Titel Logo
Süderholzer Blatt
Ausgabe 414/2025
Kunst
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Kunst offen – offene Kunst. Ein Rückblick

Skurrile Haus- und Gartengestaltung - Kuhnstalle Willershusen

Weben und Malen: zu Gast in Willerswalde

Im Gemeindebereich von Süderholz wirken einige Menschen, die malen, töpfern, weben ...

Einigen von ihnen konnte zu Pfingsten wieder über die Schulter geschaut werden, wie dem „Tonwerker“ Sebastian Steeger an der Straße nach Groß Bisdorf.

Zweien von ihnen haben wir einen Besuch abgestattet. Davon ist im Folgenden zu lesen.

Das ist das Bild: drohend schlägt es dem Betrachter in schreiendem Rot entgegen. Flammen züngeln aus einem Haus, aus dessen Dach Rauch quillt. Doch ungeachtet der offensichtlichen Katastrophe zeigen die großen Fenster in dem Gebäude ein karnevalistisches Treiben, es wird gefeiert und gesoffen, getanzt und gehurt. Man möchte denken: darinnen geht es verrückt zu. Die Leute sind alle irre, dass sie das Feuer nicht bemerken oder es schlicht ignorieren. Aber auch der junge Mensch draußen am Giebel scheint jenseits jeder Unheilswahrnehmung zu sein; er blickt versonnen in die Landschaft, die selbst am glutroten Brennen ist. Nur am äußersten Rand erkennbar sind drei Figuren, deren Deutung dem Betrachter obliegt. Eines jedenfalls scheint ein Feuerwehrmann zu sein, der löschen will. Nur verhindert ein Knoten im ohnehin viel zu dünnen Schlauch den rettenden Wasserstrahl, und der Salamander am linken unteren Bildrand wird diese feurige Apokalypse wohl auch nicht überleben.

Erinnern Sie sich: mit diesem Bild warb Lutz Wierszbowski zu Pfingsten um Besucher für seine Kuhnstalle- Galerie in Willershusen. Der Besucherfluss zu derselben schien uns selbst am zweiten Feiertag noch bemerkenswert. Neben Keramik und skurrilen Figuren, die sich nicht nur „unter neuem Dach an alter Stelle“ fanden, sondern auch auf dem weitreichenden Gelände seines gepflegten Refugiums am Ortsrand versteckt, beeindruckten vor allem die großformatigen Gemälde: Drei Herren in Blau mit hohen Michel-Mützen in einem Boot, den rechten Arm hoch gereckt, in der linken Hand jeweils eine Angelrute in Schwarz, Rot und Gelb – wobei an der ersten schon ein (Menschen-)Fisch zappelt... die markanten Bärtchen unter den Nasen der Drei lassen jeden Zweifel schwinden: auch dieses Bild hat eine (politische) Aussage, welche der Künstler aber nicht kommentieren wird. Die liegt allein im Auge des jeweiligen Betrachters ...

Solche und ähnliche Bildwerke gibt es einige im kleinen Atelierraum von LuWi, der für seine kritischen Leserbriefe im Süderholzer Blatt bekannt ist, aber auch in anderweitiger Form seinen kritischen Zeitgeist äußert. Das ist nicht immer bequem und angenehm, sorgte aber bei unserem Besuch am Pfingstmontag für einige Aha-Momente und weckte Erinnerungen an die eigenen DDR-Erfahrungen, als Kunst noch als Waffe verstanden wurde. Viele der Figuren, ob in Ton oder auf Leinwand, tragen spitze Hüte bzw. Mützen... Zufall? - Ganz sicher nicht. - Eine weiße Taube unter zahllosen schwarzen Krähen? - Auch die Lithographien des Willershusener Künstlers bergen offensichtliche Botschaften an den Betrachter.

Kunst, verstanden in einem ganz anderen Sinn, fanden wir in Willerswalde bei Barbara Theophile-Hansen, die im unteren Stockwerk ihres Hauses drei Webstühle verschiedener Größe und eine Staffelei positioniert hat. Die gelernte Weberin erläuterte uns den Werdegang ihrer handwerklichen Produkte: farbenfrohe Geschirrtücher, kostbare Stolen aus Alpaka-Wolle... Bei dem Handwerk des Webers denkt man gemeinhin an hin und her fliegende Weberschiffchen. Doch wer bedenkt die Vorarbeit, die nötig ist, bis das Schiffchen fliegen kann? Konzentration, viel Fummelei und Zeit gehen drauf, bis diverse Muster entstehen. Selbst der Schnellkurs in der Webtechnik machte uns schwindelig. Immerhin wird der Besucher einen Eindruck mitgenommen haben, was dieses Handwerk so aufwendig macht. Und dessen Produkte so kostspielig. Wertschätzung von Handwerkskunst war ein Aspekt dieses Besuches. Der andere: das Hobby der gelernten Handwerkerin erleben, die sich in der Kunst der Malerei übt. Barbara Theophile Hansen malt in Öl und Aquarelle. Sie geizt nicht mit Tipps und Anregungen zum Hobby. Man spürt ihre Begeisterung und Leidenschaft. Ihre Motive findet sie in der Natur: Landschaften, Tiere, Pflanzen...

Besonders ansprechend sind die farbigen Aquarelle, die mit weichen, ineinander fließenden Farben Blüten darstellen. Graziler Strich, ob mit Spachtel oder Pinsel – diese Bildnisse beeindrucken auf ihre Weise den Betrachter, denn sie zeigen eine andere Seite von künstlerischem Anliegen: die Schönheit dessen, was es zu bewahren gilt, was vor der Tür liegt und doch so bedroht ist, sichtbar werden zu lassen, es festzuhalten, zu verewigen.

Kunst, heißt es lapidar, käme von Können. Aber Kunst kann mehr, wenn es den eigenen Blick weitet für andere, neue, vielleicht bessere Horizonte.

Übrigens sind nicht nur an Pfingsten bei den Kunstschaffenden Gäste willkommen. In den Flyern zur Aktion „Kunst offen“ gibt es Hinweise darauf, welche Kunstwerkstatt auch an anderen Tagen interessierten Besuchern offen steht zu Austausch und anregendem Gespräch.

Text und Fotos: B. Hohmann