„Die Nato beginnt, rund eine Million französische, niederländische, belgische ... Soldaten an die Ostgrenze des Bündnisses zu verlegen. Die US-Regierung hält sich zurück und erklärt, ihre Truppen nur geringfügig zu verstärken, aber vorerst keine neuen Truppen zu entsenden ... Der Aufmarsch führt quer durch Deutschland, wie vorgesehen. Die BRD liegt im Zentrum Europas. … Aus deutscher Sicht: Wir befinden uns immer mittendrin, egal was passiert. Und wir kommen nicht schnell raus, wenn wir oder die Bundeswehr die Mitte Europas verlassen wollten ... Aufmärsche wie diese können zur Zielscheibe werden. Warum gegen eine Armee kämpfen, wenn man sie schon auf dem Weg zum Schlachtfeld außer Gefecht setzen kann? Russland beginnt die Bewegungsachsen der Nato mit Raketen zu beschießen, insbesondere die in west-östlicher Richtung verlaufenden Autobahnen ... Putin droht, das gesamte deutsche Autobahnnetz zu zerstören ... Die Landes- und Bündnisverteidigung läuft Gefahr, bereits auf der Autobahnauffahrt zu scheitern.-“ Keine guten Aussichten. Was also ist zu tun?
Dieser Tage sind vermehrt Uniformierte im zivilen Bevölkerungsbild auszumachen. Neulich im Konzert: drei Soldaten in schmucken Ausgehuniformen. Eben beim Einkauf: Felduniformen, in Tarnfarben. Und Armeefahrzeuge, öfter auf der Autobahn zu sehen ... In den Medien herrscht schon längst kriegerisches Treiben - mit Worten. Man mag es nicht (mehr) hören ... Und doch hat man sich das eben erschienene Büchlein vom Brigadegeneral a.D. Erich Vad zugelegt: „Ernstfall für Deutschland.“ Weil es den Anspruch erhebt, „ein Handbuch gegen den Krieg“ zu sein. Aus ihm ist eingangs zitiert worden. Mit dem feinen Unterschied, dass der Originaltext im Präteritum erscheint, so, als wenn alles schon überstanden wäre. Der Militärexperte - und ich denke, hier trifft der Begriff „Experte“ zu - belässt es nicht bei dramatischen und alarmistischen Aussichten. Er bleibt auf der nüchternen und sachlichen Ebene. Und schreibt in der Vergangenheitsform eines Berichts.
Das wollen Sie nicht lesen? Habe ich anfangs mir auch gesagt, dann aber zugegriffen, weil: der ehemalige Militär hält sich nicht bei Beschreibungen auf, dass sich einem - bei entsprechendem Vorstellungsvermögen- das Nackenhaar sträubt. Zwei Drittel des Aufsatzes gehören den Möglichkeiten, wie man die Apokalypse vermeidet. Der Autor stellt eine To-do-Liste auf. Acht Maßnahmen, was jetzt zu tun wäre, werden erläutert. Im dritten Abschnitt beantwortet Erich Vad die Frage: „Wie wir stark werden. Eine Lösung für unser Land.“ Und er ist optimistisch: „Du kannst das, Deutschland.“
Wer Allgemeinplätze erwartet, wird überrascht sein. Und auch wieder nicht. Es muss nur entsprechend gehandelt werden: Probleme erkennen, entsprechend tätig werden, zielklar handeln, Verständigung suchen mit einer starken Verteidigungsarmee im Hintergrund, Vorbereitet sein und Verantwortung übernehmen, was gesamtgesellschaftlich gilt. Und dann noch, obwohl der Eklat im Weißen Haus damals bei Erscheinen des Buches, im Oktober 24, noch in ungeahnter Zukunft lag: sich Abnabeln, emanzipieren, selbst denken - „Die USA dürfen nicht unser alleiniger Fixstern sein!“
Warum ein General, wenn auch a.D., ein Antikriegsbuch schreibt?
Er hat dem Text ein Zitat von Remarque, dem Autor des Antikriegsromans „Im Westen nichts Neues“, vorangestellt: „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind. Besonders die, die nicht hingehen müssen.“ Vad selbst fühlte sich angeregt durch „die junge Frau ... die dankbar ist für kritische Stimmen, durch Eltern, die wie ihre Kinder Angst vor einem Krieg haben, durch den jungen Ukrainer, der nicht im Krieg verheizt werden wollte, durch bekannte und unbekannte Menschen, die ihn wissen ließen, dass sie zuhören. Für Frieden in Deutschland und Europa“.
So entstand dieses Buch. Den neugewählten Bundestagsabgeordneten und altgedienten Politikern sei es wärmstens empfohlen, aber auch jedem Leser (des SB) ans Herz gelegt; es könnte den eigenen Blick weiten, das eigene Verständnis vertiefen, um bestenfalls ins Handeln zu kommen.