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Süderholzer Blatt
Ausgabe 408/2024
Zum Nachdenken
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Weihnachtsbotschaften

„Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“

Diese Worte ertönen jedes Jahr zu Weihnachten in den Kirchen unseres Landes. Sie sind Teil der Weihnachtsbotschaft, die da lautet: „Euch ist heute der Heiland geboren!“ Wie vielen Menschen mag das vor mehr als zweitausend Jahren ein Trost gewesen sein? Und doch schlugen sie ihn, der ein Heiland der Armen und Schwachen war, ein kurzes Menschenleben später ans Kreuz ...

Was taugt die Weihnachtsbotschaft heute? Ist sie noch eine Botschaft für uns?

Sie scheint Teil einer folkloristischen Veranstaltung geworden: Zu den Krippenspielen an Heiligabend füllen sich die Kirchen. Im Rest des Jahres stehen sie leer ...

Haben jene Worte aus damaliger Zeit uns heute nichts mehr zu sagen?

Welche Worte haben unsere Botschaften, die wir am Ende eines Jahres auf buntfarbige Postkarten kritzeln, in Tastaturen tippen und zu Verwandten und Freunden auf die Reise schicken?

Darüber könnte man Glossen entwerfen: wiederholbare Sätze, belanglos, nichtssagend (Hallo, ihr Lieben, wieder ist ein Jahr zu Ende, verflogen wie im Fluge. Wo blieb nur die Zeit? Alle Jahre wieder ...)

Die Post wird zu Jahresbeginn ihr Porto erhöhen; Briefe und Karten kosten dann gleichermaßen fast einen Euro. Begründung: das Briefaufkommen habe nachgelassen; die Kosten müsse man decken. - Ähnlich argumentieren Buchverlage: Weil weniger Bücher gekauft werden, erhöht man die Preise ... Es wird weniger gelesen, weniger geschrieben. Aber es wird getippt und gewischt, kürzlich der jungen Generation attestiert.

Beide Nachrichten scheinen in einem (wenn auch nicht direkten, unmittelbaren) Zusammenhang zu stehen. Eine Gesellschaft, die nur noch wenig liest, noch weniger schreibt (also Gelesenes kaum rezipiert) ... welchen Ideen folgt sie?

An Weihnachten mag das deutlich werden: das „Fest der Liebe“ mutierte zum Fest des Konsumrausches. Weihnachtsmärkte, die als W(inter)Märkte getarnt schon vor der Adventszeit öffnen, ganz zu schweigen von all den Weihnachtsleckereien, die schon im Spätsommer wie selbstverständlich in die Regale der Supermärkte finden ...

Es gibt einen Konsumklima-Index. Der verweist u. a. auf die wirtschaftlichen Flauten des Jahres.

Aber das Klima bleibt schlecht. Steigende Preise bei den Lebenshaltungskosten, eine ungewisse Zukunft drücken nicht nur auf das Gemüt von Konsumenten. Inflation und Rezession haben der Ampel die Regierung gekostet. Nun soll neu gewählt werden. Wahlkampf in der Weihnachtszeit, das hat eine besondere Note! Und welche Botschaft(en) hören wir?

„Tausend Tage Krieg in der Ukraine!“ Ein hierzulande gut bekannter Ex-Botschafter droht mit den „Russen vor dem Brandenburger Tor“, und am Zuckerhut wird die deutsche „K-Frage diskutiert“. Dabei sollten in Rio de Janeiro auf dem G-20-Gipfel der globale Hunger und eine Steuer für Superreiche im Mittelpunkt stehen. Klimaschutz und geopolitische Fragen bleiben im Schatten aktueller Entwicklungen. Und die ungewisse Zukunft (Trump wieder zurück im Weißen Haus. - Putins Truppen rücken vor. Und Biden erlaubt den Einsatz amerikanischer Langstrecken-Raketen) drückt - nicht nur auf den Konsumklima-Index ...

Im Netz überschlagen sich die mörderischen Schlagzeilen: „Atomkrieg noch vor Weihnachten!“, „Festtage im Bunker!“

Da könnte man zynisch werden. „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“? - Diese Botschaften sind es ganz sicher nicht! -

Mag sein, dass Deutsche zu viel jammern, geht es ihnen doch vergleichsweise (noch) gut.

Mag sein, dass man sich mit den schlechten Nachrichten derzeit ja nicht die Nächte um die Ohren schlagen muss, ... lässt man einfach Radio und Fernseher aus und liest die Zeitung nicht. -

Mir fallen die drei weisen Affen ein: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. -

… was feiern wir Weihnachten eigentlich? -

fragte Linde Hurtig am 20.11.2024