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Bi uns to Hus
Ausgabe 7/2023
Rathausinformationen / Stadtgeschehen
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Schlichten statt Richten – eine gute Alternative!

Obligatorische oder Freiwillige Streitschlichtung

„Es kommt darauf an“

In den ersten beiden Folgen über das außergerichtliche Schiedswesen haben wir uns mit Streitigkeiten unter Nachbarn beschäftigt, wie etwa der Ärger über die zu hohe Hecke, die auf das eigene Grundstück herüber ragende Krone der Kastanie oder andauernde Belästigung durch laute Grillabende bis in die tiefe Nacht. Diese zivilrechtlichen Streitigkeiten sind sozusagen der „Klassiker“ unter den Schiedsverfahren und stellen einen nicht unwesentlichen Teil dieser Verfahren dar.

Und jetzt Obacht: Die Erhebung einer Klage vor Gericht ist erst dann zulässig, nachdem vor einer Schiedsstelle versucht worden ist, diese oben erwähnten Streitigkeiten einvernehmlich beizulegen. Der Gesetzgeber spricht hier von einer obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung.

Zu diesen Fällen zählen auch Ansprüche wegen Verletzungen der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind. Ein Beispiel: Der Streit zweier Nachbarn wegen andauernder lauter Grillabende bis in die tiefe Nacht eskaliert dermaßen, dass Herr A seinen Nachbarn Herrn B über den Zaun hinweg übelst beschimpft und beleidigt (Details ersparen wir uns). Der Beleidigte will dies nicht hinnehmen und erhebt eine strafrechtliche Klage gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB). Im Falle der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft aufgrund von geringem öffentlichen Interesse oder mangelndem Tatverdachts bleibt Herrn B noch der Weg über eine (meist mühevolle) Privatklage. Auch in diesem Fall muss zuerst vor einer Schiedsstelle versucht werden, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen.

Gemäß § 380 Strafprozeßordnung (StPO) muss neben der Beleidigung auch die Beilegung andere Delikte im Rahmen eines sogenannten Sühneverfahrens versucht werden. Zu diesen Delikten zählen Hausfriedensbruch (123 StGB), Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB), Körperverletzung (§ 223 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB) und Vollrausch (§ 323a StGB).

Neben der obligatorischen Streitschlichtung schafft der Gesetzgeber noch die Möglichkeit zur freiwilligen außergerichtlichen Streitschlichtung. In § 13 des Schiedsstellengesetzes Mecklenburg-Vorpommern (SchStG MV) heißt es: „In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten findet das Schlichtungsverfahren statt, soweit die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streits einen Vergleich zu schließen. Insbesondere über vermögensrechtliche Ansprüche kann in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten eine Schlichtungsverhandlung vor der Schiedsstelle stattfinden. Vermögensrechtlich ist ein Anspruch, wenn er auf Zahlung von Geld oder auf eine in Geld schätzbare Leistung gerichtet ist oder auf einem Rechtsverhältnis beruht, das die Leistung von Geld oder geldwerten Sachen oder Rechten zum Gegenstand hat. Danach sind zum Beispiel vermögensrechtlich die Ansprüche aus Rechtsgeschäften des täglichen Lebens (etwa Mietverträge), auf Schadensersatz, Schmerzensgeld, Herausgabe, Beachtung der Hausordnung oder Wahrung nachbarrechtlicher Belange.“

Ein Beispiel: Student A schuldet seinem Vermieter B seit 3 Monaten die Miete. Nach Mahnungen und diversen Gesprächen kündigt B seinem Mieter A den Mietvertrag. Student A zieht jedoch nicht aus. An einem Wochenende ist der Student verreist und während seiner Abwesenheit räumt B die Wohnung leer und tauscht das Schloß aus. Mit dieser Handlung setzt sich B allerdings selbst in Unrecht durch sogenannte „Verbotene Eigenmacht“ (§ 861 BGB). Richtig wäre der Weg über eine Räumungsklage gewesen, eine sicherlich aufwändige, kostenintensive und über Monate dauernde Prozedur.

Eine Alternative ist der Gang zu einer Schiedsstelle. B stellt beim zuständigen Schiedsmann einen Antrag und begehrt die Räumung der Wohnung sowie die Zahlung der ausstehenden Mieten. Nach 14 Tagen kommt es zur Verhandlung und beide Parteien einigen sich wie folgt:

B verzichtet auf die Hälfte seiner Mietforderung und im Gegenzug verpflichtet sich A, zu einem bestimmten Datum am Semesterende auszuziehen. Beide Parteien gehen als Gewinner aus der Verhandlung, und Vermieter B verfügt jetzt zudem über einen vollstreckbaren Titel zur Zwangsräumung.

Schlichten statt Richten – eine gute Alternative!

Mit versöhnlichen Grüßen

Peter Königs
Schiedsmann für das Amt Neukloster-Warin

Das Team der Schiedsstelle für das Amt Neukloster-Warin ist erreichbar unter der Mobilfunknummer 0162 9636136 sowie über E-Mail unter der Adresse peter.koenigs@schiedsmann.de.

Weitere Infos gibt es unter https://www.schiedsamt.de/