"Köbes Underground" oder die "Headbanger vom Tambourcorps Heisterbacherrott."
Rocknacht statt Karneval: Brings heizten ordentlich ein.
Geschichts- und Musiklehrer in einem: Jürgen Becker.
Jazz-Star Silje Neergard sorgte für einen fulminanten Abschluss.
MARIENTHAL. TW. Fünf kulturell hochklassige Abende und ein Regen-Problem. So lässt sich das mittlerweile 15. Festival „Musik und Wein im Ahrtal“ am Fuße der Weinberge bei Marienthal auf einen Nenner bringen. Seit drei Jahren findet das Festival nicht mehr in der Klosterruine statt, sondern auf einem Wanderparkplatz daneben, der verlangte Festivalleiter Gregor Gäb und seinem Team aus Freunden und Familie auch in diesem Jahr eine logistische Meisterleistung ab. „Das größte Problem in diesem Jahr war das Wetter“, so Gäb nach Tagen zwischen Musik und Matsch. Die Hälfte der Festivalfläche ist unbefestigt und wurde schon am ersten Abend nach starkem Regen aufgeweicht. Da half es auch wenig, dass die Festivalmacher im Laufe der fünf Tage tonnenweise Rindenmulch verteilten.
Der Stimmung unter des insgesamt 3.500 Besuchern tat das keinen Abbruch. Traditionell gehörten die beiden ersten Tage der Kölner Band „Köbes Underground.“ Die Hausband der bekannten Stunksitzung hatte wieder einmal für jeden Song das eigene Outfit parat, kam mal als rockendes Tambourcorps, mal als Zuflucht suchende Niederländer auf die Bühne. Wenn Aachen demnächst am Meer liegt und Deutschland seine nordwestlichen Nachbarn aufnimmt, werden Kulturen vermischt. So verarbeiten „Köbes“ und ihr umtriebiger Frontmann Ekki Pieper den Klimawandel.
Nicht nur die beiden ersten Abende waren ausverkauft, auch für die Rock-Show von „Brings“ am dritten Festivaltag waren die Karten schnell vergriffen. Die Kölsch-Rocker hatten ihre breite Hitpalette parat und freuten sich auch mal abseits der Karnevalsbühnen in alte Rockmusik-Zeiten zurückfallen zu können. Dass die Band viele Fans hat, zeigten die zahlreichen karierten Outfits im Publikum – das Markenzeichen von Brings. Apropos Publikum: längst ist das Festival keines mehr, dass in erster Linie Menschen aus dem nahen Nordrhein-Westfalen an die Ahr lockt. Das Ahrtal habe die Qualität längst erkannt und angenommen, sagt Gregor Gäb. Nicht nur das: von weither seien jede Menge Gäste gekommen, das habe der Online-Vorverkauf gezeigt. „Mit den Festivalgästen durften sich die Gastgeber im Tal über rund 500 Übernachtungen freuen“, so die Schätzungen des Festivalchefs.
Gäb machte auch klar, dass Köbes Underground und Brings für den finanziellen Background sorgten, mit dem das ursprüngliche Ziel eines Jazzfestivals umgesetzt werden konnte. In diese Richtung tendierte das Line-up zumindest am letzten Festivaltag. Gäb hatte in die vollen gegriffen und mit der Norwegerin Silje Nergaard einen absoluten Start der Jazzszene verpflichten können. Die italienisch-nigerianische Singer-Songwriterin Afra Kane, die lange Zeit in Großbritannien und in der Schweiz gelebt hat, komplettierte den musikalischen Jazz-Reigen am Sonntag. Tags zuvor hatte Kabarettist Jürgen Becker mit seinem aktuellen Programm „Deine Disco“ dem Publikum noch zwei Unterrichtsstunden in Geschichte und Musik gegeben und mit vielen Einspielungen erzählt, dass viele geschichtliche Begebenheiten ihre eigene Musik hatten – nur die deutsche Einheit nicht, da war im Vorfeld zumindest in Westdeutschland das Lied vom klingelnden Eiermann der Hit Nummer eins.