Malchow (bedi). Durch die Strukturveränderungen in den Kirchenbezirken Mecklenburg-Vorpommerns werden einige Gotteshäuser fernab der Städte kaum noch genutzt. So erklingen auch die Orgeln darin nur noch selten. Das sei besonders tragisch, wenn die Instrumente erst nach der Wende aufwändig restauriert worden seien, sagt Friedrich Drese, Leiter des Mecklenburgischen Orgelmuseums Malchow und Orgelsachverständiger. Eine Lösung könnte sein, aus den Kirchen Orte der Kunst und Kultur zu machen, damit in ihnen wieder Leben einzieht.
In den letzten dreißig Jahren hat sich der Zustand der Orgeln in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zur Vorwendezeit enorm verbessert. Viele Instrumente, auch in kleinen Dorfkirchen, wurden liebevoll und mit viel Aufwand restauriert. „Jedes Jahr haben wir fünf bis sechs Wiederherstellungen zu verzeichnen“, sagt Friedrich Drese. Der Leiter des Mecklenburgischen Orgelmuseums in Malchow ist auch Orgelsachverständiger. Er hat den Überblick darüber, wie es der „Königin der Instrumente“ in unserem Bundesland geht. Doch nun stehen die Orgeln vor einem neuen Problem: Der Strukturwandel in den Kirchenbezirken sorgte dafür, dass zahlreiche kleinere Gotteshäuser auf dem Land nur noch ein oder zwei Mal im Jahr genutzt werden - oder gar nicht mehr. „So erklingen dann auch die Orgeln nur noch selten. Das betrifft restaurierte Exemplare genauso wie solche, die in einem schlechten Zustand, aber noch spielbar sind“, erläutert Drese.
Da Orgel und Kirche eine Einheit bilden, könnte man das Problem lösen, indem man das Gotteshaus anders nutzt. „Eine Kirche ist doch auch ein wichtiger Geschichts- und Kulturort“, meint Friedrich Drese. Oft ist das sakrale Haus das älteste Gebäude im Dorf und mit ehrwürdiger Handwerkskunst und Gemälden ausgestattet. Grabsteine und Gedenkplatten erinnern an bedeutende Familien und Ereignisse sowie die vielen Toten mehrerer Kriege. Um das Haus „außerkirchlich“ nutzen zu können, müsste man nach der Vorstellung des Orgelsachverständigen Partner vor Ort einbinden, zum Beispiel die Gemeindeverwaltung. Dann könnten perspektivisch kleine Konzerte, Ausstellungen oder Lesungen in der Kirche stattfinden, bei denen auch das Instrument erklänge. „Die Orgeln sind das größte dezentrale Instrumentenensemble im Land. Geht ein Exemplar verloren, fehlt eine Stimme darin.“
Lässt sich keine andere Nutzung für die Kirchen finden, müsste man strenggenommen einige Orgeln ausbauen und ins Mecklenburgische Orgelmuseum überführen, um sie zu retten. „Dazu bräuchte ich aber nochmal zwei Häuser.“ Übers Land verstreut befinden sich rund fünfzig „Ruinen“ in verschiedenen Kirchen - derzeit nicht spielbare Orgeln, die aber wiederherstellbar wären. So beherbergt zum Beispiel die Kirche in Gorschendorf bei Malchin ein Instrument in schlechtem Zustand. „Dort kommen die Marder über den Turm in die Kirche und verrichten ihr Geschäft in der Orgel. Die müsste eigentlich sofort raus - aber der Platz ist nicht da.“ Angesichts dieses Dilemmas bleibt dann doch nur die Option, das Instrument vor Ort zu lassen und einen neuen Zweck für die Kirche zu finden.
Beate Diederichs