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Mittelahr Bote
Ausgabe 15/2023
Aktuelles
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„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“

SPD und die Verabschiedung des „Ermächtigungsgesetzes“ vor 90 Jahren

KALENBORN. In seiner Versammlung am 29. März 2023 gedachte der SPD-Ortsverein Kalenborn der Verabschiedung des „Ermächtigungsgesetzes“ am 23. März 1933. In seiner Ansprache erinnerte der Historiker Prof. Dr. Michael Schneider an die Ereignisse vor 90 Jahren: Wenige Wochen nach der Machtübertragung an Adolf Hitler setzten die Nationalsozialisten mit dem „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“, dem sogenannten Ermächtigungsgesetz, dazu an, sich die uneingeschränkte Macht zu sichern. Die Abgeordneten sahen sich im Sitzungssaal einer Front von SA-Männern gegenüber, deren bloße Präsenz als gewaltsame Nötigung wirkte. Und Hitler beendete seine einleitende Rede mit der unverhüllten Drohung an die Adresse der Opposition, eine Ablehnung des Gesetzes werde von der Regierung mit „Krieg“ beantwortet. Daraufhin wurde das Gesetz, das die Regierung zur Verabschiedung von Gesetzen ohne Mitwirkung des Reichstages ermächtigte, mit großer Mehrheit angenommen. Nur die Sozialdemokraten, die Kommunisten waren bereits verhaftet oder auf der Flucht, votierten mit „Nein“. Berühmt wurden die Worte des SPD-Vorsitzenden Otto Wels: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Und er gab das Bekenntnis ab: „Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten.“

Die Selbstabdankung des Parlaments besiegelte das Ende des demokratischen Systems Weimarer Prägung. Schon im Sommer 1933 wurden alle Parteien, also auch die, deren Abgeordnete dem „Ermächtigungsgesetz“ zugestimmt hatten, aufgelöst. Nur die NSDAP war noch zugelassen. Und alle nicht als Angehörige der nationalsozialistisch geprägten „Volksgemeinschaft“ Anerkannten wurden ausgegrenzt, terrorisiert, verfolgt oder ermordet. Doch nicht wenige hielten an ihrer Gegnerschaft gegen die NS-Diktatur fest und leisteten politischen Widerstand. Auch wenn es nicht gelang, die Diktatur aus eigener Kraft abzuschütteln, so stärkte doch der Widerstand den demokratischen Neuanfang nach dem Ende von Krieg und Diktatur.

Mit Blick auf stets drohende Gefährdungen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit lautet die Lehre der Ereignisse vor 90 Jahren: Bedrohungen von Recht und Freiheit können nur in einer gemeinsamen Front aller Demokraten und Demokratinnen abgewehrt werden.

[Pressemitteilung des SPD-Ortsvereins Kalenborn]