Das Modell der „Scan Polaris“ kehrt nach Wolgast zurück, ermöglicht durch die Museumförderung der Fielmann AG. Das detailgetreue Modell im Maßstab 1:100 stand bis 2010 in Wolgast auf der Peenewerft.
Sven Paulinius, Leiter der Fielmann-Filiale in Greifswald, übergab am Freitag das Schiffsmodell an Wolgasts Stellvertretenden Bürgermeister Ralf Fischer. „In der Regel handelt es sich bei unseren Schenkungen an Museen um Gemälde“, so Paulinius, „ich freue mich, dass es in diesem Fall das Modell eines Schiffes der Peenewerft geworden ist“. Als gebürtiger Stralsunder ist auch er mit einer großen Werft vor der Haustür aufgewachsen.
Die Rückkehr des Modells wurde durch Jürgen Ostwald angebahnt, der vor einem Jahr dem Wolgaster Museumsleiter Stefan Rahde von seinem Fund auf einer Auktion in Hamburg berichtete. Im Auftrag der Fielmann AG unterstützte Ostwald über Jahrzehnte kleinere Museen in Norddeutschland beim Ankauf von Kunstwerken und Museumsobjekten.
Ralf Fischer meint dazu: „Im Jubiläumsjahr der Peenewerft ein sehr willkommener Beitrag für Wolgast und das Stadtmuseum, das aus der jüngeren Werftgeschichte nur wenige Objekte besitzt: Im Jahr 2023 feiert die Peenewerft als Bestandteil von Naval Vessels Lürssen ihren 75. Geburtstag. Die „Scan Polaris“ entstand noch in der Zeit der Hegemann-Gruppe.“ Und er ergänzt: „Die Stadtvertreter haben einstimmig für die Annahme der Museumsspende votiert. Das Schiffsmodell soll im Bereich der Werftgeschichte ein fester Bestandteil der, in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft, neuzugestaltenden Dauerausstellung werden.“ Bevor das in die Jahre gekommene Modell samt Vitrine an die Stadt übergeben werden konnte, wurden beide Teile von Fachfirmen restauriert, wie Sven Paulinius berichtete. Er betonte, dass die Fielmann AG auch in Zukunft das Wolgaster Museum gerne beim Ankauf von Sammlungsobjekten unterstützen wird.
Hans-Jörg Knuth, heute Ortsvorsteher von Hohendorf, hatte für die Anwesenden das alte Datenblatt der „Scan Polaris“ mitgebracht und erinnerte an die beeindruckende Geschichte des 100 Meter langen Schwergutfrachters, der 1996 auf der Peenewerft vom Stapel lief und namengebend für eine Schiffsklasse wurde. Die elf Schwesterschiffe waren sogar noch 26 Meter länger. Ausgestattet mit zwei aus Lubmin gelieferten Liebherr-Kranen mit 28 m Auslegern und einer gewaltigen Heckklappe ermöglichte die „Scan Polaris“ ein schnelles und eigenständiges Be- und Entladen von schwerem und sperrigem Frachtgut, Windturbinen, Kesselanlagen oder Yachten in Eigenregie. Mit Verstellpropellern und Bugstrahlruder war sie zudem äußerst manövrierfähig. Knut war 48 Jahre auf der Peenewerft tätig und leitete damals den Rohrbau, das heißt die Verlegung aller Ver- und Entsorgungsleitungen auf den Schiffen.
Frank Hinrichs, derzeit über den zweiten Arbeitsmarkt im Stadtmuseum tätig, hat eine „klassische Werftkarriere“ hinter sich: 1988-1990 auf der Peenewerft gelernt, 1993 wurde er entlassen. 1997 bis 2009 war er über eine externe Firma als E-Schlosser zurück auf der Werft und hat am Bau der Schwesterschiffe der „Scan Polaris“ mitgewirkt. Seine Arbeit umfasste die Montage von Schaltkästen und Lampen. „Vor allem im Rudermaschinenraum war das eine Herausforderung“, erinnert er sich. „Da konnte man nicht aufrecht stehen“. Die enge und kompakte Bauweise des Schiffes machte das kilometerweise Ziehen und Verlegen von bis zu 12 cm dicken Kabeln durch den Schiffsbau zum Kraftakt für alle Beteiligten.
Die „Scan Polaris“ und ihre Schwesterschiffe wurden in Sektionsbauweise komplett in Wolgast gefertigt. Hinrichs erinnert sich gern an die öffentlichen Schiffstaufen, sogar Doppeltaufen, weil die Aufträge zügig abgearbeitet werden mussten.
Die „Scan Polaris“, als namengebender Prototyp einer in Wolgast entwickelten Schiffsklasse, ist bereits Vergangenheit. Bis 2001 fuhr sie unter deutscher Flagge, danach unter wechselnden
Eigentümern, Flaggen und Namen, zuletzt als „Blue Whale“ ging das Schiff 2014 außer Dienst und erreichte als „Bale“ den Schiffsfriedhof von Alang im indischen Gujarat.
Im Museum findet ihre Geschichte und das Werftmodell einen Platz und soll zukünftig zur Anschauung der Wolgaster Werftgeschichte und ihrer Geschichten dienen.