Alle fünf Jahre haben wir uns seit der Wende getroffen. Wir, die ehemaligen Schüler der Klasse 12b des Abi-Jahrganges 1975 der Erweiterten Oberschule (EOS) Demmin. Ja, richtig gerechnet, das ist 50 Jahre her und auf jeden Fall Anlass genug für ein Jubiläumstreffen. Dieser Tag Mitte Mai war eine Zeitreise über vier Stationen unserer Schulzeit in Demmin.
Das ehemalige Herrenhaus am Rande der Stadt war in den 70er Jahren unser Internat. „War das eine schöne Zeit hier.“ Erinnerungen werden wach über eine strenge Hausordnung und strenge Erzieher, pünktliche Bettruhe und Essenszeiten, über Gartenarbeitsstunden, über Vierbettzimmer und den langen Weg zur Schule. Hier wohnten wir, feierten Faschingsfeten und Sommerfeste und hatten Orchesterproben.
Heute ist „Haus Demmin“ nach einem Brand nur noch eine Ruine. Über die Geschichte erhalten wir eine kurze Führung vom Demminer Heimatverein. Das gesamte Gelände mitsamt der alten pommerschen Burgruine wird von der Stadt gepflegt und kann besichtigt werden. Leider gibt es die alte Holzklappbrücke über die Tollense, auf deren Geländer man so schön sitzen konnte, nicht mehr. Vom Internat gingen wir jeden Tag zu Fuß gut anderthalb Kilometer über den Deich, vorbei am Schwanenteich zu unserer damaligen Goethe-Oberschule am Markt.
Das war früher unsere Schule. „War der Pausenhof damals auch so? In welchem Stock war der Chemie-Raum? Und das Lehrerzimmer?“ Alles ist heute anders in der modernen Grundschule. Aber die Turnhalle war früher auch schon so. Sport bei Herrn Lindow. Winfried Schmidt war unser Klassenlehrer. Bei wem hatten wir eigentlich Geschichte? Es gab genau so viele Fragen, wie Erinnerungen. Und wir hatten samstags noch Unterricht. Und dann hieß es, auf den Linienbus warten zur Wochenend-Heimfahrt. Einen Fahrdienst der Eltern hatten wir nicht. Natürlich bekamen wir auch einige Ausführungen von Seiten der Schule zu den Veränderungen dort im Laufe der Jahre und zur jetzigen Nutzung als Grundschule. In unserem letzten Schuljahr wurde dann die neue EOS in der Saarstraße fertig.
In der 12. Klasse, Schuljahr 1974/75, wurden wir in der damals nagelneuen Schule unterrichtet. Das neue Internat wurde erst später gebaut. Wir wohnten damals noch in „Haus Demmin“ und mussten in der ersten Zeit die knapp drei Kilometer auch zu Fuß gehen. Erst später fuhr dann ein Bus. Nun saßen wir nach 50 Jahren wieder in unserem alten Klassenraum. Einige hatten natürlich noch den damaligen Klassenspiegel im Kopf. Silvia allein ganz vorn, Udo und Jürgen ganz hinten. Marlies neben Anna, vor Kerstin und Margret. Auch hier erfuhren wir einiges zur weiteren Geschichte der Schule als EOS und später als Goethe-Gymnasium und als Musikgymnasium. Voller Wehmut dachten wir zurück an unsere Zeit im damaligen EOS-Blasorchester. Das war eine feste Größe in Demmin. Und auch wir waren vier Jahre dabei, ehrenamtlich, außerschulisch, hieß damals „gesellschaftliche Tätigkeit“. Wir waren dabei bei endlosen Proben, unzähligen Auftritten in der Stadt und im Kreis, bei Orchesterwettbewerben und sogar bei den
X. Weltfestspielen der Jugend und Sportler 1973 in Berlin, Hauptstadt der DDR. Ich selbst spielte damals Waldhorn.
Heute ist die Schule Berufsschule. Auch das Internat nebenan wird noch genutzt.
Stellvertretend für den Direktor begrüßte uns Lehrer Andres Trunk im heutigen Goethe-Gymnasium. Das gibt es seit 1991 und befindet sich jetzt auf dem Gelände der ehemaligen Pestalozzi-Schule. Er erläuterte uns die Umstrukturierung des Gymnasiums und auch die baulichen Veränderungen in den letzten Jahren. Platz nehmen wir in einem der Klassenräume eines ganz neu errichteten Pavillons. Modern, sehr modern. Nein, Tafeln, auf denen noch mit Kreide geschrieben wird, gibt es nicht mehr. Also auch keine Tafelschwämme oder dreckige Tafellappen. Das waren noch Zeiten. Heute geht alles mit PC und digital. Voller Stolz erklärt er uns kurz die Technik-Ausstattung der Schule.
Aber dann gab es Überraschungen. Feierlich wurde uns gratuliert zum „Goldenen Abitur“. Jeder bekam eine Urkunde, wie nett. Und dann kamen unsere alten Klassenbücher auf den Tisch. Wer hätte das gedacht?!
Hoch lebe der Datenschutz. Eine Menge Entschuldigungszettel kamen zum Vorschein: „Kerstin konnte am 17.12.74 wegen Fieber und starken Kopfschmerzen nicht am Unterricht teilnehmen...“ Mannomann, was hatten wir gute Zensuren. Das glaubt ja keiner. Wir waren wirklich eine gute Klasse. Viele machten ein Einser-Abitur, ich auch. Ich weiß noch, wie stolz wir waren, dass wir uns daraufhin ins Ehrenbuch der Stadt Demmin eintragen durften. So war das!
Gemütlich klang dieser Tag aus bei Essen und Trinken im Restaurant der „Demminer Mühle“. Die alten Fotos, die jeder mitgebracht hatte, machten die Runde: von „Haus Demmin“, vom Fasching, von den Orchesterauftritten und jede Menge Klassenfotos. Lange ist es her.
Bleibt nur der Dank an unsere Organisatoren und alle Demminer, die uns diesen besonderen Tag so ermöglichten.