Verkehrsministerin Daniela Schmitt ließ sich die Einweihung nicht entgehen.
KREUZBERG. TW. Drei Dutzend Menschen strahlten mit der Sonne um die Wette, es gab Lobeshymnen und Grußworte, ein zerschnittenes Band und am Ende Häppchen und Sekt. Wieder einmal ist das Ahrtal ein Stück weit zurück zu alter Normalität gekommen. Am Donnerstag wurde die neue L76 zwischen Kreuzberg und Binzenbach für den Verkehr freigegeben. Exakt 680 Tage oder 97 Wochen, nachdem der Sahrbach die Straße in weiten Teilen zerstört hatte, gibt es nun wieder eine Verkehrsstraße zwischen Kreuzberg und Binzenbach. Wirtschaft- und Verkehrsministerin Daniela Schmitt war einmal mehr aus Mainz an die Ahr gekommen, um zu zeigen: „Das ist Chefsache.“ Auch sie hörte genau hin, was der Leiter des Projektbüros Wiederaufbau Ahrtal des Landesbetriebs Mobilität (LBM), Stefan Schmitt, über diese eine von rund 700 Maßnahmen im kommunalen Wiederaufbau der Verbandsgemeinde Altenahr zu berichten hatte.
Schmitt zeigte sich erfreut, dass sieben Monate nach der Freigabe der in Richtung Nordrhein-Westfalen angrenzenden L77 mit der Ortsdurchfahrt Binzenbach nun auch das nächste Teilstück in Richtung Ahrtal fertig ist. „Bis auf ein paar Kleinigkeiten am Rande, die noch wegzuräumen sind“, schränkte Schmitt ein und rief den anwesenden kommunalen Vertretern und Bürgern noch einmal die Tage nach dem 14. Juli 2021 ins Gedächtnis zurück. Die L76 war auf einer Länge von 6,5 Kilometern schwerstens beschädigt. Ein Teilstück von 400 Metern Länge war komplett verschwunden, der Sahrbach hatte sich sein ursprüngliches Bachbett gesucht. Das Gewässer, dass bei der Freigabe der L76 am Donnerstag so friedlich neben der Straße her plätscherte, war meterhoch angestiegen, wie Spuren an einem Haus am Ortseingang von Kreuzberg auch heute noch zeigen. Kirchsahr und Binzenbach waren in den Tagen nach der Flut ob der schweren Schäden im Ahrtal selbst nicht nur vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten gewesen, die beiden Orte waren förmlich vergessen und erst nach Tagen in ähnlicher Misere wie die Orte an der Ahr steckend, vorgefunden worden. Erreichbar waren die Dörfer lange Zeit nur mit geländetauglichen Fahrzeugen.
„Erste Maßnahme war eine Behelfsfahrbahn“ berichtete Stefan Schmitt. Jetzt aber ist auf 5,7 Kilometern ein nagelneues Asphaltband entstanden, Böschungen wurden angelegt, Stützwände errichtet und ein moderner Fahrbahnaufbau errichtet. Schmitt sprach von einem zukunftssicheren Wiederaufbau, zu dem auch die Sanierung zweier Ortsdurchfahrten gehörte. 5,9 Millionen Euro wurden in 14 Monaten Bauzeit verbaut, das allermeiste davon trägt der Wiederaufbaufonds. 150.000 Euro schießt das Land Rheinland-Pfalz dazu, 80.000 Euro die Abwasserwerke.
Schnell sei es gegangen, betonte Verkehrs- und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt immer wieder. Auch sie freute sich über die Freigabe, sei dieses doch wieder ein Zeichen des Aufbruchs, das zeige: „Es geht voran.“ Allerdings liege noch eine gigantische Arbeit des Wiederaufbaus vor dem Ahrtal. Auch die Ministerin betonte noch einmal die Herangehensweise im Umgang mit der Katastrophe, bei der das Erreichen der Ortschaften erste Priorität gehabt habe. Viel Lob gab es von der Ministerin für das LBM-Büro. Dort sein man sehr behutsam mit allen betroffenen Akteuren umgegangen, habe Rücksicht auf den privaten Wiederaufbau genommen und sich eng mit allen am Aufbau beteiligten abgestimmt. Begünstigt worden sei der schnelle Wiederaufbau der Straße und andere kommunaler Dinge durch Erleichterungen und Vereinfachungen vor allem beim Vergaberecht, so die Wirtschaftsministerin.
MdL Horst Gies, der Landrätin Cornelia Weigand vertrat, freute sich mit den Binzenbachern, Krälingern oder Kirchsahrern, dass die Zeit langwieriger Umleitungen auf dem Weg ins Tal für sie nun zu Ende sei. „Ihr seid wieder dabei“, rief Gies dem Kirchsahrer Ortsbürgermeister Stefan Zavelberg zu. Gies dachte bereits weiter nach vorn und forderte das Wirtschaftsministerium auf, nun auch für eine weitere ÖPNV-Verbesserung zu sorgen. In den Ortschaften im Sahrbachtal wünscht man sich eine bessere Anbindung nach Bad Münstereifel. Das war ob der einstmals recht engen L76 nicht möglich.
„Jetzt kann man auf der Straße locker 100 Stundenkilometer schnell fahren“, meinte derweil der Altenahrers Verbandsbürgermeister Dominik Gieler gegenüber dem General-Anzeiger. Dabei dürfte er sich auf geltende Höchstgeschwindigkeiten bezogen haben. Denn die neue Straße, die so gar nichts mehr mit der einstigen Buckel- oder Schlaglochpiste L76 zu tun hat, dürfte noch einiges mehr hergeben. Was, das werden die kommenden Wochen zeigen. Anwohner aus Kreuzberg haben sich bereits über Raser beschwert. „Es gibt hier doch einige schlecht zu überschauende Kurven,“ räumte derweil ein Mitarbeiter des LBM ein. Und auch die Umwelt- und Naturschutzverbände hätten mit der Art und Weise des Neubaus ihre Probleme, so Gieler. Am Mikrofon stehend freute sich der Bürgermeister zumindest, dass es wieder eine Straßenfreigabe gebe. Aktuell tue sich nämlich augenscheinlich für die Bürger sehr wenig, was an Planungen, Vergaben und der Suche nach Bauunternehmen liege.