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Süderholzer Blatt
Ausgabe 413/2025
Heimat
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Empfohlen: Eine Radtour entlang der Peene

Ein sonniger Tag. Blüte wie im Mai: Obstbäume, Kirsche, Schlehen in voller Pracht, dazu voll entflammt und leuchtend die rapsgelben Felder. Die Sonne brennt noch nicht. Sie tut das Ihrige, einen schönen, für längere Radtouren geeigneten Tag werden zu lassen. Das Auto stellen wir in Loitz ab. Irgendwo in Hafennähe findet sich ein Parkplatz.

Über die Peene geht es die L 261 gut einen Kilometer entlang, bevor wir abbiegen nach Zeitlow.

An der Straße macht eine Holztafel aufmerksam auf die „Zeitlower Anlagen“. Was sich dahinter verbirgt, hätte ich schon immer mal gerne gewusst, also folgen wir dem zunächst gut ausgetretenen Pfad durch einen schmalen Wald in Hanglage; die Peene blinkt durch das Geäst alter Gehölze. Auf einigen Hinweistafeln ist Wissenswertes über die hier besonders ausgeprägte Tier- und Pflanzenwelt zu erfahren. Dem Pfad ist gut zu folgen, in Nähe des Dorfes Zeitlow empfiehlt sich allerdings abzusteigen und einige Meter zu schieben.

Zeitlow, Ortsteil von Loitz, hatte einst ein repräsentatives Herrenhaus, wovon leider nichts mehr zu sehen ist. Es wurde 1988 abgerissen. Vom ehemaligen Rittergut zeugen nur noch ein verwilderter Park und einige Feldsteinmauerreste einer großen Scheune. Wir folgen der Straße weiter nach Pensin, wo wir beim Kronenwirt eine Stärkung zu bekommen hoffen, aber die Gaststätte hat für eine private Veranstaltung leider geschlossen. Dafür schauen wir uns im Dorf um und fahren zum Wasserwander-Rastplatz an die Peene, die sich unweit der Dorfstraße entlangzieht. Früher legte hier eine Flussfähre an, die heute auf dem Trockenen liegt und für Tanz und ähnlich Vergnügliches eine Bühne geben mag. Auf dem Fluss ist schon etwas los: ein Tretboot zieht seine Bahn, ein Motorboot fährt vorüber und erste Badelustige probieren den Sprung ins kühle Nass.

Auf dem Weg zum Wasserrastplatz, linksseitig, etwas zurückgesetzt, befinden sich die kleine Dorfkirche mit erneuertem Holzturm und dahinter auf dem Kirchhof ein Mausoleum, das 1850 erbaut wurde als Erbbegräbnis der Familien Dudy und Dähnert, die einst das Gut bewirtschafteten.

Das kleine verputzte Gebäude wirkt imposant mit einer Art Vorhalle, die von drei Rundbögen geöffnet, von zwei Säulen getragen und übergiebelt ist. Den Gedenkraum mit zwei in den Boden eingelassenen Grabplatten konnten wir betreten; das schmiedeeiserne Tor stand Besuchern offen.

Im Innern des überwölbten Raumes gibt es eine kleine Ausstellung mit Beiträgen zur Geschichte des Ortes.

Bis Demmin sind es jetzt nur noch wenige Kilometer, die wir auf einem neuen Radweg zurücklegen. Wir durchfahren den Ort auf fahrradfreundlicher Streckenführung; über den neuen Kreisverkehr am Bahnübergang zur B 110, durch das Luisentor und über die Meyenkrebsbrücke geht es in entgegengesetzter Richtung an der Peene entlang nach Loitz zurück.

