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Süderholzer Blatt
Ausgabe 411/2025
Heimat
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Vom Diener zum Berater des Königs

Erik von Dahlberg, in Deutschland eher unbekannt, ist in Schweden eine bedeutende historische Persönlichkeit. Aus einfachen Verhältnissen stammend, ermöglichten ihm seine vielseitigen Begabungen eine ungewöhnliche Karriere. Diese begann in Stettin, Griebenow und Demmin.

Erik von Dahlberg wurde als Erik Jönsson am 10. August 1625 in Stockholm geboren. Nach dem Tod seines Vaters geriet die Familie in finanzielle Not und die Mutter gab Erik 1630 aus dem Haus.

Damals 5 Jahre alt, kam der Junge als Knecht und Schüler in die Obhut des regionalen Pastors. Bereits im Alter von sieben Jahren wurde er an der Universität in Uppsala eingeschrieben, die er bis 1635 besuchte. Danach lernte er an einer Schule in Norrköping. 1638 bestand Erik Jönsson das schulische Examen und lebte danach bei seinem Onkel. Dieser schickte ihn auf eine Rechenschule nach Hamburg. Nachdem Erik Jönson diese Schule absolviert hatte, schrieb sein Onkel im Mai 1641 einen Brief an den schwedischen Oberkämmerer für Pommern, der in Stettin wohnte und arbeitete. Dieser Oberkämmerer namens Gerhardt Anton Rehnskiöld, war der spätere Besitzer des Gutes Griebenow. Eriks Onkel bat in seinem Brief um eine Anstellung für seinen Neffen und bekam einen positiven Bescheid.

Am 17. Mai 1641 traf der damals fünfzehnjährige Erik in Stettin bei seinem späteren Herrn und Mentor, Gerhardt Anton Keffenbrinck, geadelt Rehnskiöld, ein. Zunächst erhielt er eine Anstellung als Gehilfe, so war er ein Diener unter Dienern. Gerhardt Rehnskiöld erkannte schnell die hohe Intelligenz des Jungen und dessen außergewöhnliche Begabung in den Bereichen Mathematik, Schreiben und Zeichnen. Von nun an bekam Erik besseres Essen und feinere Kleidung als die übrige Dienerschaft. Rehnskiöld zog ihn bald darauf bei der Bearbeitung militärischer Unterlagen hinzu. Mit der Zeit bauten beide ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis auf. Erik wurde Gerhardt Rehnskiölds Reisebegleiter und Privatsekretär.

Im Jahr 1644 sah Erik Jönsson seine Heimat wieder. Sein Mentor schickte ihn nach Schweden, was einer großen Auszeichnung gleichkam. Erik sollte den Um- und Neubau eines Rehnskiöldischen Freigutes im schwedischen Stensätra organisieren und beaufsichtigen. Außerdem bekam er den Auftrag, zwei einflussreiche Männer des Reiches in Stockholm aufzusuchen. Er sollte diese überzeugen, Gerhardt Rehnskiöld bei der Erlangung mehrerer Lehnsgüter in Pommern behilflich zu sein. Während einer späteren Reise sollte Erik einen Brief an Königin Christina von Schweden persönlich übergeben. In diesem äußerte Rehnskiöld den Wunsch, ihn mit den Gütern Griebenow, Wusterhusen und Hohenwarth in Vorpommern zu belehnen. Am 11. Juni 1646 stand Erik der schwedischen Königin gegenüber. Nutznießer der Audienz war Gerhardt Anton Rehnskiöld, denn endlich bekam er die begehrten, vorpommerschen Liegenschaften als Lehen.

In dieser Zeit entwickelte sich eine fast familiäre Beziehung zwischen Herrn und Angestellten. Gerhardt Anton Rehnskiöld beschloss, als Dank für die Dienste, die Karriere seines Schützlings voranzubringen. In Eriks Begabung auf den Gebieten Mathematik, Schreiben und Zeichnen sah er den Schlüssel zu dessen persönlichem Erfolg. Rehnskiöld erkannte, dass der Erfolg nur „über den Krieg“ realisierbar war. Er empfahl den Jungen seinem Freund Konrad von Mardefelt. Dieser war Fortifikationsingenieur im Rang eines Generalinspektors, Kommandant der Stadt Demmin und für den Ausbau Demmins zur Festung verantwortlich.

