein nobles Hotel beherbergt, begegnet man ihm.
Wenn man im Insel - Süden unterwegs ist, sollte man unbedingt die weiße Stadt des Fürsten Malte von Putbus besuchen. Auch wenn sein Schloss im Park nicht mehr existiert, so zeugen noch zahlreiche Bauten von dem kreativen Bauherrn, dem ebenfalls ein Denkmal gesetzt wurde, denn er begründete 1810 den Ort. Angeregt von seinen Reisen durch Europa legte er besonderen Wert auf einen gepflegten Zustand der Stadt. Die Häuser sollten „jährlich nach der Straße hin frisch abgeputzt und in gutem Zustand erhalten“ werden. Bekannt wurde Putbus auch durch zahlreiche Rosenstöcke vor den weißen Fassaden. Der Ort profitiert bis heute von den Vorzügen der historischen Anlage mit dem großen Circus, seiner Alleestraße und dem Markt, die dem englischen Bath nachempfunden sind. Der Bildungsgedanke des aufgeklärten Fürsten zeigte sich auch in dem Königlichen Paedagogium, das heute ein IT-College beherbergt. Besonders empfehlenswert ist ein Besuch des ehemals fürstlichen Theaters, das in seiner Ausstattung und mit seinem Charme den Besucher in jene klassizistische Zeit des Fürsten zu Putbus versetzt.
Bei aller Insel-Schwärmerei ist mir eine zufällige Begegnung in besonderer Erinnerung geblieben.
Während einer Rast kamen wir mit einer Insulanerin ins Gespräch, die mit ungewöhnlicher Offenheit den Austausch suchte mit uns, den Fahrradtouristen, die wir gerade an einem Aussichtspunkt mit Vilm - Blick pausierten. Sie sei in ihrem bisherigen Leben im Land ein wenig ´rum gekommen, sprach sie, sei im Süden gewesen, habe viele Jahre auch in Sachsen gelebt und die Leute dort seien ihr offen und herzlich begegnet. Aber als sie auf die Ostsee-Insel kam, habe sie sich geschämt und gegrämt ob der mürrisch - verschlossenen Art ihrer Mitbewohner. Inzwischen könne sie sich diese „Unart“ jedoch erklären: Kaum habe die Insel mal Zeit sich zu erholen von dem Ansturm der Erholung Suchenden. Schon im März käme die Touristeninvasion wieder über sie – leider auch mit Zeitgenossen ohne Manieren, mit Wildpinklern und Blumendieben.
„Sie glauben nicht, mit welchem unverschämten Selbstverständnis einige Besucher selbst private Orte ohne Rücksicht für sich okkupieren!“
Wir sahen die Seebrücke in Binz; voll und schwarz von Menschen … Es war noch nicht Ostern! - Auf den Feldwegen und Landstraßen zwischen Garz und Lancken hingegen waren wir beinahe allein. Noch.…