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Süderholzer Blatt
Ausgabe 420/2025
Das Thema
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Das Thema: Frohe Weihnachten

Traumhaft

Natürlich können Tiere träumen. Jeder, der einen Hund hat, weiß das. Aber wovon träumen Tiere? Sprechen können Tiere leider nicht und werden es aller Wahrscheinlichkeit nach nie können. Deshalb werden wir vermutlich auch nie erfahren, was sie träumen. Vielleicht irre ich mich da ja und wir werden ihre Träume doch irgendwann einmal entschlüsseln können. Bis dahin bleiben uns allerdings nur Vermutungen.

Wovon träumt zum Beispiel ein Regenwurm? Ja, ja auch Regenwürmer träumen. Regenwurmträume natürlich. Was denn sonst! Wir nehmen aber trotzdem lieber ein Schaf. Warum ausgerechnet ein Schaf? Na ja, weil es gerade durch meine Gedanken marschiert ist, gleich hinter dem Regenwurm und natürlich weil es bald Weihnachten ist, aber dazu komme ich später.

Wovon träumt also ein Schaf? Mit ziemlicher Sicherheit träumt es von seiner eigenen Welt. Es träumt von Wind und Sonne und von ganz viel frischem grünem Gras, also vom Fressen und auch vom Herumtollen. Vielleicht träumt es sogar vom Meer, wenn es das kennt oder auch von anderen Tieren oder einem Hund mit einem Menschen an der Leine (das war dann ich). Und von Wölfen träumt es und dass die gefährlich sind. Weiß jedes Schaf. Lernt es von klein auf. Die Eltern erzählen es ihren Kindern, also den Lämmern und die erzählen es ihren Lämmchen und die wiederum erzählen es…

Na ja und so geht es halt immer weiter. Und genau auf diese Weise, nämlich durch die Erzählung seiner Eltern, lernt jedes Schaf von klein auf, wie das damals war. Damals, als dieser unglaublich helle Stern am Himmel auftauchte. Damals als die Hirten auf einmal so aufgeregt waren und sie alle zusammen mit der ganzen Herde zu dem kleinen Stall liefen. Dorthin, wo schon drei Kamele waren und drei ganz bunte Menschen und wo ein Duft von Weihrauch und Myrrhe in der Luft hing. Vor dem Stall stand ganz still und versonnen ein Pferd, das hieß Haselnuss (das hätte ich beinahe vergessen zu erwähnen). Und in dem Stall waren neben den zwei großen Menschen auch noch ein Ochse und ein Esel und ein neu geborenes winziges Menschenkind.

Wenn ein Schaf also träumt und am Himmel die Sterne gerade besonders hell funkeln und es vielleicht auch noch nach leckeren Kräutern riecht und es ausnahmsweise einmal besonders tief schläft, dann träumt es von Weihnachten und wie das damals war in Bethlehem gleich nach der Geburt des kleinen Jesuskindes und das ist gewiss wahr. Schließlich waren seine Vorfahren ja dabei.

Bis heute hat den Schafen Keiner erzählt, warum sie alle dorthin gelaufen sind. Gras gab es jedenfalls nicht dort. Das war ihnen aber auf einmal gar nicht mehr wichtig. Gespürt haben sie damals eine ganz besondere Stimmung, eine irgendwie glückliche, friedliche Stimmung. Daran erinnern sie sich bis heute in ihren Träumen. Und so sind die Schafe auch heute noch glücklich und träumen eben ab und zu von Weihnachten – einfach so. Machen wir es ihnen nach und erinnern uns an Weihnachten an den Traum von Frieden und Glück und überlegen wir uns, was jeder Einzelne von uns dazu beitragen kann.

Andreas Diecke