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Müritz Tipp
Ausgabe 18/2024
Regionales/Aktuelles
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Die Dinge erzählen lassen



Waren (bedi). Die Lange Straße ist bekanntlich Warens Flaniermeile. Hier reihen sich Geschäfte, Cafés und Restaurants aneinander. Nichts Unerwartetes. Doch an einem Durchgang zwischen zwei Läden bleibt das Auge hängen. Ein Aufsteller weist darauf hin, dass sich in diesem Haus ein „Marinehistorisches Museum“ befindet. Und tatsächlich: Am Ende des Durchgangs neben einer historischen Boje öffnet sich die Tür zu einer steilen Holztreppe - und zum Reich von Ernst-Martin Schmidt im ersten Stock. Auf rund 200 Quadratmetern hat der heute 76-jährige zwischen sechshundert und siebenhundert Exponate aufgestellt, aufgehängt oder in Vitrinen ausgelegt. Die Ausstellung widmet sich vor allem der Geschichte der deutschen Marine von 1850 bis zur Gegenwart. Sie beginnt mit der kaiserlichen Marine bis 1918, setzt mit der Reichsmarine in der Zwischenkriegszeit fort und geht auf die Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg, auf die Volksmarine der DDR und die Bundesmarine ein. Heute heißen die Seestreitkräfte nur noch Deutsche Marine. Ernst-Martin Schmidt kennt jedes Stück genau, das er hier zeigt - von Uniformen, Taucheranzügen, Waffen, Karten bis zu alten Abzeichen und Karten. Besonders gern weist er auf eine Sammlung von Schiffsmodellen hin, die er an einer Wand drapiert hat. „Aber ich bevorzuge keines der Stücke. Alle Exponate haben ihre Berechtigung“, betont der Museumsleiter. Auch eine kleine internationale Abteilung mit Dingen aus der Schweiz, Russland, den USA und England gibt es. Auf wertende Einordnungen der Exponate, wie sie in manchen Museen üblich sind, verzichtet Schmidt. „Ich lasse einfach die Dinge davon erzählen, wie es war.“

Ernst-Martin Schmidt lernte in der DDR bei der Gesellschaft für Sport und Technik, kurz GST, tauchen und war von 1966 bis 1972 bei der Marine des ostdeutschen Staates. Später absolvierte er Ausbildungen zum Maurer und zum Dachdecker und erwarb in beiden Berufen den Meistertitel. Doch obwohl er seit 1983 als selbstständiger Dachdecker tätig war, ließen ihn das Tauchen und die Seefahrt nicht los. In seiner Freizeit sammelte er alles, was mit der Marine und ihrer Geschichte zu tun hatte. Als er 2004 den Betrieb an seinen Sohn übergab, hatte er rund fünfhundert kleine und große Gegenstände aufgekauft. Sie bildeten den Grundstock für das Museum. Seitdem hat Schmidt noch rund hundertfünfzig Exponate dazugekauft. „Neunundneunzig Prozent der Gegenstände, die hier zu sehen sind, sind Anschaffungen von mir. Gespendet wird wenig.“ Er möchte diese marinehistorischen Schätze retten, damit sie nicht weggeworfen werden, und der Öffentlichkeit zugänglich machen. „Sie haben so viel zu erzählen.“ Um das Museum etablieren zu können, gründete Ernst-Martin Schmidt 2004 mit Gleichgesinnten den Verein „Militärhistorisches Marinemuseum Müritz“ e. V. Fördermittel oder Ähnliches bekommt das Haus nicht. Die Einnahmen durch die moderaten Eintrittsgelder investiert Schmidt vor allem in Wachschutz und Versicherung. In einem Depot im Erdgeschoss lagern weitere potentielle Ausstellungsstücke in Kisten und Kartons. „Die müssen aber demnächst raus, weil ich dort einen kleinen Kinoraum einrichten möchte“, kündigt der Museumsleiter an.