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Süderholzer Blatt
Ausgabe 408/2024
Das Thema
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Liebe Leserinnen und Leser,

Ich habe gerade die Spülmaschine ausgeräumt, und dachte noch an den Wäscheberg, der zusammengelegt werden muss. Plötzlich klopft es an meiner Tür. Vielleicht jemand aus der Gemeinde? Oder so spät noch der Postbote?

Ich öffnete die Tür und vor mir stand er, der Advent. Mit einem ganz breiten Grinsen. Mit frecher und fröhlicher Stimme rief er mir zu: Hallo, ich bin da. Endlich!

Ich wischte mir die Haare aus dem Gesicht, auch um mein Entsetzen einen Moment lang zu verbergen. Wieso? Warum? Jetzt schon? Es kann doch nicht schon so weit sein? Ich bin noch gar nicht so weit! Hier sieht es aus wie … naja, Sie wissen schon. Die Wäsche, das Geschirr… Und überhaupt, ich habe noch nicht geschmückt, keine Backzutaten im Haus und die Kinder haben auch gerade schlechte Laune… Es ist noch gar kein Platz für dich, sagte ich zum Advent.

Aber der schob mich energisch zur Seite, stapfte an mir vorbei und machte es sich auf der Couch bequem. Wieso, meinte er, es ist doch schon mal schön warm hier. Das ist doch ein guter Anfang. Außerdem meine Liebe, und nun schaute er mich milde lächelnd, aber auch ein bisschen streng an: Das kenne ich doch schon von dir. Das erzählst du mir Haare raufend jedes Jahr: Mimimimi. Was? Schon? … Nee, ich hab noch so viel zu tun! Und ich sage jedes Jahr: Das wird schon. Stück für Stück. Deswegen bleibe ich ja ein paar Wochen, damit du dich an mich gewöhnst. Und sind wir mal ehrlich, woanders ist es auch nicht perfekt. - Ich bin jetzt da und wir arrangieren uns miteinander.

Tja, was soll ich Ihnen sagen. Er ist immer noch da. Der Advent sitzt auf meiner Couch, futtert die Plätzchen, die ich mit den Kindern gebacken habe. Amüsiert sich über die To-Do Listen, die ich schreibe. Bewundert die Geschenke, die ich heimlich verpacke und verstecke. Freut sich über die Pyramide und den Adventskranz mit den Kerzen, die inzwischen leuchten und ab und zu setze ich mich tatsächlich neben ihn, atme tief durch und freue mich über seinen Besuch.

Und dann, wenn ich da so sitze, denke ich: Ich freue mich über die Lichterketten, die ich überall sehe, die Stechpalmenzweige in den Gestecken, mit den roten Beeren. Ich mag die Weihnachtsmusik, die überall dudelt, den Zimtgeruch und selbst die blinkende Weihnachtsbeleuchtung in manchen Fenstern in den Dörfern. Und in mir wächst die Freude auf Weihnachten. Ich will den schönsten Tannenbaum. Ich will die englischen Weihnachtslieder im Radio, weil sie so fröhlich klingen. Ich will die Goldbänder für die Geschenke. Ich will die Freude und die Feststube. Ich will die Hoffnung, die in allem steckt. Dass Wunder möglich sind. Dass Gott sich so klein macht, dass er in meiner Stube wohnen kann. Ich will es glauben: Dass es gut wird auf unserer Welt, auch wenn nicht alles gut ist.

Und so wünsche ich es auch Ihnen, dass Sie sich ab und zu hinsetzen und den Adventsbesuch genießen, auch wenn er stressig ist. Dass Sie sich über das freuen, was ist und was vielleicht kommen und werden wird.

Ihre Pastorin Anne-Rose Wergin