Einen Halt gönnen wir uns noch, nämlich am Aussichtspunkt in der Nähe der Pensiner Schleife. Das ist der Flussbogen der Peene zwischen Rustow und Randow; er gewährt einen wundervollen Blick in die Flusslandschaft mit Auenwäldern, Schilfgürteln, Löwenzahn-goldenen Wiesen und in der Ferne dem Demminer Kirchturm. Auf den Info-Tafeln am Aussichtsturm erfahren wir, dass sich im Westteil der Pensiner Peeneschleife Reste einer großen slawischen Burganlage befinden, durch Baumbewuchs leider nicht zu erkennen. In besagter Peeneschleife haben vermutlich im 8. bis 10.Jahrhundert Tempel und weitere Befestigungsanlagen existiert. In der Nähe der Hansestadt vermuten Forscher die Hauptburg des Wilzenkönigs Dragowit. Entsprechende archäologische Funde lassen den Schluss zu, dass hier einst ein überregionales Zentrum von administrativer Bedeutung existiert hat.

Dank des Radweges zwischen Demmin und Loitz erreicht man rasch und leicht das Ziel. Nach mehr als 20 Kilometern sind wir wieder am Hafen. Dort, in der Nähe des ehemaligen Bahnhofsgebäudes „Korl Loitz“ gibt es eine Hafendestillerie, die regionale Torfspezialitäten und traditionelle Spirituosen anbietet. Vor selbiger steht seit einem Jahr die Skulptur der pommerschen Herzogin Sophia Hedwig als Patronin des Weines. Das Schloss, die Residenz der Herzogin, ist längst verschwunden. Mit dem Standbild erinnert die Peenestadt an ihre einstige Wohltäterin, die sich seit Ende des 16.Jh. um die Belange der Bürger kümmerte.

Durch sie entstand eine Kirchenbibliothek von unschätzbarem Wert. Aber auch um Arme und Kranke sorgte die Herzogin sich und verhalf der Stadt zu wirtschaftlicher Blüte, indem sie eine Wollmanufaktur und eine Ziegelei gründete. Das Gut Sophienhof unweit von Loitz erinnert mit seinem Namen an Sophia Hedwig.

Die Berliner Künstlerin Claudia Weidenbach hat mit der Skulptur ein Denkmal geschaffen, was die Loitzer und ihre Gäste einlädt – zu sich, wo früher die fürstliche Tafel stand. Aus gegebenem Anlass könne man sich daran niederlassen „und so wird ein aktives Denkmal daraus, einmalig in M-V“, wirbt die Stadt auf ihrer Internetseite. Tatsächlich trafen wir einige Besucher „an der Tafel“, einer rustikalen Holzbank, an und wurden freundlichst eingeladen, selbst Platz zu nehmen, um mehr aus der Geschichte zu erfahren.-

Leibliche Stärkung aber bietet das Hafenbistro im ehemaligen Speicher an der Peene - mit Fischbrötchen, Salat und Suppen. Hier genießen wir noch einmal den Blick auf die Peene und das Hafentreiben.

***

Einen Moment aber gab es, als in der Mittagszeit die Sirenen aufheulten und fast gleichzeitig das Geläut der Mittagsglocken einsetzte, dass ich gedanklich verharrte. Mich erinnerte das an die Erzählungen der Alten. So sei das, hatten sie gesagt, auch in den letzten Tagen des Krieges gewesen, damals, ´45 Ende April, in den ersten Tagen des Mai... Ein leuchtender Frühling mit so schrecklichen Bildern: Demmin brannte! Die Rauchsäulen waren weithin über´s Land zu sehen. Und: Hunderte Menschen hatten verzweifelt in den Wassern der Peene den Tod gesucht. - Über das Geschehene der letzten Kriegstage in Demmin konnte lange nicht gesprochen werden. Eine Zeitzeugin schrieb in ihr Tagebuch: „Freitote, am Sinn des Lebens irre geworden.“

Nie wieder!, haben die Eltern gemahnt. Was ist es, dass man - an einem frühlingshaften Tag - denken muss: Alles schon vergessen? - Nie wieder ist jetzt!

Linde Hurtig