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Müritz Tipp
Ausgabe 2/2023
Regionales/Aktuelles
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Alkohol - Der Teufel aus der Flasche

Die Schauspieler während des Stücks

Waren (-lke). „Sich die Kante geben“, gilt als cool bei jungen Leuten. Das erlebten am Mittwoch die Schüler und Schülerinnen der Produktionsschule Müritz in Waren. Die freie Gruppe „theaterspiel“ aus Witten bei Stuttgart zeigte ihnen das Theaterstück „Alkohölle“. Zuerst hielt sich die Begeisterung der Jugendlichen über „Theater“ in Grenzen. Das legte sich aber ganz schnell, denn die Akteure Beate Albrecht, Marie Illies, Michel Mardaga und Wolfgang Pätsch wussten ihr Publikum in dem 4-Personen-Stück zu fesseln, mitzunehmen in die Handlung und auch mitfiebern zu lassen. Die junge Lena macht ein Praktikum in der Werbeagentur ihrer Tante Maxi. Sie lässt es in ihrer Freizeit ordentlich krachen. Dass ihre Arbeit darunter leidet, überspielt sie. Im Hintergrund verfolgen Lenas toter Vater und die Verführer-Figur Al Alkohol das Geschehen, denn sie haben eine Wette abgeschlossen, welche Weichen Lena für ihr zukünftiges Leben stellt. Schließlich hatte der Vater damals getrunken, weil er Angst hatte, das Leben nicht zu schaffen und war selbst Opfer einer Fahrt unter Alkoholeinfluss geworden. Lena ist auf dem besten Weg, ein ähnliches Schicksal zu erleiden, denn Verdrängung in der Familie führte nicht zu einer Konfrontation mit den Ursachen und Folgen der Probleme. Ihre Tante Maxi springt letztendlich über ihren Schatten und erläutert dem Mädchen die wahren Zusammenhänge der Todesursache ihres Vaters. Im Stück geht es um gute Erinnerungen, um „da zu bleiben, klar zu bleiben“ für die vielen guten Momente im Leben oder eben sich „abzuschießen, seine Hemmungen zu überwinden, sich Mut anzutrinken und dabei die Folgen und alle Probleme, so gut es eben geht, zu verdrängen.“ Mitspieler Wolfgang Pätsch kann quasi davon ein Lied singen, denn er ist seit vielen Jahren trockener Alkoholiker. Dabei kommt das Stück mit viel Witz, eingängigen Dialogen und authentischen Charakteren zur Aufführung. Interessiert und aufmerksam verfolgten die Jugendlichen das Geschehen auf der Bühne, das gemeinsam mit trockenen Alkoholikern und Selbsthilfegruppen entstanden ist. Auch Lothar Schwarze, Mitarbeiter in der Warener Suchtberatung, erschien zur Aufführung. „Wir sind mit Präventionsveranstaltungen an vielen Schulen präsent. Da ist es interessant, wie lebendig Prävention sein kann“. Und so lernten die 43 Produktionsschüler mit ihren sechs Betreuern an diesem Nachmittag, an dem die Schauspieler sich auch Zeit für die Fragen der jungen Leute genommen haben, mehr „für‘s“ Leben als vielleicht in so mancher Schulstunde. In der Warener Produktionsschule unter der Leitung von Stefanie Reinart können sich junge Leute, die nicht mehr in der Schule, aber immer noch ohne Ausbildung sind, also eher ein „zwischen-allen-Stühlen“ Schicksal erleiden müssen, in fünf Produktionsbereichen ausprobieren: Kreativwerkstatt, Holzwerkstatt, Garten- und Landschaftsbau, Forstwirtschaft und Fischerei sowie Handel und Versorgung. Arbeit hier erfüllt aber nicht den reinen Selbstzweck, sondern erfolgt kundenorientiert. Viele der hier entstandenen Produkte können käuflich erworben werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, den Berufsreife-Abschluss zu erwerben. Abwechslungsreich gestaltete sich das Alltagsgeschehen in der Vergangenheit durch Besuche in der Eishalle Malchow, den Besuch von Museen und des Weihnachtsmarktes. Corona hat das ein wenig ausgebremst. Und so brachte das Theaterstück eine willkommene Abwechslung in den Produktionsschulalltag.