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Stapelholm-Kurier
Ausgabe 8/2024
Allgemeine Mitteilungen
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Kirchengemeinde Stapelholm

Liebe Gemeinde,

endlich ist er da: Die Gewitterwolken und Grauschleier des Himmels machen dem richtigen Sommer Platz - und wir machen uns auf den Weg in die prächtige Schöpfung. Zu Fuß oder mit dem Rad, ans Wasser oder durch die weiten grünen Felder. Dabei passiert es so schnell: Man läuft am Schwimmbecken und rutscht aus. Man fährt einmal etwas übermütig auf den ausgefahrenen Sandwegen unserer Landschaft und stürzt. Schon ist der Schlamassel passiert.

Jetzt braucht es einen Verband - und in den meisten Fällen eine helfende Hand. Sich selbst damit zu versorgen ist oft eine knifflige Angelegenheit. Damit er ordentlich sitzt und nicht direkt verrutscht, muss uns jemand zur Hand gehen. Das ist ein echter Akt der Nächstenliebe: Jemand sieht uns so, wie wir sind, mit all unseren Verletzungen und Schmerzen. Derjenige hilft uns, sie zu tragen. So kommt Gott uns in unseren Mitmenschen nahe.

Manch eine sichtbare Verletzung zieht uns innerlich herunter. Wir können nicht mehr so, wie wir wollen. Wir sind kaputt. Mit einem gebrochenen Bein kann man schlecht auf Radtouren gehen - und bei so einem hervorragenden Wetter kann einem bei dem Gedanken schon fast das Herz brechen. Aber vielleicht braucht es nur eine andere Sichtweise auf diese Momente und auf die sichtbaren wie unsichtbaren Wunden, die wir alle durch unser Leben tragen. Sie erinnern uns nicht an unsere eigenen Unzulänglichkeiten und Schwächen, nicht an die Augenblicke der Niedergeschlagenheit. Vielmehr sind sie der lebende Beweis, dass wir auf unseren Wegen schon etwas mit Gott und unseren Mitmenschen erlebt haben. Denn nur wer sich auf den Weg macht, das Vertraute verlässt, der macht sich verletzbar und sammelt so Erfahrungen. Die Band SDP hat es einmal so ausgedrückt: „Wir sind vom Leben gezeichnet in den buntesten Farben - und wir tragen sie mit Stolz, unsere Wunden und Narben. Wir sind vom Leben gezeichnet mit Dreck und mit Schmutz, doch es glänzt wie Perlmutt. Wir sind so schön kaputt.“

Bis wir soweit sind, das zu erkennen, hilft der eine oder andere Verband tatsächlich. Man muss nicht mehr wahrnehmen, wie übel es darunter aussieht und die Zeit der Heilung bricht an. Jede und jeder, der in solchen Sommertagen einmal einen Gips getragen hat, weiß, dass es früher oder später anfängt darunter zu jucken. Es juckt und man kann nicht kratzen. Das ist nicht nur ein gutes Zeichen der Heilung, sondern auch eine Erinnerung. Gott macht uns so darauf aufmerksam, dass es langsam wieder an der Zeit ist, sich auf den Weg zu machen - so gut, wie es eben geht.

In diesem Sinne sollten wir alle an diesen warmen Tagen unser inneres Jucken wiederfinden. Nicht nur an den sichtbaren Wunden, sondern auch in unseren Herzen - und so gestärkt auf neuen Pfaden das finden, was Gott uns in seiner Welt zeigen will.

Eine herrliche Sommerzeit und viele gute Begegnungen mit Gott und den Menschen wünscht

Janosch Thomsen
im Namen der Kirchengemeinde Stapelholm