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Müritz Tipp
Ausgabe 11/2024
Wat dei Lüd weit'n willen
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Knieperdackse

Bernd und Renate Fabisch sowie Matthias Gehl am Informationsstand in Schwerin

Buchholz und Baukholt



Ja, ist denn jetzt schon Weihnachten?

(-lke) Keine Sorge, verehrte Leser, bis zu diesem Ereignis liegt noch gut ein halbes Jahr vor uns. Aber auf dem kürzlich in Schwerin im Freilichtmuseum Mueß durchgeführten „Festival der Traditionen“ stellten Renate und Bernd Fabisch einen ganz speziellen Brauch für das südlich der Müritz gelegene Dörfchen Buchholz vor. Schon 1880 wurde er das erste Mal erwähnt und wird seitdem jedes Jahr an Heilig Abend für die Buchholzer erlebbar gemacht. Es handelt sich um die „Knieperdackse“, die als wilde Gesellen mit Gegröle und Geheul von Haus zu Haus ziehen und recht rau mit Kneifen, Zwicken, Stoßen mit den Hörnern und frechen Sprüchen um Gaben wie Koem, Pfeffernüsse, Geld etc. „heischen“. Die Gruppe besteht aus sechs Figuren, dem Peitschenknaller, dem Ziegenbock, dem Ziegenbockführer, dem Knieper mit der Zange, dem Schimmelreiter und dem Weihnachtsmann im Fellmantel. Dieser als Respektsperson ist relativ neu, damit kleinere Kinder nicht zuviel Angst bekommen. Er kann sogar für die Bescherung „bestellt“ werden. „Sach ma‘ Deutsch“, kommt schon mal aus seinem Mund, wenn ein Knirps ein englisches Weihnachtsgedicht zum Besten geben will. Es sollten nach Möglichkeit junge, unverheiratete Männer in den weißen Kostümen stecken, deren Identität streng geheim gehalten wird. Da der Brauch ursprünglich von Knechten des Dorfes zelebriert wurde, um ihr Einkommen aufzubessern, hätte es wenig Sinn gemacht, wenn der Knecht erkennbar seinen Herrn malträtiert hätte. Renate Fabisch, Vorsitzende des Kultur- und Dorfvereins Buchholz Müritz e.V., ist stolz darauf, dass dieser Brauch in dem kleinen Dorf mit gerade mal 130 Einwohnern noch so lebendig ist. „Es ist ein gelebter Brauch“, sagte sie uns, „deswegen treten die Knieperdackse tatsächlich nur am Heiligen Abend und nur in Buchholz in Erscheinung. Sehr schön, sehr rau, sehr authentisch. Wir wollen nicht, dass das zur Folklore verkommt.“ Ihr Mann Bernd, seines Zeichens stellvertretender Bürgermeister, und der ehemalige Weihnachtsmann Matthias Gehl, dessen Identität jetzt nach seiner „aktiven Zeit“ gelüftet werden durfte, halfen als Standbetreuer. Traurig sind sie, dass ihr Antrag auf Anerkennung als „immaterielles Kulturerbe“ abgelehnt wurde. Aber unverdrossen werden sie sich erneut um die Anerkennung bemühen. Buchholz hat außerdem als eine der ersten Gemeinden der Region seit 2023 ein niederdeutsches Ortseingangsschild, bei dem die Einwohner mit abstimmen durften. „Baukholt“ steht dort zu lesen, aber am anderen Ende des Dorfes ist dieses Schild wohl schon „Souvenirjägern“ zum Opfer gefallen.