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Stapelholm-Kurier
Ausgabe 9/2023
Gemeinde Erfde
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Vom Küchenchef zum Rinderzüchter

Matthias und Celia Baltz mit den Kindern Lönne und Matea vor ihren Wagyus.

Celia und Matea - Entspannung pur in der Natur.

Erfde. Nach reichlicher Überlegung wurde die berufliche Veränderung von Matthias Baltz (39) und Familie eingeleitet - der Erfder war Küchenchef in dem Nobel-Hotel „Waldschlösschen“ in Schleswig und nun werden in Erfde Fleischrinder gezüchtet.

Der Berufswunsch Koch stand für ihn fest. Nach der Schulzeit erlernte er diesen Beruf in dem „Försterhaus“ in Owschlag, danach ging es ins „Olschewskis“ nach Schleswig. Nach neunmonatigem Grundwehrdienst legte er mit 21 Jahren seine Prüfung zum Küchenmeister ab. Er war damit der jüngste Meisterkoch in Deutschland. Mit dem Meisterbrief wagte er sich in die Selbstständigkeit. Fünf Jahre führte er den „Eiderkrug“ in Breiholz. Aber er suchte neue berufliche Herausforderungen. Mit nur 26 Jahren startete seine Karriere im „Waldschlösschen“. Hier waren damals 15 Köche und zusätzliche Küchenhilfskräfte beschäftigt. „Das war für mich schon eine gewaltige Umstellung, und ich war zuständig für Fisch- Und Fleischgerichte“, sagt Baltz. Schon nach zwei Jahren stieg er auf zum stellvertretenden Küchenchef. Und im „Waldschlösschen“ lernte er die Hotelfachfrau Celia (heute 32) aus Kappeln kennen. Sie mochten sich und wollten gemeinsam beruflich etwas Außergewöhnliches unternehmen. Sie heuerten 2013 für ein halbes Jahr als Fachkräfte auf dem Motorschiff „Europa II“ an. Dieses Schiff befand sich im Mittelmeer auf Jungfernfahrt für Luxuskreuzfahrten, und es gab für die internationale Besatzung viel zu tun. „Für mich in der Küche war der 15-Stunden-Tag Standard, selbst 19 Stunden pro Tag waren keine Seltenheit“, bekennt der Meisterkoch. Und eines hat diese halbjährige Arbeitszeit auf See bestätigt. „Wir merkten einfach, dass es zwischen uns passt“, sagen beide. So war es klar, dass man heiratete. Ein Haus fand man in Kropp und beide arbeiteten wieder im „Waldschlösschen“. Matthias Baltz stieg hier auf zum Küchenchef und konnte seine in der Schiffsküche zusätzlich erworbenen Fähigkeiten erfolgreich einbringen. „Ich war mit Leidenschaft und Freude mit meinem Küchen-Team bei der Arbeit“, gibt er unumwunden zu. Oft fielen Überstunden an. Ein bis zwei Tage pro Woche waren arbeitsfrei. Aber irgendwie merkten beide, dass das Private zu kurz gekommen ist.

In vielen Gesprächen mit der Familie und mit Freunden reifte bei beiden der Gedanke: „Wir benötigen einen Berufswechsel, um mehr Zeit für Privates zu haben.“ Matthias Baltz stammt von einem landwirtschaftlichen Betrieb im Erfder Außenbereich und hat zwei weitere Geschwister. Seine Eltern Axel und Angela wollten den Hof aufgeben oder verpachten, weil es scheinbar keine Nachfolge gab.

„Da kam es bei uns zur zündenden Idee“, erzählen beide, die mittlerweile Eltern von Lönne (6) und Matea (3) geworden sind. Beide waren sich einig, „landwirtschaftliche Produkte herzustellen, die außergewöhnlich sind“. Und auf diese Idee brachte sie ein Zweisterne-Koch, der im „Waldschlösschen“ ein Koch-Event mit Wagyu-Rindfleisch zelebrierte. „Ich war total erstaunt, dass man diese Bratenstücke einfach wie ein Steak kurzbraten kann - das war ein Mega-Event“, sagt der Koch. So entschloss das Ehepaar, nach Erfde auf den Bauernhof zu ziehen, um Fleischrinder zu züchten. Im „Waldschlösschen“ hieß es nur: „Unser Matthias kann doch nicht gehen!“

Viel Arbeit wartete in Erfde auf dem Bauernhof auf das junge Paar. Die Milchviehhaltung wurde aufgegeben. Aber zwei verbliebene Milchkühe bekamen von einer Wagyu-Rinderfarm in der Nähe von Neumünster zwei Embryonen eingesetzt. „So erhielten wir unsere ersten Fullblood-Wagyus und konnten mit unserer Zucht starten“, so Baltz und ergänzt, dass es das Ziel dieser Züchter sei, „das beste Rindfleisch der Welt als Delikatesse zu erzeugen“. Das Wagyu-Fleisch zeichnet sich durch eine feine Marmorierung aus, die durch angeborene Fettäderchen im Muskelfleisch vererbt werden. Etwa nach zwanzig Monaten beginnen sich diese einzigartigen Äderchen im Wagyu zu entwickeln. Ab dem 36. Monat sind diese Rinder schlachtreif und erzielen ein Lebendgewicht von 800 bis 1.000 Kilogramm. Geschlachtet werden sie in einem Fachbetrieb in Erfde.

Die Tiere grasen in der wärmeren Jahreszeit für neun Monate auf 43 Hektar Dauergrünland in Hofnähe. In den verbleibenden Monaten werden sie freilaufend in einem Stall in Stroh-Boxen gehalten. Heute verfügt man über 40 reinrassige Wagyu-Rinder, davon sind es 25 weibliche Tiere, die als Mutterkühe den Nachwuchs aufziehen. Zusätzlich hat man „Dino“, den Wagyu-Deckbullen. Ziel ist es, 130 reinrassige Wagyus zu haben und 20 Angus-Wagyus. Das sind Einkreuzungen mit dem Angus-Rind. „Dieses Fleisch ist eine Supermischung für den Sonntagsbraten“, sagt der Meisterkoch. Um den Absatz des hochwertigen Rindfleisches macht sich das Ehepaar Baltz keine Sorgen. Regelmäßig gibt es Aufträge vom Sternekoch Mathias Apelt vom „Flygge-Restaurant“ aus Kiel. „Ansonsten vermarkten wir persönlich und über facebook und instagram“, berichtet Celia Baltz, die hauptsächlich „für den Büro-Kram“ zuständig ist.

Für beide ist es das Schönste, jeden Abend zu Hause zu sein und Zeit für die Familie zu haben. Und von der heimischen Terrasse aus hat man einen Blick auf das Grünland, wo die Rinder grasen. „Und unsere Kinder können sich daran nicht sattsehen“, sagen beide.

So ganz ohne Kochen geht es für Matthias Baltz nicht. Er hat eine Halbtagesstelle als Küchenchef im Erfder DRK, wo seine Kochkünste den Senioren Stapelholms und den Kindern der Erfder Kita zugutekommen. Seit kurzem wird auch die Schule verköstigt. Celia ist Schulbegleiterin in Kropp und aktuell Mitglied in der Erfder Gemeindevertretung. „Ich bin hier in Erfde angekommen und möchte mitwirken, den Ort Erfde noch attraktiver zu gestalten“, erwähnt sie.

Peter Thomsen