Am 14. März 1647 beendete Erik Jönsson seinen Dienst bei Gerhardt Anton Rehnskiöld in Griebenow und begab sich zu seinem neuen Dienstherrn nach Demmin. Hier stürzte er sich mit Elan in seine neue Tätigkeit und wurde bereits am 2. Juni 1647 persönlicher Adjutant Konrad von Mardefelts und Kondukteur für Pommern, Mecklenburg, Bremen und Westfalen. Seine Aufgaben bestanden in der Aufsicht der Arbeiten an kleineren Festungswerken, er fertigte Zeichnungen für seinen Vorgesetzten an und führte den Briefwechsel mit Mardefelts Untergebenen in Norddeutschland.

Im August 1647 bekam Erik Jönsson seine erste selbstständige Aufgabe. Er sollte eine Schanze am Fluss Recknitz, der westlichen Grenze Pommerns, planen, vermessen und zeichnen. Diesen Auftrag meisterte er mit Bravour.

Der Sommer des nächsten Jahres brachte ihm die Gelegenheit, seine Kenntnisse auf dem Gebiet des Festungswesen praktisch unter Beweis zu stellen. Erik Jönsson bekam den Befehl, in Anwesenheit des späteren schwedischen Königs, hoher schwedischer Offiziere, sowie Damen und Herren der gehobenen Gesellschaft, eine mittelalterliche Burg vor den Mauern Demmins, das sogenannte „Haus Demmin“, zu sprengen. Der Abriss dieser Feste war aufgrund des raschen waffentechnischen Fortschritts jener Zeit, zwingend notwendig. Im Mittelalter als Schutz für den Ort erbaut, konnte sie nun bei einer Belagerung gegen die Stadt genutzt werden. Mit elf Tonnen Schießpulver wurde das „Haus Demmin“ dem Erdboden gleichgemacht. Herzog Karl Gustav, der spätere König Karl X. von Schweden, war von dieser Demonstration und dem fachlichen Können Erik Jönssons fasziniert.

Am 24. Oktober 1648 wurde in Münster und Osnabrück der „Westphälische Frieden“ unterzeichnet, der den 30jährigen Krieg beendete. Erik blieb vorerst in Demmin. Neben seiner Arbeit beschäftigte er sich im Selbststudium mit wissenschaftlichen Themen.

1650 bis 1654 ließ er sich von Georg Andreas Böckler, einem deutschen Architekten, Ingenieur und Erfinder, in der Befestigungslehre ausbilden und studierte danach Kunst und Architektur in Italien.

Nach seiner Rückkehr wurde Erik Jönsson in die schwedische Armee beordert. Aufgrund seiner militärischen Verdienste bekam er 1660 den Rang eines Oberstleutnants und den Adelstitel. Ab 1674 erhielt Jönsson die Verantwortung für sämtliche schwedische Festungen. 1693 wurde er in den schwedischen Reichsgrafenstand erhoben, zum Feldmarschall ernannt und als Generalgouverneur von Bremen, Verden und Livland eingesetzt.

Aus Erik Jönsson, dem ehemaligen Angestellten und Schüler von Gerhardt Anton Rehnskiöld auf Griebenow, war Erik Jonsson Graf von Dahlberg geworden, der neben seinen zahlreichen Ämtern auch beratend für den König Karl XII von Schweden tätig war. Als der König im Jahr 1702, gegen den Willen und den Warnungen Eriks, einen Feldzug in Polen begann, legte er seine Ämter nieder. Erik Jonsson Graf von Dahlberg starb am 16. Januar 1703 in seiner Geburtsstadt Stockholm.

Jürgen Albrecht

Anmerkung des Autors

Im vorangegangenen Text über Erik Jönsson erscheint sein Name in unterschiedlicher Schreibweise. Es wird vermutet, dass der Name Jönsson mit der Verleihung des Grafentitels in Jonsson geändert wurde.